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Bausteine zur Rezeptionsgeschichte

Franz Schnatz: Die "Empfindungsweise" der "Räuber"(1914)

Friedrich Schiller (1759-1805): Die Räuber

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller Biographie
Werke Dramatische Werke Die Räuber Didaktische und methodische Aspekte Überblick Gesamttext /Recherche/Leseversion) Entstehungsgeschichte des Dramas Stoffgeschichte  • Verschiedene Fassungen Schiller zu den "Räubern" Komposition des Dramas Handlungsverlauf Figurenkonstellation Einzelne Figuren Weitere Aspekte der Analyse Sprachliche Form [ RezeptionsgeschichteÜberblick  Uraufführung in Mannheim (13.1.1782, Nationaltheater) Textauswahl Bausteine ] Textauswahl • Bausteine Links ins Internet Maria Stuart Lyrische Werke Sonstige Werke Bausteine Links ins Internet  Schreibformen Rhetorik Operatoren im Fach Deutsch
 

(121) Um an die Quellen der in den Räubern lebenden, aufrüttelnden Empfindungsweise zu gelangen, muss man eine ganze (122) Epoche weiter zurückgehen und stößt alsdann 1740/50 auf eines der wichtigsten Jahrzehnte innerhalb der deutschen Geistesgeschichte. Da erwachte das Gefühl aus langer Erstarrung zu wunderkräftigem Leben. Seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts lagerte über Deutschland eine graue Atmosphäre pedantisch geregelten, einseitig vernünftigen Lebens und Denkens, die kaum einen freundlichen, erwärmenden Sonnenstrahl durchließ. Mehrere Generationen hatten nicht vermocht, diese nüchterne Verstandeskultur abzuschütteln. Die Kultur, in welche unsere Klassiker1 hineingeboren wurden, war die Kultur des Rationalismus2, d, h. sie stand ganz und gar auf einer vernunftgemäßen Grundlage. Man darf gewiss nicht verkennen, wie wichtig es war, dass sich im 15. Jahrhundert diese rationalistische Denkweise auszubilden begann. Es galt in der Tat, Dunkles, Überlebtes, Veraltetes zu überwinden und die Vernunft wirkte aufhellend wie die lichte Sonne. Aus der Glaubensbewegung des 16. Jahrhunderts erwuchs das Bestreben, die Gebildeten von den Fesseln einer durch Kirche und Dogma3 eingeengten Weltanschauung zu befreien (negativ) und (positiv) sie in den Stand zu setzen, sich mit ihren kulturellen, moralischen und religiösen Bedürfnissen auf einem durch Naturwissenschaft und Philosophie neu bearbeiteten Boden anzubauen und einzurichten. Dieser Aufklärungsidee entsprang eine im Geistesleben der westeuropäischen Völker hochbedeutsame Epoche. Aber jede Idee, auch die wichtigste, ist einseitig und vergänglich; sie muss, wenn sie sich ausgelebt hat, einer andern, vielleicht ihr schnurstracks entgegengesetzten Idee das Feld räumen. In der vernünftigen Welt war für das Gefühl und die Persönlichkeit der Raum zu knapp bemessen. Es ist begreiflich, dass diese beiden zu kurz kommen mussten, wenn der Verstand das Szepter führte. Das Gefühl ist eben eine antirationale Wesenheit. Was kein Verstand des Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt! Das verstandesmäßige Schema eines echten und rechten Menschen war auch zu eng für die mit reichem Individualleben und ausgeprägter Eigenart ausgestattete Persönlichkeit. Beides hängt zusammen. Denn in der Gefühlssphäre liegen die spezifischen Merkmale der Persönlichkeit, das Gefühlsleben weist von Mensch zu Mensch eine viel mannigfaltigere Differenzierung auf als das Verstandesleben. [...] (123) So war denn alles, was dem Menschen hoch und heilig ist, die trauten Beziehungen von Seele zu Seele, vom Zeitlichen zum Ewigen, vom Menschlichen zum Göttlichen, kurz das ganze, vielgestaltige, äußere und innere Leben vom Verstande in feste Ordnungen und starre Regeln gebracht, die jedes Individuum, das zu dieser vernünftigen Gesellschaft gehörte, von der Wiege bis zum Grabe wie enge Zäune umgaben, über die es nicht hinweg springen konnte, denen es sich fügen musste. Wohl wurden damals auch Freundschaften und Ehen geschlossen, wohl beteten auch damals die Menschen zu Gott. Aber diese Empfindungen der Liebe und Hingabe hatten ebenso wie die religiösen Gefühle keine selbständige Daseinsbedeutung, keinen eigenen Boden, in dem sie fröhlich wachsen und frei sich hätten entfalten können. Sie glichen den armen Topfpflanzen, die an dürre Stäbchen gebästelt sind. Die Liebe war eine gewissernaßen staatlich und gesellschaftlich beaufsichtigte Empfindung und jenseits der Ehe kaum existenzberechtigt. Statt der innigen Freundschaft gleichgestimmter Seelen kannte man nur eine Anfreundung auf Grund zahlreicher, materieller Berührungspunkte, wie sie durch Zugehörigkeit zu derselben sozialen Kaste, zu demselben Gesellschafts- und Berufskreis gegeben sind. Indem sich behördliche Vorschriften störend zwischen den intimen Konnex von Geschöpf und Schöpfer drängten, wurden selbst die religiösen Empfindungen rationalisiert. Sie erhielten durch die damals in Kraft stehenden, an Gefühlswerten bitterarmen Dogmen und Glaubenssätze der betreffenden Konfession ihre vorgeschriebenen Gleise. Darüber hinaus war dem Menschen verwehrt, selbständig und persönlich sein Verhältnis zum Metaphysischen4 dem Drängen eigensten Empfindens und Erlebens gemäß einzurichten.
