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Aspekte der Szenenanalyse - Szene V,10

Marias letzte "Wandlung"


FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich SchillerBiographie
Werke Dramatische WerkeDie Räuber ● Maria Stuart Überblick Didaktische und methodische Aspekte Entstehungsgeschichte Entstehungsgeschichte Historischer Hintergrund StoffgeschichteAufbau und Komposition Handlungsverlauf Überblick Akte und Szenen Inhaltsüberblick Akt- und Szenenschema 1. Akt2. Akt 3. Akt4. Akt [ Fünfter Akt Szenenüberblick  V,1 V,2 V,3 V,4 V,5 V,6 V,7 V,8 V,9 [ V,10 - Leicester muss als Ohrenzeuge die Hinrichtung Maria Stuarts erleben und bricht zusammenText V,10  ► Aspekte der Szenenanalyse  ◄ Bausteine ] V,11 V,12 V,13 V,14 V,15 ] Szenenbilder/Illustrationen Figurengestaltung Einzelne Figuren Sprachliche Form Interpretationsansätze Aufführungsberichte und - kritiken Bausteine Häufig gestellte Fragen (FAQs) Links ins Internet Lyrische Werke Sonstige Werke Bausteine Links ins Internet  Quickie für Eilige: So analysiert man eine dramatische Szene W-Fragen zur systematischen Szenenanalyse Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

Methodenrepertoire zur szenischen Erarbeitung von Dramentexten
Analyse einer dramatischen Szene

Strukturen dramatischer Texte
Dramaturgie und Inszenierung

In • Szene V,10 stürzt ▪ Leicester nach der letzten Begegnung mit ▪ Maria Stuart (▪ V,8 V,9) in seinem Monolog zunächst in einen heftigen Gewissenskonflikt, gewinnt aber nach kurzer Zeit wieder die Fassung zurück, mit der er sich aus der Affäre zu ziehen wünscht.

Um die letzte Regung seines Gewissens in sich zu begraben, will er sogar als Augenzeuge der Hinrichtung beiwohnen, muss sich aber dann doch eingestehen, dass er dazu nicht fähig ist. So wird er statt Augen- nun Ohrenzeuge der Hinrichtung, deren Stimmen und Geräusche in den Raum dringen. Diesen Raum kann er, da er von außen verschlossen ist, nicht fluchtartig verlassen, wie er eigentlich will.

Als er das Beil auf Marias Hals niedergehen hört, bricht er, von Angst gezeichnet, ohnmächtig mit einer zuckenden Bewegung zusammen. In den letzten Szenen (▪ V,11 V,12 V,13 V,14 V,15) ist Leicester danach nicht mehr zu sehen.

Lediglich in der Schlussszene, als Elisabeth nach der Verbannung Burleighs und dem Rücktritt von Shrewsbury ihn zu sich bestellen will, erfährt man, das er sich nach Frankreich abgesetzt hat. ("Der Lord lässt sich /
 Entschuldigen, er ist zu Schiff nach Frankreich.
")

Ein Blick auf die frühe Aufführungsgeschichte der Szene

In die frühe Aufführungsgeschichte von Friedrich Schillers »Maria Stuart« verweisen folgende anekdotischen Bemerkungen des Nürnberger Tagblatts aus dem Jahr 1909 zur Inszenierung der Hinrichtung von Maria Stuart  (V,10), die der Theaterleiter Calliano bevorzugte.

"In der Zeitschrift »Bühne und Welt« finden wir eine Plauderei über Theateroriginale aus der besseren alten Zeit. Es wird darin auch von einem Bühnenleiter erzählt, den man den Effektdirektor nannte, weil er keine Komödie ohne Schlusseffekt, d. h. ohne Tableau, gab. Bei Calliano endete »Maria Stuart« vor den Augen des Publikums auf dem Schafott. Nach den letzten Worten Leicesters hob sich im Hintergrund der Vorhang, und da lag bei bengalischer Beleuchtung Maria Stuart ohne Kopf auf dem Block (die Darstellerin musste ihren Nacken mit roter Wolle bedecken, die das Blut markierte), und vom schwarz behangenen Block rieselte das Blut (die rote Baumwolle) herab. Daneben stand der Henker, in der rechten Hand das von Blut triefende Schwert, in der erhobenen linken Hand - den kaschierten, abgehauenen Kopf Maria Stuarts dem verehrungswürdigen Publikum zeigen. Rechts und links vom Block standen Burleigh u.s.w. Wenn das Publikum Beifall klatschte und die bengalische Flamme zu erlöschen drohte, rief der Direktor freudig seinem Beleuchter zu: »Jokel (so hieß der brave Mann), schütt no Kalfonium auf, i muss d' Stuarten no mal köpfen lassen!« Jokel tat, wie ihm befohlen, und Maria Stuart wurde wurde da capo geköpft. [...]"

