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Text Friedrich Schiller: Maria Stuart - 3. Akt: Szene 4

Begegnung der Königinnen


FAChbereich Deutsch
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DRITTER AUFZUG

Vierter Auftritt

 

Die Vorigen. Elisabeth. Graf Leicester. Gefolge.

ELISABETH. (zu Leicester). Wie heißt der Landsitz?

LEICESTER.                                            Fotheringhayschloss.

ELISABETH. (zu Shrewsbury).

Schickt unser Jagdgefolg' voraus nach London,

Das Volk drängt allzuheftig in den Straßen,

Wir suchen Schutz in diesem stillen Park.

(Talbot entfernt das Gefolge. Sie fixiert mit den Augen
die Maria, indem sie zu Paulet weiterspricht.
)

Mein gutes Volk liebt mich zu sehr. Unmäßig,
Abgöttisch sind die Zeichen seiner Freude
,                             2230

So ehrt man einen Gott, nicht einen Menschen.

MARIA. (welche diese Zeit über halb ohnmächtig auf die
   Amme
gelehnt war, erhebt sich jetzt, und ihr Auge be-
   gegnet dem gespannten Blick der Elisabeth
. Sie schau-
   dert zusammen und wirft sich wieder an der Amme
   Brust
).
  O Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz!

ELISABETH. Wer ist die Lady?

                  (Ein allgemeines Schweigen.)

LEICESTER. - Du bist zu Fotheringhay, Königin.

ELISABETH. (stellt sich überrascht und erstaunt, einen

finstern Blick auf Leicester richtend).

Wer hat mir das getan? Lord Leicester!

LEICESTER. Es ist geschehen, Königin - Und nun

Der Himmel deinen Schritt hierher gelenkt,

So lass die Großmut und das Mitleid siegen.

SHREWSBURY. Lass dich erbitten, königliche Frau,

Dein Aug' auf die Unglückliche zu richten,                              2240

Die hier vergeht vor deinem Anblick.

(Maria rafft sich zusammen und will auf die Elisabeth
zugehen, steht aber auf halbem Weg schaudernd still
, ihre
Gebärden drücken den heftigsten Kampf aus
.
)

ELISABETH.                                         Wie, Mylords ?

Wer war es denn, der eine Tiefgebeugte
Mir angekündigt? Eine Stolze find ich,
Vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

MARIA.                                                     Sei's!
   Ich will mich auch noch diesem unterwerfen.

Fahr hin, ohnmächt'ger Stolz der edeln Seele!

Ich will vergessen, wer ich bin, und was

Ich litt; ich will vor ihr mich niederwerfen,

Die mich in diese Schmach herunterstieß.

(Sie wendet sich gegen die Königin.)

Der Himmel hat für Euch entschieden, Schwester!                  2250

Gekrönt vom Sieg ist Euer glücklich Haupt,

Die Gottheit bet ich an, die Euch erhöhte!

(Sie fällt vor ihr nieder.)

Doch seid auch Ihr nun edelmütig, Schwester!

Lasst mich nicht schmachvoll liegen, Eure Hand

Streckt aus, reicht mir die königliche Rechte,

Mich zu erheben von dem tiefen Fall.

ELISABETH. (zurücktretend).

Ihr seid an Eurem Platz, Lady Maria!

Und dankend preis ich meines Gottes Gnade,

Der nicht gewollt, dass ich zu Euren Füßen

So liegen sollte, wie Ihr jetzt zu meinen.                                  2260

MARIA. (mit steigendem Affekt).

Denkt an den Wechsel alles Menschlichen!

Es leben Götter, die den Hochmut rächen!

Verehret, fürchtet sie, die schrecklichen,

Die mich zu Euren Füßen niederstürzen -

Um dieser fremden Zeugen willen, ehrt

In mir Euch selbst, entweihet, schändet nicht
Das Blut der Tudor
, das in meinen Adern
Wie in den Euren fließt - O Gott im Himmel!