In dem Jahrzehnt 1740/50 brausen nun befreiende Frühlingsstürme heran. Unter ihrer umschmeichelnden Wärme beginnt das erstarrte Empfindungsleben aufzutauen. Allerdings zeigen sich nachweisbar die ersten Anfänge einer Reaktion des Gefühls schon früher. Bereits im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts setzt die Empörung des Empfindungslebens gegen die aus-(124)schließliche Herrschaft des Verstandes ein und zwar zunächst - wie konnte es anders sein - auf dem Gebiete der Religion, die es als eine rein persönliche Herzensangelegenheit am allerwenigsten verträgt, zur Verstandessprache degradiert zu werden, In den pietistischen5 Konventikeln6 strebte man danach, das auf vernunftgemäße Prinzipien gestellte, verstandes-kühle Verhältnis des Menschen zu Gott durch persönliche Hingebung und fromme Innigkeit zu ersetzen. Der Pietismus7 aber wurde in Deutschland, wo mehr als in irgendeinem andern Lande das ganze Denken seit der Reformation völlig theologisiert war, für die Befreiung der Empfindung schlechthin, nicht nur der religiösen, außerordentlich wichtig. Denn diese religiöse Bewegung, die bestimmte Schriften erzeugte, griff allmählich auch auf die eigentliche Literatur über. Das geschah in dem Jahrzehnt. von dem wir reden. Ein Gestirn von ganz neuem, eigenartigem Glanz ist am deutschen Geisteshimmel heraufgezogen: Klopstock8 (1724-1803). In ihm konzentrieren sich die jungen Kräfte dieser Epoche. Um ihn, den begeisterten, begeisternden Sänger, dessen Sprache die Sprache des Herzens ist, schart sich in schwärmerischer Verehrung die junge Generation, die gleich ihm die Emanzipation der Empfindung auf ihre Fahne geschrieben hat. Klopstock wird der Hauptführer der religiös-empfindsamen Richtung. Die ersten Gesänge des Messias9, die 1748 in den 'Bremer Beiträgen' erschienen und seine. vorwiegend von frommen Gefühlen geschwellten Oden bedeuten die Proklamation der Empfindung innerhalb der Literatur. [...] (125) Auf Umwegen entwand sich also die Literatur dem Rationalismus. Ähnlich wie bei Beginn der Renaissance10 jenen 'modernen' Malern an dem Stückchen Natur, das sie in ihre notgedrungen immer religiösen Darstellungen, wenn auch noch so primitiv einfließen ließen, unendlich mehr gelegen war, als an dem ausgeleierten Gegenstand, so diente schließlich auch Klopstock das Religiöse nur als Mittel, um nicht zu sagen als Vorwand, um überhaupt die unnatürlich aufgestauten Gefühle ins Fließen zu bringen. Schon spricht aus ihm ein selbständiges, von öden Nützlichkeitsbetrachtungen entbundenes Naturgefühl. Es vollzieht sich eine allgemeine durchgreifende Umwertung der Gefühle. Luft und Licht strömen immer reichlicher belebend ein. Religion und Freundschaft, Natur und Liebe wollen empfunden und erlebt sein. Neben den religiösen Empfindungen werden nun auch die sympathischen Gefühle als das Dasein erhöhende und verschönende Kräfte hervorgeholt aus dem Gestrüpp steifer Haltung und seelenloser Schicklichkeit. [...] Die Empfindungen werden für sich und an sich selber wertvoll. In der Empfindung zu schwelgen wird höchste Wonne. [...] (126) Während die epische und lyrische Form fruchtbare Anregungen empfangen, beharrt das Drama noch völlig im Banne der Konvention. Was lag den Poeten jener Zeit am Theater! Buchdramen wollten sie schreiben und kehrten der Bühne gleichgültig, ja verächtlich den Rücken. Sie zwängten einerseits ihre Stoffe in die hergebrachte Form, für welche seit langem die französische Poetik mit ihrer pedantischen Betonung der Aristotelischen11 Einheitstrias12 autoritativ13 und maßgebend war. Sie beugten andrerseits ihre Gestalten unter das Joch der anerkannten, guten Sitte, gegen die kein Wort, keine Gebärde verstoßen sollte. Mithin war der Geist jener Dramen um 1750 nach wie vor ein recht gemäßigter, der die allzu große Hitze heftiger Leidenschaften und den Wirbelsturm urgewaltiger Affekte ängstlich mied.
In Lessing14 (1729-1781) [...] entstand dem deutschen Theater der Reformator15. Leider fielen seine Anregungen bei der untheatralischen Generation auf ziemlich unfruchtbaren Boden. Seine gescheiterten Bemühungen um das Hamburger Nationaltheater16 haben in der Tat etwas Rührendes an sich. Seine bahnbrechende Glanzleistung, die Minna von Barnhelm17, kam 1767, wirklich zu früh. Das Interesse der Leser und Zuschauer ging über das Stofflich-Aktuelle kaum hinaus und die Zahl geistloser Nachahmungen war Legion18, während das ästhetisch Wesentliche vom Publikum und den Literaten jener Tage meist übersehen wurde. [...] Für das folgende Geschlecht und das Geistesleben überhaupt wurde Lessing von einschneidender Bedeutung dadurch, dass er 1759 als erster in dem berühmten 17. Literaturbrief auf Shakespeare19 hinwies, dessen Werke - wie Lessing in kurzer Bestimmtheit ausführt - dem deutschen Denken und Empfinden angemessener seien, als das in einem sklavischen Klassizismus20 stagnierende und pedantischer Regelnutzung erstarrte, französische Drama. [...] (127) Mit der durch das Theater vermittelten Shakespearekenntnis beginnt recht eigentlich das moderne, deutsche Geistesleben. Der 20. September 1776 bildet ein der wichtigsten Daten in der ganzen Entwicklungsgeschichte des deutschen Geistes. An diesem Tage wurde auf der Hamburger Bühne - es ist so schnell gesagt - zum ersten Male Hamlet21 aufgeführt. [...] Die Wirkung auf das eindrucksbegierige Publikum war ungeheuer. Ganz Hamburg befand sich wie in einem Rausch. Wochenlang wurde nichts andres gespielt als Hamlet. [...]