(aus: Nürnberger Tagblatt, 24.2.1909, zit. n. Grawe (Hrsg.) 1978, S.194)

Was der "Effektdirektor" Calliano inszenierte, war, so scheint es, was das Publikum erwartete.

Die Bedeutung der "Hinrichtungsszene" für das Drama

Die Szene V,10 mit Leicesters Monolog, in dem er in Teichoskopie dem Zuschauer von der zeitgleich stattfindenden Hinrichtung ▪ Maria Stuarts berichtet, ist die letzte Szene des Dramas, die der Titelgestalt des Stücks gewidmet ist, auch wenn sie selbst auf der Bühne nicht mehr zu sehen ist.

Ihre Bedeutung erschließt sich einem aber erst, wenn man sie in ihrer Beziehung zur Abendmahlszene ( V,7) betrachtet. Gemeinhin gilt nämlich diese Szene als Schlüsselszene für das Verständnis des Dramas. In ihr gesteht Maria während ihrer Beichte vor dem Abendmahl gegenüber Melvil ihre Schuld an der Ermordung ihres Ehegatten »Henry Stuart, Lord Darnley (1546-1567) und ihre erotischen Abenteuer mit dem «James Hepburn, dem 4. Earl von Bothwell  (1534-1578) ein und scheint dadurch so geläutert, dass sie im Endeffekt in einen psychischen Zustand einer über die physische Existenz hinausgehenden erhabenen Freiheit angesichts ihres bevorstehenden Todes versetzt wird, in der sie sich mit ihrem Schicksal versöhnt.

Diese Läuterung oder Wandlung Marias ist vielfach betont worden. Zwei Beispiele für Interpretationen aus der Mitte der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sollen dies verdeutlichen:

  • "Der ganze Sinn des Stückes ist das Sichdurchringen eines sinnlichen Geschöpfes zur Freiheit der Todesbejahung, in der alles Irdische absinkt und eine Verklärung erreicht wird, die fast unpersönlich ist. [...] auf der einen Seite der Tod, der immer näher dringt, auf der anderen die stolze königliche Frau, die ihn, der äußerlich nicht mehr zu überwinden ist, innerlich überwindet. Ihre königliche Seele wird lebensüberlegene Fassung einer geläuterten Seele, und der gefürchtete Tod bringt nur Adel und Stolz". (Nohl 1954, zit. n. Ibel, 9. Aufl, 1982, S.55f

  • "Marias Läuterung besteht am Ende nicht nur darin, dass sie ihren inneren Frieden, sondern dass sie zugleich auch jene Überlegenheit über alles irdische Schicksal gewinnt, die für Schiller selbst der große innere Besitz seiner Reifezeit war. Nicht nur rein, sondern auch als Heldin steht Maria schließlich vor uns da. Nach der Wiederherstellung ihrer Unschuld erlebt sie eine Erhebung über alles Irdische.
    Und zwar ist es ihr tragisches Schicksal, das diese Erhöhung ihres Wesens vollbringt, und kraft dieser ihrer Läuterung vermag sie das letzte Schicksal gelassen zu tragen ...
    Schiller hat hier, was er wohl als vollendete Menschlichkeit meinte, mit den Bildern der katholischen Frömmigkeit ausgedrückt. (Buchwald 1957  zit. n. Ibel, 9. Aufl, 1982, S.57f)