Steht nicht da, schroff und unzugänglich, wie
Die Felsenklippe
, die der Strandende                                     2270

Vergeblich ringend zu erfassen strebt.

Mein Alles hängt, mein Leben, mein Geschick

An meiner Worte, meiner Tränen Kraft:

Löst mir das Herz, dass ich das Eure rühre!

Wenn Ihr mich anschaut mit dem Eisesblick,

Schließt sich das Herz mit schaudernd zu, der Strom

Der Tränen stockt, und kaltes Grausen fesselt

Die Flehensworte mir im Busen an.

ELISABETH. (kalt und streng).

Was habt Ihr mir zu sagen, Lady Stuart?

Ihr habt mich sprechen wollen. Ich vergesse                           2280
Die Königin, die schwer beleidigte
,

Die fromme Pflicht der Schwester zu erfüllen,

Und meines Anblicks Trost gewähr ich Euch.
Dem Trieb der Großmut folg ich, setze mich

Gerechtem Tadel aus, dass ich so weit

Heruntersteige - denn Ihr wisst,
Dass Ihr mich habt ermorden lassen wollen
.

MARIA. Womit soll ich den Anfang machen, wie

Die Worte klüglich stellen, dass sie Euch

Das Herz ergreifen, aber nicht verletzen!                                2290

O Gott, gib meiner Rede Kraft und nimm
Ihr jeden Stachel, der verwunden könnte
!

Kann ich doch für mich selbst nicht sprechen, ohne Euch
Schwer zu verklagen
, und das will ich nicht.

- Ihr habt an mir gehandelt, wie nicht recht ist,

Denn ich bin eine Königin wie Ihr,

Und Ihr habt als Gefangne mich gehalten;

Ich kam zu Euch als eine Bittende,
Und Ihr, des Gastrechts heilige Gesetze,
Der Völker heilig Recht in mir verhöhnend,                            2300

Schlosst mich in Kerkermauern ein, die Freunde,

Die Diener werden grausam mir entrissen,

Unwürd'gem Mangel werd ich preisgegeben,

Man stellt mich vor ein schimpfliches Gericht -

Nichts mehr davon! Ein ewiges Vergessen

Bedecke, was ich Grausames erlitt.

- Seht! Ich will alles eine Schickung nennen:

Ihr seid nicht schuldig, ich bin auch nicht schuldig,

Ein böser Geist stieg aus dem Abgrund auf,

Den Hass in unsern Herzen zu entzünden,                               2310

Der unsre zarte Jugend schon entzweit.

Er wuchs mit uns, und böse Menschen fachten

Der unglücksel'gen Flamme Atem zu.

Wahnsinn'ge Eiferer bewaffneten

Mit Schwert und Dolch die unberufne Hand -

Das ist das Fluchgeschick der Könige,

Dass sie, enzweit, die Welt in Hass zerreißend

Und jeder Zwietracht Furien entfesseln.

- Jetzt ist kein fremder Mund mehr zwischen uns,

(nähert sich ihr zutraulich und mit schmeichelndem Ton)
Wir stehn einander selbst nun gegenüber.                              2320

Jetzt, Schwester, redet! Nennt mir meine Schuld,

Ich will Euch völliges Genügen leisten.

Ach, dass Ihr damals mir Gehör geschenkt,

Als ich so dringend Euer Auge suchte!

Es wäre nie so weit gekommen, nicht

An diesem traur'gen Ort geschähe jetzt

Die unglückselig traurige Begegnung.

ELISABETH. Mein guter Stern bewahrte mich davor,

Die Natter an den Busen mir zu legen.

- Nicht die Geschicke, Euer schwarzes Herz                          2330
Klagt an, die wilde Ehrsucht Eures Hauses.