Ein neuer Mensch begann sich damals zu bilden, grade so wie zweihundert Jahre früher in Italien die Renaissance ein neues Lebensideal erzeugte. Diese um 1770 einziehende Generation - vielleicht die wichtigste innerhalb der gesamten deutschen Geistesgeschichte -, aus der die Stürmer und Dränger22 hervorgingen, berauschte sich vornehmlich an der gewaltigen Leidenschaftlichkeit, in welcher die lebensvollen Tragödien des Briten23 exzellieren24. [...] (128) Shakespeare ward zum Evangelium ihrer Bestrebungen, das vom Verstande noch immer an die Wand gedrückte Gefühl nicht nur zu befreien, sondern zur obersten Lebensmacht unter Hintansetzung des Verstandes zu erheben. Endgültig aufzuräumen mit dem müden, trocknen, pedantischen Leben in der Poesie war ihnen dringendstes Bedürfnis. In Shakespeares Dichtungen führt die Leidenschaft frei das Wort. Für die mit unerhörter künstlerischer Weisheit aufgebaute und durchgeführte Handlung, die wir heute nicht genug bewundern können, war ihr Blick noch nicht geschärft. Ihre Begeisterung und Liebe galt Shakespeare, dem originalen Genie, das der kleinlichen Regel spottet, bei dem's nicht ängstlich zirpt und schüchtern flüstert, sondern machtvoll dröhnt und schallt in einer Sprache, wie man sie seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hatte. Mit Recht fühlte sich die junge Generation von Shakespeares psychologischer Meisterschaft angezogen, macht ihn doch seine divinatorische25 Phantasie zu einem Seelenkünder, der die menschliche Psyche wie in unverhüllter Nacktheit zeigt. Nicht als ob seine Darstellung und Analyse der Affekte naturalistisch wäre, nein, in der Wirklichkeit entblößt die Seele ihre verborgensten Falten nicht so offen am Tageslicht. Es ist, also ob der große Tragiker26 mit Röntgenstrahlen das Innere seiner Menschen durchleuchtete, um dann den Reflex aufzufangen und überraschend getreu auszubreiten.
Zu den tiefgehenden Wirkungen Shakespeares gesellt sich der kaum hoch genug zu veranschlagende Einfluss des großen Empörers Jean Jaques Rousseau27 (1712-78) [...], des mit Sitte und Ordnung gewaltsam brechenden, revolutionären Propheten einer Gesellschaftsreform, mit seiner materiell-zerstörenden Wirkung in Frankreich28, der ideell-aufbauenden in Deutschland.29 [...]
(129) Zu Shakespeare und Rousseau gesellt sich als Dritter im Bunde, der um 100 n. Chr. das Leben berühmter Helden erzählende, griechische Historiker Plutarch30. [...] Seine Biographien großer Männer des Altertums von Solon31 und dem sagenhaften Gründer Roms32 an bis auf Cäsar33 und die Triumvirn34 - mag er nun diese Gestalten stilisiert35 haben [...] - gewannen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen ungeheuren Einfluss auf das Gefühls- und Phantasieleben, ja selbst auf die äußere Lebensführung. [...] Überdies eignete dem 18. Jahrhundert etwas Müdes, Übersättigtes wie jener römischen Kaiserzeit, in der Plutarch schrieb. An Kulturschätzen gebrach es nicht, wohl aber an ursprünglicher Stärke. Daraus erwuchs die Sehnsucht nach dem Heroischen, Überdurchschnittlichen, das Verlangen nach dem 'großen Mann'. [...] (130) Der griechische Geschichtsschreiber findet ein europäisches Publikum, das ihn begeistert liest. Besonders in Deutschland und Frankreich gehört Plutarch zu den Lieblingsschriftstellern. Aus ihm hatten sich die kraftvollen Führer und leidenschaftlichen Redner der französischen Revolution36 antike Helden zu idealen Vorbildern erkoren, nach denen ein jeder handelte und wandelte bis in Napoleon37 der gewaltige Testamentsvollstrecker der Revolution erschien, und die nach dem großen Helden sich sehnende Welt ihr Traumbild leibhaftig vor Augen sah. Mit diesem Erfülltsein von Plutarch war ein stark idealisierende Moment gegeben. Angesichts außerordentlicher Größe erschrak man nicht vor einem sittlichen Ausfall. Man erlag dem magischen Zauber des Heldischen.
Das Geschlecht jener Tage begehrte nun, auch im Theater das Heroische zu genießen. Man wollte auf der Bühne solche (131) Gestalten wandeln sehen, in denen von dem Plutarchischen Heldentum etwas lebte: ungeschwächte Leidenschaftlichkeit, selbstherrliche Kraft, durch die Konvention ungehemmte Freiheit und unentstellte Natürlichkeit. Das war ganz im Sinne Rousseaus gedacht, der meinte, Plutarch habe deshalb so 'herrliche Biographien geschrieben, weil er keine halbgroßen Menschen wählte, wie es in ruhigen Staaten Tausende gebe, sondern große Tugendhafte und erhabene Verbrecher'. [...]
Diese gärenden Gedanken werden für die deutsche Generation von 1770/80, also unmittelbar vor dem Erscheinen der Räuber, entscheidend. Sie zieht erhabene Verbrecher und kraftvolle Selbsthelfer dem kleinen Tugendhaften vor. Mit diesem ausgesprochenen Verlangen nach Natur, Leidenschaft, Größe, Heroismus beginnt nunmehr die scharfe Opposition gegen die Herrschaft des Verstandes in der Literatur. Der bedeutendste Führer dieser Strömung wird der junge Goethe38, in dessen Götz39 das Heroische, in dessen Werther40 das Leidenschaftliche, beide gestimmt aufs Natürlich, zur Geltung kommen. Seinen Spuren folgten die Leisewitz41, Klinger42, Wagner43, Lenz44, junge Dramatiker, deren Namen man noch kennt, deren Werke aber vergessen sind sind, da das Künstlerische, Form und Maß, in ihnen aufgezehrt wird von dem ungezügelten, exaltierten45 Ausbruch der Leidenschaft in ungenießbar schwülstigen Kraftphrasen, in grässlichen, schrecklichen Bildern. Da braust und schnaubt, stürmt und tost es. Bei ihrem ungeklärten Shakespearekultus und ihrer ungestümen Freude, die verhassten, überdrüssigen Einheiten endlich los geworden zu sein, pfiffen sie in ihren geschmacklos zerfahrenen, überspannten Stücken auf das Bühnengerechte und verfielen in unglaubliche Regellosigkeit und Stilwidrigkeit. Aus ihren wüsten Dramen, in denen die ungezügelten Affekte wahre Orgien feiern, sind die zahmen, wohlanständigen Menschlein mit ihren gemessenen Reden und Mienen verbannt. Alles Gräuliche und Ungeheuerliche, Scheußliche und Wilde, was sich eine überhitzte Phantasie nur vorstellen kann, die schlimmsten Verbrechen, Vater- und Brudermord, schwere Blutschande und ähnliche (132) Extravaganzen füllen die unübersichtlich zerfetzte und zerstückelte Handlung, die meinst in einen tumultuarischen Szenenwirrwarr ausartet. [...] Dennoch halfen diese verstiegen formlosen Stücke der Stürmer und Dränger wenigstens das Außerordentliche und Ungewöhnliche, wenn es nun als Kunstwerk in die Erscheinung trat, vorbereiten. Bei Klinger beginnt oft nach fünf oder zehn Zeilen eine neue Szene. Es herrscht ein verwirrender Ortswechsel, und über Jahre wird die Handlung verzettelt. Selbst Goethes Goetz, dessen unbestritten großer, poetischer Stimmungszauber die dramatischen Mängel nicht auszugleichen vermag, hat 56 Verwandlungen und leidet unter dieser starken lokalen Dispersion. [...] Ebenso ist die Handlung über mehrere Jahre ausgedehnt, so dass die Auffassung der zeitlichen Geschehnisfolge gestört wird und mithin der deutliche Eindruck einer Entwicklung verloren geht. Da musste erst wieder das Genie kommen, dem es bei aller Tiefe der Empfindung doch nicht an der echt künstlerischen Mäßigung und an dem Formsinn mangelte, um das zerrissene Band zwischen Literatur und Theater in mustergültiger Weise zu knüpfen, das Genie, welches die dramatischen Gesetze hinreichend beachtete, um sich nicht selbst um die Wirkung zu bringen. Von seinem ersten Werke an unterwirft Schiller - wie er es später auf der Höhe seine Schaffens vom wahren Dichter fordert - 'die üppige Phantasie der Disziplin des Geschmacks und läßt den nüchternen Verstand die Ufer ausmessen, zwischen welchen der Strom der Begeisterung brausen soll'. Während die Dramen der Stürmer und Dränger vor ihm, der Romantiker46 nach ihm, an unschöner Verschwommenheit und nachlässiger Zusammenhanglosigkeit kranken, fehlt keinem Drama Schiller die feste Fügung und innere Geschlossenheit.

