In •
Fabeln
können grundsätzliche alle möglichen Dinge, Figuren und Wesen auftreten,
sofern sie der • globalen
Anthropomorphisierung, wie sie die
Textsorte
auszeichnet, unterworfen sind. In Tierfabeln sind es Tiere, die wie Menschen
agieren.
Wenn
im Alltag von einem "störrischen Esel"
die Rede ist, wird auf eine diesem Tier zugeschriebene Eigenschaft
verwiesen, die darin besteht, schlicht den Befehl zu verweigern. Auf etwas
anderes zielt hingegen die umgangssprachliche Redewendung "Der
Esel geht voran." Hier ist nämlich der Tölpel gemeint, der sich
irgendwo vordrängt und einer anderen Person nicht den Vortritt gewährt, der
ihr eigentlich gebührt. Durchaus gebräuchlich ist auch die Redensart "Wenn
man den Esel nennt", die scherzhaft zum Ausdruck bringt, dass eine
Person, über die gerade geredet wurde, überraschend dazukommt. Und wer mit
der Redensart "Der Esel nennt
sich selbst zuerst" getadelt wird, soll darauf aufmerksam gemacht
werden, dass er sich bei der Aufzählung mehrerer Personen zuerst nennt,
obwohl es höflich ist, erst die anderen Personen zu erwähnen. Weniger
bekannt dagegen dürften die beiden folgenden Redensarten sein: Mit "Jemanden
hat der Esel im Galopp verloren" scherzhaft gekontert werden, wenn
einer seinen Geburtstag nicht verraten will. Es kann aber auch gemeint sein,
dass man eine Person für ganz und gar indiskutabel hält. "Wenns
dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis [tanzen]" sagt aus, dass jemand
aus Übermut oder Selbstüberschätzung etwas wagt, was zu schwierig ist. Wer
allzu bereitwillig Aufgaben übernimmt, darf sich nicht wundern, wenn er von
allen immer mehr aufgebürdet bekommt, will die Redensart ausdrücken: "Wer
sich zum Esel macht, dem will jeder einen Sack auflegen", und: "Es
ist besser, den Esel zu treiben, als selber Säcke zu tragen." weist
wohl darauf hin, dass man besser jemanden anderen zur Arbeit antreibt, als
eine schwere Arbeit selbst zu verrichten. "Der
Esel geht nur einmal auf das Eis" bedeutet, dass ein Esel, der eine
schlechte Erfahrung gemacht hat, diese immer unter allen Umständen vermeiden
wird. "Ein Esel schimpft
den andern Langohr" sagt schließlich, dass sich nur dumme Leute
gegenseitig beschimpfen.
Im Mittelalter trug eine der Methoden, Menschen wegen kleinerer Vergehen
neben dem »Pranger
zur Schau zu stellen, den Namen »"Strafesel"
und war für die Betroffenen äußerst schmerzhaft. Aber der Esel war auch
Bezeichnung für einen als »Turniergesellschaft
auftretenden Ritterbund von Adeligen und Hochadeligen im 14./15.
Jahrhundert, die sich "Der Esel", "Zum Esel", "Turniergesellschaft zum
Esel“, "Ober-Esel" oder auch "Nieder-Esel" nannte.
In den zahlreichen Redewendungen und Redensarten über den Esel kommt zur
Sprache, was der Esel gemeinhin symbolisiert.
Der
Esel ist
dumm, steht als Symbol ferner für sexuelle Triebhaftigkeit und wird mit
Demut und Geduld in Verbindung gebracht. (Metzler
Lexikon literarischer Symbole 2008, S.88f.) Diese Symbole kommen wohl
von bestimmten Körpermerkmalen wie z. B. den langen Ohren, seinem
ausgesprochen großen Penis und seine vorstehenden Oberlippen. Ferner mag der
übergroße Kopf einen Rolle spielen, sein markerschütterndes Schreiben, seine
relativ unempfindliche Haut und sein ausgeprägtes Rückenkreuz. (vgl.
ebd.)
