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Text Lessing: Nathan der Weise - 1. Akt: Szene 6

I,6 - Daja überbringt dem Tempelherrn die Einladung Nathans

I,4 « I,5 » II,1

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise ▪▪
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Gesamttext (Recherche-/Leseversion)

ERSTER AUFZUG

SECHSTER AUFTRITT

Der Tempelherr und Daja, die den Tempelherrn schon eine Zeit lang von weiten beobachtet hatte, und sich nun ihm nähert.

DAJA. Der Klosterbruder, wie mich dünkt,1 ließ in
   Der besten Laun
' ihn nicht.2 – Doch muß ich mein
   Paket
3 nur wagen.
TEMPELHERR.       Nun, vortrefflich! – Lügt
   Das Sprichwort wohl: daß Mönch und Weib, und Weib
   Und Mönch des Teufels beide Krallen sind?
   Er wirft mich heut aus einer in die andre.                                      720
DAJA. Was seh' ich? – Edler Ritter, Euch? – Gott Dank!
  Gott tausend Dank! – Wo habt Ihr denn
  Die ganze Zeit gesteckt? – Ihr seid doch wohl
  Nicht krank gewesen?
4
TEMPELHERR.             Nein.
DAJA.                                    Gesund doch?
TEMPELHERR.                                            Ja.
DAJA. Wir waren Euertwegen wahrlich ganz
   Bekümmert.
TEMPELHERR. So?
DAJA.                      Ihr wart gewiß verreist?
TEMPELHERR.                                            Erraten!5
DAJA. Und kamt heut erst wieder?
TEMPELHERR.                             Gestern.
DAJA. Auch Rechas Vater ist heut angekommen.
   Und nun darf Recha doch wohl hoffen?
TEMPELHERR.                                      Was?
DAJA. Warum sie Euch so öfters bitten lassen.                               730
   Ihr Vater ladet Euch nun selber bald
   Aufs dringlichste. Er kömmt von Babylon;
   Mit zwanzig hochbeladenen Kamelen,
   Und allem, was an edeln Spezereien,6
   An Steinen und an Stoffen, Indien
   Und Persien und Syrien, gar Sina,7
   Kostbares nur gewähren.
TEMPELHERR.                 Kaufe nichts.
DAJA. Sein Volk verehret ihn als einen Fürsten.
   Doch daß es ihn den Weisen Nathan nennt,
   Und nicht vielmehr den Reichen, hat mich oft                                 740
   Gewundert.
8
TEMPELHERR. Seinem Volk ist reich und weise
   Vielleicht das nämliche.

DAJA.                            Vor allen aber
   Hätt's ihn den Guten nennen müssen
. Denn
   Ihr stellt Euch gar nicht vor, wie gut er ist.
   Als er erfuhr, wie viel Euch Recha schuldig:
   Was hätt', in diesem Augenblicke, nicht
   Er alles Euch getan, gegeben!
TEMPELHERR.                           Ei!
DAJA. Versuchts und kommt und seht!
TEMPELHERR.                                  Was denn? wie schnell
   Ein Augenblick vorüber ist?
DAJA.                                   Hätt' ich,
   Wenn er so gut nicht wär', es mir so lange                                    750
   Bei ihm gefallen lassen? Meint Ihr etwa,
   Ich fühle meinen Wert als Christin nicht?

   Auch mir wards vor der Wiege nicht gesungen,
   Daß ich nur darum meinem Ehgemahl
   Nach Palästina folgen würd', um da
   Ein Judenmädchen zu erziehn. Es war
   Mein lieber Ehgemahl ein edler Knecht
   In Kaiser Friedrichs Heere –
9
TEMPELHERR.                         Von Geburt
   Ein Schweizer, dem die Ehr' und Gnade ward
   Mit Seiner Kaiserlichen Majestät                                                  760
   In einem Flusse zu ersaufen. – Weib!
   Wie vielmal habt Ihr mir das schon erzählt?
   Hört Ihr denn gar nicht auf mich zu verfolgen?
DAJA. Verfolgen! lieber Gott!
TEMPELHERR.                     Ja, ja, verfolgen.
   Ich will nun einmal Euch nicht weiter sehn!
   Nicht hören! Will von Euch an eine Tat
   Nicht fort und fort erinnert sein, bei der
   Ich nichts gedacht;
die, wenn ich drüber denke,
   Zum Rätsel von mir selbst mir wird. Zwar möcht'
   Ich sie nicht gern bereuen. Aber seht;                                           770
   Eräugnet so ein Fall sich wieder: Ihr
   Seid Schuld, wenn ich so rasch nicht handle; wenn
   Ich mich vorher erkund', – und brennen lasse,10
   Was brennt.