(aus: Schnatz 1914, S.121-132, Originalseitenangaben im Text in runden Klammern)

WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN

1↑ Klassiker: gemeint sind Goethe (vgl. Anm. 38)  und Schiller als Hauptvertreter der Literaturepoche (Weimarer) Klassik (1786-1805)
2↑ »Rationalismus: (von lateinisch ratio – Vernunft); philosophische Annahme, wonach der Verstand die objektive Struktur der Wirklichkeit erkennen kann, und zwar sowohl auf physikalischem, metaphysischem wie moralischem Gebiet;  der »"Empirismus", als ein Gegenbegriff dazu, betont dagegen, dass alle Erkenntnis allein auf sinnlicher Wahrnehmung beruht; der französische Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler »René Descartes (1596-1650) gilt gemeinhin als der Begründer des klassischen Rationalismus, die in Deutschland »Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) und dessen Rezipienten (»Alexander Gottlieb Baumgarten (1714-1762), »Georg Friedrich Meier (1718-1777) »Christian Wolff (1679-1754) u. a.) seine wichtigsten Vertreter hat; 
3↑ »Dogma: (griech. δόγμα, dógma, „Meinung, Denkart, Lehrsatz“; Plural Dogmen oder seltener nach dem Griechischen Dogmata); grundlegende Lehrentscheidung, die für unumstößlich wahr gehalten wird; das unreflektierte Festhalten an solchen Dogmen kann zu einer radikalen Ablehnung von allem führen, das diese Dogmen in Frage stellt oder bestreitet (Dogmatismus) Ein solcher Dogmatismus kann sich in allen Bereichen menschlichen Wissens entwickeln. Im Kontext eines kritisch-rationalistischen Weltbildes behindert Dogmatismus den Fortschritt, da er die kritische Hinterfragung der Dogmen grundsätzlich ablehnt. Er wird daher als Gefahr aller Wissenschaften angesehen.
4↑ metaphysisch: "übersinnlich", d. h. jede mögliche Erfahrung  überschreitend, überempirisch
5↑ pietistisch: vgl. Anm. 7
6↑ Konventikel: private religiöse Versammlungen (der Pietisten) im so genannten »Hauskreis (vgl. Anm. 7)
7↑ Pietismus: nach der »Reformation die wichtigste Reformbewegung im deutschen »Protestantismus; entspringt einem Gefühl mangelhafter Frömmigkeit, unzureichender christlicher Lebensführung und dem Drang, den Glauben und damit die Beziehung zu Gott persönlich zu gestalten, die vor allem das Trauma des »Dreißigjährigen Krieges durch Neuorientierung auf die Bibel zu überwinden sucht; die im 18. Jahrhundert aufkommende Aufklärung drängt derartige Bestrebungen aber zurück, indem sie das traditionelle Weltbild durch neue Erkenntnisse der Naturwissenschaft ersetzt und auch vor Angriffen auf die offizielle Theologie mit ihrem Dogmatismus nicht zurückweicht; die als Reaktion darauf einsetzende Verwissenschaftlichung der Theologie wird in der Folge für die viele normalen Gemeindemitglieder immer unverständlicher; der »absolutistische Staat , der von seinen Untertanen darüber hinaus stets ein Bekenntnis zu den offiziellen kirchlichen Dogmen verlangt, sieht in der Tendenz zu persönlicher Frömmigkeit einen die Staatsräson schwächenden Faktor; Pietismus hält beide Positionen für rein äußerlich und stellt ihnen sein Ideal einer persönlichen, gefühlsbetonten Frömmigkeit entgegen, betont als Bibel-, Laien- und Heiligungsbewegung konsequent die subjektive Seite des Glaubens; zugleich Entwicklung eines ausgesprochen starken missionarischen Grundzuges; in seiner sozial-religiösen Praxis haben das in pietistischen »Hauskreisen (Konventikeln) ausgeübte gemeinsame »Bibelstudium und Gebet oft größere Bedeutung als Gottesdienstete;
8↑ »Klopstock, Friedrich Gottlieb: geb. am 2.7.1724 in Quedlinburg, gest. am 14.3.1803 in Hamburg; Sohn eines Advokaten; christlich-pietistische Erziehung; 1745/46 Studium der Theologie in Jena, seit 1746 in Leipzig. Mitarbeiter der »Bremer Beiträge«, die die ersten drei Gesänge des »Messias« druckten; Hauslehrer in Langensalza. 1750 in Zürich; ab 1751 in Kopenhagen mit Ehrengehalt des dänischen Königs; 1770 mit Graf Bernstorff nach Hamburg; gilt als Begründer der Erlebnisdichtung und des deutschen »Irrationalismus. Sein Wirken erstreckte sich über große Teile der »Epoche der Aufklärung, speziell der »Empfindsamkeit. Des weiteren gilt Klopstock als ein bedeutender Wegbereiter für die Literaturepoche des »Sturm und Drang.
9↑ Messias: »Epos in 20 Gesängen von »Friedrich Gottlieb Klopstock (vgl. Anm. 8); 1748 Veröffentlichung der ersten drei Gesänge des Messias mit dem Untertitel "Ein Heldengedicht"; später weitere Gesänge und Überarbeitungen der ersten  Fassungen, die schon publiziert sind; erste vollständige Ausgabe 1772, (weitere, überarbeitete Fassungen  1781 und 1798); im Messias erstmals in der deutschen Literaturgeschichte durchgehend »Hexameter verwendet wie sie auch in den Epen »HomersIlias (Kampf um Troja) und »Odyssee (Irrfahrten des Odysseus) Verwendung gefunden haben; mit dem  "Messias" beginnt in Deutschland die Epoche der »Empfindsamkeit; zahlreiche Nachahmungen, vor allem im 18. Jahrhundert (»Messiaden)