Beispielhaft für die Läuterungshypothese ist auch die Interpretation von Edgar Neis 1981/1999), der die Wandlung Marias zur Erhabenheit auf ihre Läuterung in der Buße zurückführt. Die schottische Königin "besitzt", so Neis, "die ruhige Würde und Erhabenheit einer Königin und die Ergebenheit einer Büßerin", ihre "freiwillige Ergebung in ihr unverdientes und doch selbst geschaffenes Leiden löst (...)  allen Zwang des Schicksals in persönliche Freiheit auf und macht sie, ihrem besseren Selbst bis zum letzten Augenblick getreu, die letzte, schwere Leidensnotwendigkeit, das Sterben, zu einem Akt ihres Willens." (Neis (1981) 1999, S.61) In einem Zustand der Erhabenheit lässt sie quasi ihr "Sinnenwesen" (Neis 1993a, S.95) hinter sich und erliegt damit als tragische Figur, ganz so wie Schiller es in seinen ▪ Vorstellungen über das Erhabene entwickelt hat, als physisches, aber freies Wesen seinem Schicksal. Dementsprechend wird auch der Tod nur scheinbar ein Zustand, an dem die existenzielle Freiheit des Menschen letzten Endes ihre Grenzen findet, denn dadurch, dass Maria "das Recht des Todes anerkennt" (ebd.) und ihn "als Sühnung und Erlösung" (ebd.) auf sich nimmt, hat sie psychisch Zugang zu einer anderen Ebene höherer Freiheit: "Maria, die sich im Anfang noch von dem lockenden Leben verleiten ließ, geht am Ende freudig in den Tod, weil er die Sühne ihrer Schuld bedeutet. So nur war es möglich, aus Maria eine tragische Heldin zu machen. Die gefangene Maria, die dem Tod nicht entgehen kann, muss sein Recht mit Freiheit anerkennen."  (ebd.)

Gegen diese Deutung haben sich inzwischen zahlreiche Interpreten zur Wort gemeldet, die zu der Frage, "ob Marias Wandlung die Folge einer Entwicklung oder einer plötzlichen durch die Aussichtslosigkeit ihrer Lage verursachten Umschwungs bildet" (Alt 2004, Bd. II, S. 506), Position bezogen haben.

Inzwischen gilt wohl allgemein, dass Friedrich Schiller "(....) Marias Entsagung nicht durch einen vorhergehenden Prozess" gestaltet, sondern eben nur "dessen Ergebnis - des Gestus des Verzichts um Horizont der Märtyrertradition, deren Requisiten den Inszenierungsrahmen des Schlussakts füllen." (ebd.) So abgeklärt, wie Maria nach der Abendmahlszene in den Tod zu gehen scheint, steht nicht nur in einem klaren Kontrast zur ansonsten sinnlich orientierten Maria, wie sie sich angesichts der ereifernden Rom-Erzählung Mortimers in Szene I,4 zeigt oder als die "Femme fatale der Vergangenheit", sondern "zwischen beiden Motivbereichen herrscht keine Verbindung" (ebd.). Der Grund dafür liege, so Alt weiter, darin, dass es hier nicht darum geht, die "fiktive psychische Einheit des dramatischen Individuums" (ebd.) zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen erfülle dieser Motivgegensatz lediglich eine (dramaturgische) Funktion innerhalb der tragischen Wirkungsökonomie des Stückes. (vgl. ebd.)

Die Wandlung Maria Stuarts kann aber auch unter dem Blickwinkel einer anderen Lesart betrachtet werden. So betont z. B.  Foi (2006, S.236f.), dass Maria nach der Abendmahlszene "nicht als 'schon verklärter Geist' von der Bühne ab(tritt)". Denn, so argumentiert sie weiter, sei die Abendmahlszene schließlich auch nicht die letzte Szene, die Maria Stuart gewidmet sei, zumal die "symbolische, religiöse Zelebrierung ihrer inneren und äußeren Schönheit, die mit dem königlichen Diadem auch die Zeichen der weltlichen Macht zurückgewinnt, (...) nicht das Ende des irdischen Daseins dar(stellt)."  Schiller inszeniere damit "nicht die Apotheose einer fast schon romantischen Märtyrergestalt [...|. Vielmehr bringt er den Vorsatz zur Geltung, seine Figur immer als 'physisches Wesen' beizubehalten, und führt ihn bis zum Äußersten aus. Nach und trotz ihrer Wandlung beim Abendmahl, spricht Maria noch in der darauffolgenden Szene: Leicester hört ihre Stimme. Und es ist die Szene der Hinrichtung, in der Marias physisches Wesen vernichtet wird. Dies ist tatsächlich ihre letzte Wandlung.[...|
In der zehnten Szene des fünften Aufzuges hat Maria, auf ein physisches Wesen, auf ihr nacktes Leben reduziert, selbst diese rührende Gestalt verloren. Sie ist zum dumpfen Schlag eines fallenden Kopfes geworden. [...|
Die brutale Reduktion Marias auf ein physisches Wesen in der Hinrichtungsszene verweist auf die brutale Reduktion des juristischen Diskurses im Dienst der Macht. [...| Maria Stuart stirbt nicht nur zur schönen Seele gewandelt, und mit der Krone auf dem Kopf, sie stirbt auch weiß gekleidet, wie jeder Beliebige zum Tode Verurteilte." (Foi 2006, S.234-241)