Nichts Feindliches war zwischen uns geschehn,

Da kündigte mir Euer Ohm, der stolze,

Herrschwüt'ge Priester, der die freche Hand

Nach allen Kronen streckt, die Fehde an,

Betörte Euch, mein Wappen anzunehmen,
Euch meine Königstitel zuzueignen
,

Auf Tod und Leben in den Kampf mit mir
Zu gehn
- Wen rief er gegen mich nicht auf?

Der Priester Zungen und der Völker Schwert,                        2340

Des frommen Wahnsinns fürchterliche Waffen;

Hier selbst, im Friedenssitze meines Reiches

Blies er mir der Empörung Flammen an -

Doch Gott ist mit mir, und der stolze Priester

Behält das Feld nicht - Meinem Haupte war
Der Streich gedrohet, und das Eure fällt!

MARIA. Ich steh in Gottes Hand. Ihr werdet Euch
   So blutig Eurer Macht nicht überheben
-

ELISABETH. Wer soll mich hindern? Euer Oheim gab

Das Beispiel allen Königen der Welt,                                     2350

Wie man mit seinen Feinden Frieden macht:

Die Sankt Barthelemi sei meine Schule!

Was ist mir Blutsverwandtschaft, Völkerrecht?

Die Kirche trennet aller Pflichten Band,

Den Treubruch heiligt sie, den Königsmord,

Ich übe nur, was Eure Priester lehren.

Sagt! Welches Pfand gewährte mir für Euch,
Wenn ich großmütig Eure Bande löste
?

Mit welchem Schloss verwahr ich Eure Treue,

Das nicht Sankt Peters Schlüssel öffnen kann?                       2360

Gewalt nur ist die einz'ge Sicherheit,
Kein Bündnis ist mit dem Gezücht der Schlangen.

MARIA. Oh, das ist Euer traurig finstrer Argwohn!

Ihr habt mich stets als eine Feindin nur
Und Fremdlingin betrachtet
. Hättet Ihr
Zu Eurer Erbin mich erklärt, wie mir
Gebührt
, so hätten Dankbarkeit und Liebe

Euch eine treue Freundin und Verwandte

In mir erhalten.

ELISABETH. Draußen, Lady Stuart,

Ist Eure Freundschaft, Euer Haus das Papsttum,                    2370
Der Mönch ist Euer Bruder
- Euch! zur Erbin

Erklären! Der verräterische Fallstrick!

Dass Ihr bei meinem Leben noch mein Volk

Verführtet, eine listige Armida,

Die edle Jugend meines Königreichs

In Eurem Buhlernetze schlau verstricktet -

Dass alles sich der neu aufgehnden Sonne

Zuwendetet, und ich -

MARIA.                           Regiert in Frieden!

Jedwedem Anspruch auf dies Reich entsag ich.

Ach, meines Geistes Schwingen sind gelähmt,                        2380

Nicht Größe lockt mich mehr - Ihr habt's erreicht,

Ich bin nur noch der Schatten der Maria.

Gebrochen ist in langer Kerkerschmach

Der edle Mut - Ihr habt das Äußerste an mir

Getan, habt mich zerstört in meiner Blüte!

- Jetzt macht ein Ende, Schwester. Sprecht es aus,

Das Wort, um dessentwillen Ihr gekommen,

Denn nimmer will ich glauben, dass Ihr kamt,
Um Euer Opfer grausam zu verhöhnen.

Sprecht dieses Wort aus. Sagt mir:" Ihr seid frei,                    2390
Maria!
Mein Macht habt Ihr gefühlt,

Jetzt lernet meinen Edelmut verehren."

Sagt's, und ich will mein Leben, meine Freiheit

Als ein Geschenk aus Eurer Hand empfangen.

- Ein Wort macht alles ungeschehn. Ich warte

Darauf. O lasst mich's nicht zu lang erharren!

Weh Euch, wenn Ihr mit diesem Wort nicht endet!