10↑ Renaissance: (frz. „Wiedergeburt“, spr. ʀənɛˈsɑ̃s); 1. allgemein: Begriff zur Bezeichnung einer Wiedergeburt von Werten, Bauwerken etc. eines vergangenen Zeitalters oder einer Werteordnung in späterer Zeit; 2. Begriff, im 19. Jh. abgeleitet vom italienischen rinascimento = Wiedergeburt, soll das kulturelle Aufleben der griechischen und römischen Antike im Europa des 14.-17. Jahrhunderts kennzeichnen; seitdem eine Entwicklung des Menschen in Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft zu individueller Freiheit im Gegensatz zum »Ständewesen des Mittelalters. Im engeren Sinne ist die Renaissance auch eine kunstgeschichtliche Epoche;
11↑ aristotelisch: »Aristoteles (griechisch Ἀριστoτέλης, * 384 v. Chr. in »Stageira (Stagira) auf der Halbinsel »Chalkidike; † 322 v. Chr. in »Chalkis auf der Insel »Euboia) gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Philosophen;  Begründer zahlreicher Disziplinen und maßgeblich Einfluss auf etliche andere, darunter Wissenschaftstheorie, Logik, Biologie, Physik, Ethik, Dichtungstheorie und Staatslehre. Aus seinem Gedankengut entwickelte sich der »Aristotelismus; seine Theorie der Dichtung, niedergelegt in seinem unvollendeten Werk "Poetik" (altgriechisch ποιητική [τέχνη] poiêtikê) befasst er sich mit der Dichtkunst im Allgemeinen und ihren Gattungen. Für die dramatische Gattung, insbesondere die Tragödie, wurden aus der "Poetik" u. a. die Lehre von den drei Einheiten abgleitet, wonach die Tragödie an einem Tag (Einheit der Zeit), an einem Ort (Einheit des Ortes) und konzentriert auf eine einzige Haupthandlung (Einheit der Handlung) zu gestalten ist.
12↑ Einheitstrias: Trias = Dreiheit, Dreizahl; und Lehre von den drei Einheiten (vgl. Anm. 11)
13↑
autoritativ: auf Autorität, Ansehen beruhend; maßgebend, entscheidend
14↑ »Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) wichtigster deutscher Dichter der Literaturepoche der Aufklärung (1720-1785) (»Epoche der Aufklärung); beeinflusst mit seinen Dramen (darunter: Emilia Galotti, Minna von Barnhelm) und seinen theoretischen Schriften (z. B.»Briefe, die neueste Literatur betreffend, »Hamburgische Dramaturgie) die weitere Entwicklung der Literatur in Deutschland maßgeblich
15↑ Reformator: Umgestalter, Erneuerer
16↑ »Hamburger Nationaltheater: (auch: Hamburgische Entreprise oder Hamburger Entreprise); erster Versuch eines deutschen »Nationaltheaters in den Jahren 1767–1769; gegründet von »Johann Friedrich Löwen (1727-1771) nach dem Vorbild des von »Ludvig Holberg (1684-1754) 1748 gegründete dänische Nationaltheater (»Det Kongelige Teater) in Kopenhagen; an der Gründung auch beteiligt: »Konrad Ekhof (1720-1778), einer der renommiertesten Schauspieler des 18. Jahrhunderts; bedeutend aber vor allem, weil er den realistischen Darstellungsstil auf den deutschen Bühnen einführt, daher auch als “Vater der deutschen Schauspielkunst” bezeichnet; zu seinem Ensemble in Gotha, das Auflösung des Gothaer Hoftheaters an Ostern 1779 nach seinem Tod fast geschlossen an das »Mannheimer Nationaltheater, das 13.1.1782 die "Räuber" uraufführt, gehört auch der Schauspieler August Wilhelm Iffland (1759-184) (Franz Moor der Uraufführung); als Gebäude des Hamburger Nationaltheaters dient das Ackermannsche Comödiantenhaus an der Stelle der ehemals berühmten »Oper am Gänsemarkt, in dem die Schauspielergesellschaft von »Konrad Ernst Ackermann (1712-1771) spielte. »Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) arbeitet dort als »Dramaturg von 1767 bis 1769, das Jahr, indem das Theater aus finanziellen Gründen geschlossen wird; in dem Theater wird am 30. September 1767 Lessings Stück »Minna von Barnhelm (vgl. Anm. 17) aufgeführt;
17↑ »Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück: »Lustspiel in fünf Aufzügen von »Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781); 1767 fertiggestellt, eine der wichtigsten »Komödien der deutschsprachigen Literatur, am 30. September 1767 im »Hamburger Nationaltheater (vgl. Anm. 16) uraufgeführt
18↑ Legion: ursprgl. altrömische Heereseinheit;  h: und die Zahl geistloser Nachahmungen war Legion (in sehr großer Zahl vorhanden)
19↑ »William Shakespeare (* vermutlich23. April 1564 in »Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg.in »Stratford-upon-Avon) englischer Dichter und einer der bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur;
20↑ Klassizismus: Regelpoetik der »französischen Klassik und ihrer wichtigsten Vertreter »Pierre Corneille (* 6. Juni 1606 in »Rouen; † 1. Oktober 1684 in »Paris) und »Jean Racine a
21↑ »Hamlet, Prinz von Dänemark: (engl. The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark) eine der bekanntesten und meistaufgeführten »Tragödien von »William Shakespeare (vgl. Anm. 19).
22↑ Stürmer und Dränger: Literaturepoche des Sturm und Drang (1760-1785)
23↑ Brite: gemeint ist Shakespeare vgl. Anm. 19
24↑ exzellieren: hervorragen, glänzen
25↑ divinatorisch: vorahnend, seherisch
26↑ Tragiker: Verfasser von »Tragödien (Dramen mit einem schicksalhaft, erschütternden Ende; Gegensatz »Komödie mit ihrem Happyend