Schon in der griechischen Mythologie wird dem Esel vollkommene Amusikalität
nachgesagt, was diesen allerdings in seiner Dummheit nicht davon abbringt,
auf allen möglichen Instrumenten zu musizieren oder Gesangeinlagen
abzugeben. Als Symbol
künstlerischen Unverstandes ist der Esel, häufig mit einer Harfe
dargestellt, als Plastik auch an mittelalterlichen Kirchen zu finden, was
ihn letzten Endes sogar zu einer "Motivfigur der verkehrten Welt (Karneval)"
(ebd.)werden
lässt. Später wird der Esel als
Symbol der Dummheit, aber auch gelehrter Unwissenheit und Ignoranz
zu einer festen Größe in satirischen Darstellungen jedweder Art.
Sein verhältnismäßig großer Penis bringt, macht den Esel schon in der Antike
zu einem Phallus-Symbol und damit zu einem
Symbol der Triebhaftigkeit.
Zugleich wird ihm damit außerordentliche Potenz nachgesagt. Zugleich wird
der Esel mehr und mehr mit dem ganzen Bereich niederer Sinnlichkeit
verbunden, was zu einer Vielzahl negativ besetzter Vorstellungen in
verschiedenen Redensarten führt, darunter z. B. Starrsinn, Faulheit,
Eitelkeit oder auch Unvernunft. (vgl.
ebd.)
Im Christentum kommt aber auch eine ganz eine Sicht auf den Esel zustande.
Darin wird die Eselsymbolik positiv umgedeutet.. Hier steht er nämlich als
Symbol für Demut und Geduld.
Im Stall von »Bethlehem,
wo das »Christuskind
in der Krippe liegt, wird er gemeinsam mit dem Ochsen Symbol dafür,
"dass das »Heiden-
und Judentum, wen auch auf eine inferiore Weise, vom christlichen
Heilsgeschehen erfasst werden." (ebd.,
S.89) Und auch in anderen Bildern des Christentums spielt der Esel immer
wieder seine demütige Rolle, sei es als »Palmesel
oder als Reittier »Marias
auf der »Flucht
der »Heiligen
Familie
nach Ägypten. Im Gefolge dieser Symboltradition konnte der Esel sogar zu
einem Symbol der Weisheit werden.
»Papstesel
- Der Eselskopf als Haupt der Kirche
1523 veröffentlichten »Luther
(1483-1546) und »Melanchthon
(1497-1560) gemeinsam eine Bilderkampfschrift von 15 Seiten, die den
Titel »Deuttung der czwo grewlichen Figuren Bapstesels czu Rom und
Munchkalbs zu Freyberg ynn Meysßen funden«, Wittemberg: Grunenberg, 1523 (VD
16 M 2989). Angeblich hat man laut einer Chronik aus dem Jahr 1515 ca.
zwanzig Jahre zuvor (1496) im Tiber, der durch Rom fließt, ein Ungeheuer
gefunden, das den Kopf eines Esels, den Leib einer Frau, an der
rechten Hand einen Elefantenrüssel, einen Adlerfuß und einen Ochsenfuß
besessen haben soll; am Hintern soll zusätzlich ein bärtiges Männergesicht
gewesen und der Schwanz des Monstrums habe als Schlangenkopf geendet. Auch
wenn die Darstellung dieses Ungeheuers eigentlich nicht satirisch gemeint
war, sondern wie ein »Prodigium
in der zeitgenössichen Flugblattliteratur, wird die Figur doch "durch
Raum-Chiffren nach Rom
okalisiert: Im Hintergrund am einen Ufer des Tiber
die »Engelsburg
mit der päpstlichen Fahne, am anderen die »Torre
di Nona." (Schweizerische
Gesellschaft für Symbolforschung: Karikaturen, 3.11.2013) Der Stich
selbst, der wahrscheinlich von »Lukas
Cranach d. Älteren (1472-1553) stammt, wurde zwischen 1523 und 1535
etliche Male umgezeichnet und abgedruckt.