Das es Schiller nicht darum gehe, die "Apotheose einer fast schon romantischen Märtyrergestalt" zu inszenieren, sondern Maria als ein 'physisches Wesen' dazustellen, wird auch an anderen Stellen des Dramas deutlich.

So kann man auch in Szene • I,3 im Zusammenhang mit der • Romerzählung Mortimers erkennen, dass Schiller Marias "physisches Wesen ohne Hang zum dünnblütigen Märtyrertum anlegt" (Alt 2004, Bd. II, S. 505), als sie Mortimer auffordert, damit aufzuhören, vor ihr diesen "Lebensteppich" auszubreiten, das sie "elend und gefangen sei".

Erst die konfrontativ endende Begegnung der Königinnen "und dem durch Leicesters Intrige gegen Mortimer herbeigeführten großen Umschwung" (ebd.), könne Maria ihre Affekte wieder kontrollieren, was "sie im Schlussakt zur gefassten Heldin von, wie man gerne betont hat, erhabener Würde zu bestimmen scheint." (ebd.)

Noch in der Auseinandersetzung mit Mortimer, aber vor allem in der Art der Auseinandersetzung, die sie mit Elisabeth bei ihrer Begegnung führt ( III,4), zeigt sie sich ganz von ihrer leidenschaftlichen Seite. Am Ende allerdings gewinnt sie, nach dem Umschwung, den Leicesters Intrige gegen Mortimer ( IV,4) bewirkt, "jedoch jene Kontrolle über ihre Leidenschaft, die sie im Schlussakt zur gefassten Heldin von, wie man gern betont hat, erhabenen Würde zu bestimmen scheint.“ (ebd.)

Diese Wandlung Maria Stuarts vollzieht sich nach Auffassung von Peter-André Alt (2000, Bd. 2, S.506) als "Gestus des Verzichts im Horizont der Märtyrertradition, deren Requisiten den Inszenierungsrahmen des Schlussaktes füllen. Erinnert die sinnlich empfindende Maria, die sich von Mortimers Italienbericht stimulieren lässt, an die Femme fatale der Vergangenheit, so zeigt die gelassen ihren Tod erwartende Königin des Schlussaktes eine überraschend abgeklärte Haltung. Zwischen beiden Motivbereichen herrscht keine Verbindung, weil hier nicht die fiktive psychische Einheit des dramatischen Individuums, sondern dessen Funktion innerhalb der tragischen Wirkungsökonomie von Bedeutung zu sein scheint. Auch deshalb verzichtet Schiller auf die Ausarbeitung eines Monologs, der Marias Wandlung näher aus den Umständen und der Reflexion der Figur hätte begründen können".

Dabei biete Maria keinen Modellfall für erhabenen Widerstand gegen ihre äußere Zwangslage, sondern gewinne "ihre Würde erst unter den Bedingungen des Leidens. Der Erprobungsfall des ethischen Prinzips ist die individuelle Krisensituation, in der sich Maria jedoch nicht als erhabener Charakter im Kampf mit den Widrigkeiten des Lebens, sondern als schöne Seele profiliert." (ebd. S. 507)

Außerdem weise die große Geste, mit der sich Maria am Ende des Dramas in ihr Schicksal vor und nach der Abendmahlszene (▪ V,7)  füge "auf die Qualität der Anmut, wie sie Schillers Essay von 1793 mit recht konventioneller Argumentationslogik (und ohne Sinn für die Bedeutung sozialer Rollenklischees) als Merkmal des weiblichen Charakters hervorgehoben hat. Zu seinen Attributen gehört gerade nicht die Würde des erhabenen Widerstandsgeistes, sondern die in der individuellen Lebensäußerung wirksame Intuition [...]. (ebd.)