27↑ »Jean-Jacques Rousseau: (* 28. Juni 1712 in Genf; † 2. Juli 1778 in »Ermenonville bei »Paris), Genfer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und Komponist der Aufklärung; gilt als einer der wichtigsten geistigen Wegbereiter der Französischen Revolution;  hatte großen Einfluss auf die Pädagogik und die politischen Theorien des 19. und 20. Jahrhunderts
28↑ materiell zerstörende Wirkung in Frankreich: gemeint ist wohl die revolutionäre, den Umsturz in Frankreich durch die Französische Revolution fördernde Wirkung Rousseaus in Frankreich
28↑ ideell-aufbauend in Deutschland: im Gegensatz zu den revolutionären Wirkungen Rousseaus in Frankreich haben seine Gedanken in Deutschland keine unmittelbar praktische, bzw. revolutionäre Wirkung in Deutschland, sondern beeinflussen vor allem die Geitesgeschichte, den aufklärerischen Diskurs
30 Plutarch»Plutarch: (griechisch: Πλούταρχος, lateinisch: Plutarchus; * um 45 in »Chaironeia; † um 125) griechischer  Schriftsteller und Verfasser zahlreicher biographischer und philosophischer Schriften; in seinen Parallelbiographien stellt er jeweils die Lebensbeschreibung eines Griechen und eines Römers vergleichend einander gegenüber, was u. a. die Gleichwertigkeit griechischer und römischer Kultur beweisen soll
31↑»Solon: (griech. Σόλων (* wohl um 640 v. Chr. in Athen, † vermutlich um 560 v. Chr.), griechischer Lyriker und athenischer Staatsmann; führt ihn Athen Reformen durch und gibt Athen dabei eine neue Verfassung (Solonische Reformen)
32 sagenhafter Gründer Roms: nach der Sage von »Romulus am 21. April 753 v. Chr.  gegründet; dabei bringt er  seinen Zwillingsbruder »Remus um, als sich dieser über die von Romulus errichtete Stadtmauer lustig macht; Romulus und Remus der Sage nach Kinder des »Mars mit der »Vestalin »Rhea Silvia; der Sage nach werden die Zwillinge auf dem »Tiber ausgesetzt, von einer Wölfin gesäugt und dann von dem Hirten Faustulus am Velabrum unterhalb des »Palatin gefunden und aufgezogen.
33↑ »Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. in Rom; † 15. März 44 v. Chr. in Rom), römischer Staatsmann, Feldherr und Autor; entstammt der Patrizierfamilie der »Julier; nach Absolvierung der Ämterlaufbahn Bündnis mit dem reichen »Marcus Licinius Crassus und dem erfolgreichen Militär »Gnaeus Pompeius Magnus im Jahr 59 v. Chr. und  Konsulat; dann »Proconsul in den nördlichen Provinzen Illyrien und Gallia Cis- und Transalpina; von dort aus Eroberung ganz Gallien bis zum Rhein in den Jahren 58–51 v. Chr.; setzt sich im anschließenden römischen Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.), gegen seinen ehemaligen Verbündeten Pompeius und dessen Anhänger durch und führt als Alleinherrscher das Ende der römischen Republik herbei; Tod durch ein Attentat nach seiner Ernennung zum Diktator auf Lebenszeit; Name Caeasr wird danach zum Bestandteil des Titels aller nachfolgenden Herrscher des römischen Kaiserreichs. In der römischen »Spätantike und im »Byzantinischen Reich bezeichnete der »Titel „Caesar“ einen Mitherrscher. In den entlehnten Formen Kaiser und Zar wurde der Name später auch zum Titel der Herrscher des »Heiligen Römischen, des Bulgarischen und des Russischen Reiches.
34 Triumvirn: Mitglieder eines »Triumvirats, einer Dreimännerherrschaft im antiken Rom; 1. Triumvirat: inoffizielles Bündnis zwischen »Gaius Iulius Caesar, »Gnaeus Pompeius Magnus und »Marcus Licinius Crassus um 60 v. Chr., das 56 v. Chr. erneuert wird; 2. Triumvirat: zur Sicherung des Erbes von Caesar nach dessen Ermordung von zwischen »Octavian, »Marcus Antonius und »Marcus Aemilius Lepidus 43 v. Chr. auf fünf Jahre geschlossenes Bündnis;
35↑ stilisiert: vereinfacht
36↑ Redner der französischen Revolution: dazu zählen u. a. »Georges Danton (1759-1794), »Camille Desmoulins (1760-1794), »Jean-Paul Marat (1743-1793), »Maximilien Robespierre (1758-1794), »Jaques-Renè Hebért (1757-1794), »Emmanuel Joseph Sieyès (1748-1836, Abbè Sieyès)
37↑ »Napoléon Bonaparte (1769-1821): (als Kaiser von Frankreich: Napoleon I.; aus korsischer Familie stammend während der »französischen Revolution Karriere in der Armee (General); große Popularität durch seine Feldzüge in Italien und in Ägypten; als politischer Hoffnungsträger Durchführung des »Staatsstreichs vom 18. Brumaire und damit Machtübernahme in Frankreich; von 1799 bis 1804 als Erster Konsul der »Französischen Republik und anschließend bis 1814 »Kaiser der Franzosen; halbdiktatorisches Regime mit »plebiszitären Elementen vor; erobert in mehreren Feldzügen große Teile des kontinentalen Europas, nach Niederlage in seinem Feldzug gegen Russland (»Schlacht an der Beresina (26. bis 28. November 1812)gestürzt und auf die Mittelmeerinsel »Elba verbannt; von dort für »hundert Tage zurück an die Macht und in der »Schlacht bei Waterloo (Belgien) (18.6.1815) endgültig besiegt; danach bis zu seinem Lebensende auf die Südatlantikinsel »St. Helena verbannt.