Denn wenn Ihr jetzt nicht Segen bringend, herrlich,

Wie eine Gottheit von mir scheidet - Schwester!

Nicht um dies ganze reiche Eiland, nicht                                 2400

Um alle Länder, die das Meer umfasst,

Möcht' ich vor Euch so stehn, wie Ihr vor mir!

ELISABETH. Bekennt Ihr endlich Euch für überwunden?

Ist's aus mit Euren Ränken? Ist kein Mörder

Mehr unterwegs? Will kein Abenteurer

Für Euch die traur'ge Ritterschaft mehr wagen?

- Ja, es ist aus, Lady Maria. Ihr verführt

Mir keinen mehr. Die Welt hat andre Sorgen.

Es lüstet keinen, Euer - vierter Mann

Zu werden, denn Ihr tötet Eure Freier,                                   2410

Wie Eure Männer!

MARIA. (auffahrend). Schwester! Schwester!

O Gott! Gott! Gib mir Mäßigung!

ELISABETH. (sieht sie lange mit einem Blick stolzer
Verachtung
an
). Das also sind die Reizungen, Lord Leicester,

Die ungestraft kein Mann erblickt, daneben

Kein andres Weib sich wagen darf zu stellen!

Fürwahr! Der Ruhm war wohlfeil zu erlangen:

Es kostet nichts, die allgemeine Schönheit
Zu sein, als die gemeine sein für alle!

MARIA. Das ist zuviel!

ELISABETH. (höhnisch lachend). Jetzt zeigt Ihr Euer wahres

Gesicht, bis jetzt war's nur die Larve.                                     2420

MARIA. (von Zorn glühend, doch mit einer edlen Würde).

Ich habe menschlich, jugendlich gefehlt,

Die Macht verführte mich, ich hab es nicht

Verheimlicht und verborgen, falschen Schein

Hab ich verschmäht mit königlichem Freimut.

Das Ärgste weiß die Welt von mir, und ich

Kann sagen, ich bin besser als mein Ruf.

Weh Euch, wenn sie von Euren Taten einst
Den Ehrenmantel zieht
, womit Ihr gleißend
Die wilde Glut verstohlner Lüste dec
kt.

Nicht Ehrbarkeit habt Ihr von Eurer Mutter                              2430
Geerbt
: man weiß, um welcher Tugend willen

Anna von Boleyn das Schafott bestiegen.

SHREWSBURY. (tritt zwischen beide Königinnen).

O Gott des Himmels! Muss es dahin kommen!

Ist das die Mäßigung, die Unterwerfung,

Lady Maria?

MARIA.               Mäßigung! Ich habe
   Ertragen, was ein Mensch ertragen kann
.

Fahr hin, lammherzige Gelassenheit,

Zum Himmel fliehe, leidende Geduld,

Spreng endlich deine Bande, tritt hervor

Aus deiner Höhle, langverhaltner Groll -                                 2440

Und du, der dem gereizten Basilisk
Den Mordblick
gab, leg auf die Zunge mir

Den gift'gen Pfeil -

SHREWSBURY.  O sie ist außer sich!

Verzeih der Rasenden, der schwer Gereizten!

(Elisabeth, für Zorn sprachlos, schießt wütende Blicke auf
Marien.
)

LEICESTER. (in der heftigsten Unruhe, sucht die Elisabeth

hinwegzuführen).                                                      Höre

Die Wütende nicht an! Hinweg, hinweg

Von diesem unglücksel'gen Ort!

MARIA. Der Thron von England ist durch einen Bastard
   Entweiht
, der Briten edelherzig Volk
   Durch eine list'ge Gauklerin betrogen.

- Regierte Recht, so läget Ihr vor mir                                     2450
Im Staube jetzt, denn ich bin Euer König
.

(Elisabeth geht schnell ab, die Lords folgen ihr in der
höchsten Bestürzung
.)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 29.05.2021

 
 

 
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