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Gesamttext (Recherche-/Leseversion
FÜNFTER AUFZUG
SIEBTER AUFTRITT
Saladin und die Vorigen.
SALADIN. Was gibts hier, Sittah?
3640 SITTAH.
Sie ist von sich!1
Gott! SALADIN. Wer ists? SITTAH.
Du weißt ja ... SALADIN.
Unsers Nathans Tochter? Was fehlt ihr? SITTAH. Komm
doch zu dir, Kind! – Der Sultan ... RECHA (die sich auf den Knieen zu Saladins Füßen schleppt, den Kopf
zur Erde gesenkt.) Ich steh nicht auf! nicht eher auf! – mag eher Des Sultans Antlitz nicht erblicken! – eher Den Abglanz ewiger
Gerechtigkeit2 Und Güte nicht in seinen Augen, nicht Auf seiner Stirn bewundern ... SALADIN.
Steh ... steh auf! RECHA. Eh er mir nicht verspricht ... SALADIN.
Komm! ich verspreche ... Sei was es will! RECHA.
Nicht mehr, nicht weniger,
Als meinen Vater mir zu
lassen; und
3650 Mich ihm! – Noch weiß ich nicht, wer sonst mein Vater Zu sein verlangt; – verlangen kann. Wills auch Nicht wissen.
Aber
macht denn nur das Blut Den Vater? nur das Blut? SALADIN (der sie aufhebt.)
Ich merke wohl! – Wer war so grausam denn, dir selbst – dir selbst Dergleichen in den Kopf zu setzen? Ist Es denn schon völlig ausgemacht? erwiesen? RECHA. Muß wohl!
Denn Daja will
von meiner Amm'3 Es haben. SALADIN. Deiner Amme! RECHA.
Die es sterbend
Ihr zu vertrauen sich verbunden fühlte.4
3660 SALADIN. Gar sterbend! – Nicht auch faselnd schon? – Und wärs Auch wahr! – Ja
wohl: das Blut, das Blut allein Macht lange noch den Vater nicht! macht
kaum Den Vater eines Tieres!
gibt zum höchsten5 Das erste Recht, sich diesen Namen zu Erwerben! – Laß dir doch nicht bange sein! – Und weißt du was? Sobald der Väter zwei Sich um dich streiten: – laß sie beide; nimm Den dritten! –
Nimm dann
mich zu deinem Vater! SITTAH. O tu's! o tu's! SALADIN.
Ich will ein guter Vater,
3670 Recht guter Vater sein! – Doch halt! mir fällt Noch viel was Bessers bei. – Was brauchst du denn Der Väter überhaupt? Wenn sie nun sterben? Bei Zeiten sich nach einem umgesehn, Der mit uns um die Wette leben will! Kennst du noch keinen? ... SITTAH.
Mach sie nicht erröten! SALADIN. Das hab' ich allerdings mir vorgesetzt. Erröten macht die Häßlichen so schön: Und sollte Schöne nicht noch schöner machen? –
Ich habe deinen Vater Nathan; und
3680 Noch einen – einen noch hierher bestellt. Errätst du ihn? – Hierher! Du wirst mir doch Erlauben, Sittah? SITTAH.
Bruder! SALADIN.
Daß
du ja Vor ihm recht sehr errötest, liebes Mädchen! RECHA. Vor wem? erröten? ... SALADIN.
Kleine Heuchlerin!
Nun
so erblasse lieber! – Wie du willst Und kannst!
– (Eine Sklavin tritt herein, und nahet sich Sittah.)
Sie sind doch etwa nicht schon da? SITTAH (zur Sklavin.) Gut! laß sie nur herein.7 – Sie sind es, Bruder!
Dieses Werk (Nathan der Weise, von
Gotthold Ephraim Lessing), das durch
Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.
Worterläuterungen/Hinweise/Kommentar
1
außer sich, hat die Selbstkontrolle verloren,
2
Abglanz = Widerschein, Ebenbild,
3
Amme = Frau, die ein fremdes Kind zusammen mit ihrem eigenen stillt und
betreut
4
vgl. hierzu auch die Darstellung, die Recha gegenüber Sittah gibt
V,6 V 3613 - 3638
5
gibt allenfalls
6
Implizite Bühnenanweisung (→
Haupt- und Nebentext)
Textauswahl
-
V,1 -
Saladin wird von seinen mameluckischen Reiter
über das Eintreffen der Tribute informiert
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V,2
-
Nathan trägt dem Emir Manson auf, den
Großteil der Gelder in den Libanon zu seinem
Vater zu bringen
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V,3
- Der Tempelherr besinnt sich neu
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V,4
-
Nathan erhält das Brevier vom Klosterbruder
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V,5
- Der Tempelherr entschuldigt sich bei Nathan
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V,6
-
Recha, die die Wahrheit erfahren hat, bittet
Sittah um Hilfe
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V,8
- Die Enthüllung der Familienverhältnisse
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Gesamttext (Recherche-/Leseversion
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
05.05.2021
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