38↑ »Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) (→): geadelt 1782 Dichter, Dramatiker, Theaterleiter, Naturwissenschaftler, Kunsttheoretiker und Staatsmann einer der bekanntesten Vertreter der Literaturepoche (Weimarer) Klassik.
39 Götz: »"Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" (1773); ein Schauspiel in fünf Aufzügen von »Johann Wolfgang von Goethe (vgl. Anm. 38);
40 Werther: »"Die Leiden des jungen Werthers" (1774); Briefroman von »Johann Wolfgang von Goethe (vgl. Anm. 38); darin erzählt der junge Rechtspraktikant Werther bis zu seinem Freitod über seine unglückliche Liebe zu der anderweitig verlobten "Lotte"; zweiter großer Erfolg Goethes nach seinem »Sturm und Drang-Drama »Götz von Berlichingen (1773) vgl. Anm. 39); Erstausgabe im Herbst 1774 zur »Leipziger Buchmesse und schnell Bestseller, der Goethe berühmt macht;  überarbeitete Fassung 1787.
41↑ »Johann Anton Leisewitz (1752-1806): deutscher Schriftsteller und Jurist; 1770-74 Jurastudium in Göttingen, dort 1774 Mitglied des »Göttinger Hainbundes; danach Jurist in Braunschweig; sein Trauerspiel "Julius von Tarent" (1776) findet die Anerkennung »Gotthold Ephraim Lessings (1729-1781) (vgl. Anm. 14), macht ihn als Autor bekannt und gilt  noch als eines der bedeutendsten Theaterstücke Literaturepoche des Sturm und Drang (1760-1785); 1801 Geheimer Justizrat und ab 1805 Präsident das Obersanitätskollegium;  nach seinem Tode Vernichtung seines gesamten literarischen Nachlasses (Testamentsverfügung)  ▲Werke von Johann Anton Leisewitz bei Zeno.org
42↑ »Friedrich Maximilian Klinger (1752-1831): deutscher Dichter und Dramatiker; sein Drama "Sturm und Drang" (1776) wurde namensgebend für eine ganze Literaturepoche des Sturm und Drang (1760-1785); zweites Kind des aus dem Odenwald stammenden Bauernsohnes Johannes Klinger; Vater stirbt früh; Besuch des Gymnasiums in Frankfurt, dort frühzeitig Kontakt mit »Johann Wolfgang von Goethe (vgl. Anm. 38), »Heinrich Leopold Wagner (vgl. Anm. 43) und »Jakob Michael Reinhold Lenz (vgl. Anm. 44), weitere bedeutende Werke der Sturm und Drang-Periode sind "Zwillinge" (Trauerspiel in fünf Aufzügen,1776)  und "Simsone und Grisaldo" (Schauspiel, 1776); in seinen Werken knüpfte er an dramaturgische Eigenheiten »William Shakespeares (vgl. Anm. 19) und an philosophische Ansichten »Jean-Jacques Rousseaus  (vgl. Anm. 27) an; Sie beinhalten sowohl gesellschaftskritische als auch starke gefühlsorientierte Momente; ▲Werke von Friedrich Maximilian Klinger bei Zeno.org
43↑ Heinrich Leopold Wagner (1747-1779): deutscher Schriftsteller der Literaturepoche des Sturm und Drang (1760-1785); Sohn eines Kaufmanns; Jurastudium in Straßburg; ab 1773 Hofmeister (Privatlehrer und Erzieher) in Saarbrücken; von 1776 an Anwalt in Frankfurt; Kontakte zu mehreren bedeutenden Schriftstellern des Sturm und Drang wie z. B. zu  »Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) (vgl. Anm. 38), »Friedrich Maximilian Klinger (1752–1831) (vgl. Anm. 42), »Jakob Michael Reinhold Lenz (1751–1792) (vgl. Anm. 44), »Christoph Kaufmann (1753–1795), »Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791) und Johann Friedrich Müller, »Maler Müller genannt, (1749–1825); wichtigstes Werk ist das erschienene »bürgerliche Trauerspiel "Die Kindermörderin" (1776) ein sozialkritisches Drama des des Sturm und Drang (1760-1785);  überarbeitet 1957 von »Peter Hacks . ▲Werke von Heinrich Leopold Wagner bei Zeno.org
44↑ »Jakob Michael Reinhold Lenz (1751–1792): deutscher Schriftsteller der Literaturepoche des Sturm und Drang; (1760-1785) Sohn eines pietistischen Pfarrers (vgl. Anm. 7) 1768-1770 Theologiestudium zunächst in Dorpat und dann in »Königsberg, wo er auch  Vorlesungen von »Immanuel Kant (1724-1804) hört und Schriften »Jean-Jacques Rousseaus (1712-1778) (vgl. Anm. 27) liest; erste eigenständige Buchveröffentlichung, das Langgedicht "Die Landplagen" (1769); nach Abbruch des Studiums in Straßburg Kontakt zu dem Juristen und Popularphilosophen »Johann Daniel Salzmann (1722-1812) und seinem dintellektuelle Zirkeln der »Société de philosophie et de belles lettres, in dem auch der junge »Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) (vgl. Anm. 38) verkehrte; weitere Bekanntschaften mit dem Augenarzt und Schriftsteller »Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) und über Goethe Kontakt zu dem deutschen Dichter und Geschichts- und Kultur-Philosophen der »Weimarer Klassik »Johann Gottfried Herder (1744-1803) und dem Schweizer Pfarrer, Philosoph und Schriftsteller »Johann Kaspar Lavater (1741-1801), mit denen er korrespondierte; verliebt sich unglücklich in »Friederike Brion (1752-1813), die ehemalige Geliebte Goethes;  lebt ab 1774 als »freier Schriftsteller; bekannteste Werke: »"Der Hofmeister, oder Vorteile der Privaterziehung. Eine Komödie" (Drama, 1774); »Die Soldaten. Eine Komödie (Drama, 1776) ▲Werke von Jakob Michael Reinhold Lenz bei Zeno.org
45↑ exaltiert: aufgeregt, überspannt
46↑ Romantiker: Autoren und Dichter der Literaturepoche »Romantik (1795-1848)