Dass Marias Wandlung am Ende darin besteht, dass sie "die Differenz zwischen äußerer Vollkommenheit und menschlicher Unvollkommenheit in ihrer Todesstunde auf(hebt)" und zur "schönen Seele" wird, hat Sautermeister (1979, S.194f.) betont: In ihrer Todesstunde wetteiferten seiner Auffassung nach "die königliche Schönheit ihrer Gestalt und der Adel ihrer Menschlichkeit harmonisch miteinander." Der tiefgreifende Wandel zwischen der Königinnen-Szene und der Todesstunde lasse sich "im Horizont der ästhetischen Theorie Schillers adäquat erfassen - freilich nicht in der üblicherweise zitierten Theorie des Dualismus, sondern in der versöhnenden Synthesis-Konzeption. Eine ihrer zentralen Kategorien ist die »schöne Seele« - Symbol der harmonischen Verfassung des Individuums, das seine sinnlich-natürlichen und sittlich-geistigen Kräfte zwanglos versöhnt." (Sautermeister 1979, S.194f.)

Gegen alle Einwände, die gegen die Hypothese vom Läuterungsdrama erhoben werden, positioniert sich Scholz (1981,1993, S.36-39):

"Zu der Frage, ob Maria Stuart bis zum Schluss als 'physisches Wesen' erhalten bleibt und damit der Aspekt des Läuterungsdramas - wie Beck, aber vor allem Sautermeister behaupten, aufgehoben wird - muss der V. Akt des Dramas betrachtet werden. Hier [...] realisiert sich Schillers Auffassung des Todes als Inbegriff äußerster Vergänglichkeit des Menschen, in dem er zugleich den äußersten Grad der Transzendierung alles Endlichen darstellt. »Sie geht dahin, ein schon verklärter Geist«, - das lässt Schiller im Drama sagen und meint es auch so. Angesichts dieser eindeutigen dichterischen Aussage - und wir haben kein Recht, sie nicht wörtlich zu nehmen - wirkt die Ableugnung der Maria Stuart als 'Läuterungsdrama' als psychologisierende Haarspalterei und gesuchte »neue Interpretation« um jeden Preis. [...] Erst im Tode gewinnt diese alles andere als ideale Gestalt ihre tragische Erhöhung und Verklärung." (Scholz (1981)1993, S.36-39, gekürzt)

An Leicester, der ja nur durch eine "Persönlichkeitsspaltung" (Alt 2004, Bd. II, S. 504) seinen eigenen Kopf retten konnte, zeigt Schiller "die Deformation des Charakters durch die Politik" (ebd., S. 505). Der Lord, "der die politischen Ereignisse überlegt zu steuern suchte, ist am Schluss zur Passivität verdammt" (ebd.) und wird ohnmächtig. So "(steht) nicht das Bild der Hinrichtung [...], sondern der Zusammenbruch des moralisch versagenden Höflings (...) am effektvollen Schluss der Szene. Der leblos wirkende Körper Leicesters aber erinnert an den Leichnam der Königin, deren Tod er durch seine politische Ohnmacht, die der physischen vorangeht, zu verantworten hat." (ebd.)

Methodenrepertoire zur szenischen Erarbeitung von Dramentexten
Analyse einer dramatischen Szene

Strukturen dramatischer Texte
Dramaturgie und Inszenierung

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 23.10.2023

   
   Arbeitsanregungen:
  1. Nehmen Sie zu Callianos Inszenierung der Hinrichtung Maria Stuarts kritisch Stellung (V,10).

  2. Was hat dagegen wohl Schiller bewogen, auf eine Darstellung der Hinrichtungsszene in »Maria Stuart« zu verzichten?

  3. Erörtern Sie Callianos Vorgehen unter dem Blickwinkel der von Schiller angestrebten Wirkung des Stückes.

 
 
 

 
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