DAJA.             Bewahre Gott!
TEMPELHERR.                        Von heut' an tut
   Mir den Gefallen wenigstens, und kennt
   Mich weiter nicht. Ich bitt' Euch drum. Auch laßt
   Den Vater mir vom Halse.
Jud' ist Jude.
   Ich bin ein plumper Schwab.11  Des Mädchens Bild
   Ist längst aus meiner Seele
;12 wenn es je
   Da war.                                                                                      780
DAJA.        Doch Eures ist aus ihrer nicht
TEMPELHERR. Was solls nun aber da? was solls?
DAJA.                                                                 Wer weiß!
   Die Menschen sind nicht immer, wie sie scheinen.
TEMPELHERR. Doch selten etwas Bessers.
(Er geht. )
DAJA.                                                           Wartet doch!
   Was eilt Ihr?
TEMPELHERR. Weib, macht mir die Palmen nicht
   Verhaßt, worunter ich so gern sonst wandle.
DAJA. So geh', du deutscher Bär! so geh'! – Und doch
   Muß ich die Spur des Tieres nicht verlieren.
   (Sie geht ihm von weiten nach.)

 

Public Domain Mark
Dieses Werk (Nathan der Weise, von Gotthold Ephraim Lessing), das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.

 

Worterläuterungen/Hinweise/Kommentar

1   wie mir scheint, wie mir vorkommt
2    implizite Regie-/Bühnenanweisung
3   Geht auf eine französische Redewendung zurück (risquer le paquet) und bedeutet hier etwas auf gut Glück wagen
4   nimmt den Gedanken auf, den Nathan als Argument gegen den Wunder- und Engelsglaube Rechas im Dialog mit Recha (I.2 V 329) vorgebracht hat
5  Der Tempelherr war, wie er dem Klosterbruder (I,5 V 595) und Recha (III,2 V 1648) berichtet , auf »Sinai unterwegs, wo er christliche Pilger führte. Grund dafür, dass Daja den Tempelherrn nach seiner Rettungstat in Jerusalem nicht mehr finden kann (vgl. I,1 V 126)
6  überseeische Gewürze
7  China
8  auch Al-Hafi und Sittah sprechen in II,2 V 1049 über die Attribute "reich" und "weise", die Nathan zugeschrieben werden (→Motiv des Geldes und des Reichtums)
9  gemeint ist »Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa (1122-1190) der 1190 auf dem Weg nach Palästina im Fluss »Saleph (Göksu bei »Silifke) in der heutigen Südosttürkei ertrunken ist; unter dem Blickwinkel der Chronologie ist Dajas Erzählung aber nicht möglich, wenn sie zugleich als Rechas Pflegemutter fungierte.
10  Das→Motiv des (Ver-)Brennens taucht an anderen Stellen des Dramas immer wieder auf,  vgl. I,2 V 177, I,6 V 773,  - vgl. Anmerkung (1) zu I,1 V 13 , I,2 V 177, IV,7: "Verbrennen" der Familie Nathans beim Judenpogrom in Gath 18 Jahre vor Einsetzen der dramatischen Handlung (→Vorgeschichte),
11  ein unbeholfener, einfach (gestrickter) Schwabe
12  vgl. u. a. erste Begegnung des Tempelherrn mit Recha nach der Rettung (II,3) und die Gedanken des Tempelherrn danach in seinem Monolog (III,8) ...

 

Textauswahl

Gesamttext (Recherche-/Leseversion)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 05.05.2021

 
 

 
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