(Quelle der Wort- und Sacherklärungen überwiegend mit Hilfe von www.wikipedia.de - mit "»" gekennzeichnete Begriffe verweisen auf die entsprechenden Seiten der Internet-Enzyklopädie.)

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 03.11.2023

    
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie heraus, welche geistesgeschichtlichen und allgemein gesellschaftlichen Faktoren nach Ansicht des Autors eine bestimmte "Empfindungsweise" ausbilden, die die zeitgenössische Rezeption der "Räuber" bestimmt hat.
    Welche Bedeutung gibt er in diesem Zusammenhang Klopstock, Lessing, Shakespeare, Rousseau und Plutarch? - Erläutern Sie an Beispielen ihrer Werke, die vom Autor gemachten Aussagen.

  2. Die Autoren der Literaturepoche des Sturm und Drang kommen in den Ausführungen von Schnatz im Allgemeinen nicht gut weg.
    Was wird ihnen vom Autor vorgehalten?
    Überprüfen Sie die Aussagen, indem Sie einzelne Beispiele aus den Werken dieser Autoren heranziehen.
    Wie sieht der Autor Schillers Verhältnis zum Sturm und Drang?

  3. Visualisieren Sie Ihre Ergebnisse in einer anschaulichen Art und Weise.

 
   
 

 
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