"Neu ist der polemische Text. Das Wesen sei – richtig gedeutet – ein Hinweis
Gottes auf den Untergang des Papsttums. Luther und Melanchthon
instrumentalisieren die gängige »Prodigienliteratur
(wonach Gott in solchen Missgeburten seine Meinung kundtut oder künftige
Ereignisse andeutet) für die politische Propaganda. Die einzelnen Gliedmaßen
werden wie bei den Lasterallegorien allegorisch gedeutet":
(ebd.)
Auffs
erst, bedeutt der Esels kopff den Bapst, denn die kirche ist ein
geystlicher leyb … Darumb sol und kan sie kein leyplich heupt … haben,
Sondern allein Christum, der ynnwendig im geyst durch den glauben in den
hertzen regirt …
Nu aber hat sich der Bapst selbs zu eußerlichem leyplichen heupt der
kirchen auffgeworffen. Darumb ist er durch disen esels kopff auff dem
menschlichen leybe bedeut. Denn gleich wie sich ein Esels kopff auff ein
menschen leyb reymett, so reymett sich auch der Bapst zum heupt uber die
kirche.
Auffs ander, die rechte hant ist gleich einem Elephanten fuß, bedeut
aber das geystlich regiment des bapsts, damitt er zutritt alle schwache
gewissen …
Auffs dritte, die lincke menschliche hand bedeut des bapsts weltlich
regiment. Denn wie wol sie keyns haben solten, … so hats der bapst doch
… zu wegen bracht, das er nicht allein weltlich regiment hatt mehr dann
kein konig, sondern ist auch datzu uber alles weltlich regiment der
uberst …
Auffs vierde, der rechte fuß ist ein ochssen fuß, bedeutt des
geystlichen regiments diener, die das Bapstum in solchem unterdrucken
der seelen erhalten und tragen: das sind die bepstliche lerer, prediger,
pfarrer und beychtvetter, sonderlich aber die Theologi Scolastici. …
Auffs funffte, der lincke fuß ist gleich wie ein greyssen klawe, bedeut
des weltlichen regiments diener, die Canonisten, … die selbst bekennen,
das die lieben Canones noch eyttel geytz stincken …
Auffs sechst, der weybisch bauch und brust bedeut des Bapsts corper, das
sind Cardinal, bischoff, pfaffen, munch, studenten und der gleichen hurn
volck und mast sew. …
Auffs sibent sind sich schuppen an den armen, beynen und hals unnd nicht
an der brust noch bauch, bedeutten die weltlichen fursten unnd herrn.
denn das meer yn der schrifft bedeutt dise welt fisch bedeutten die
weltliche menschen, wie sant Peters netz Christus selb deuttet … So
bedeutten die schuppen das ankleben unnd an hangenn, … Also haben
allzeit gehangen und hangen noch die fursten und herrn und was weltlich
ist am Bapst und seinem regiment.
Auffs achte, der alte mans kopff auff dem hindersten bedeut das abnemen
unnd ende des Bapstums, denn yn der schrifft deuttet das angesicht komen
und der rucke oder hinderst das weg gehn. …
Auffs neunde, der trach, der das maul aufz seynem hyndersten auffsperret
oder fewer speyet, bedeut die gifftigen grewlichen bullen und lester
bucher, die ytzt der Bapst und die seynen yn die wellt speyen, damit si
jederman fressen wöllen. …
Das zehende, das dißer Bapstesel zu Rom unnd nicht anderswo funden ist,
Bestettiget alle das vorige, das mans von keiner andernn herschafft
verstehn kan denn von der zu Rom. …
(zit. n.
(ebd.,
Hervorh. d. Verf.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
22.12.2023
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