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Sonett

Sonett und vierfacher Schriftsinn

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
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Allegorie
Allegorese am Beispiel von Andreas Gryphius »Abend«

Die ▪ lyrische Form des ▪ Sonetts wurde insbesondere in der frühen Neuzeit, in ▪ Renaissance und Humanismus sowie im ▪ Barock, immer wieder mit der ▪ Kompositionsfigur des vierfachen Schriftsinns gestaltet, bei dem die vier aufeinander aufbauenden Schritte zu einem vertieften Textverständnis in einer Argumentation idealerweise nacheinander auf die Strophen des Sonetts verteilt sind.

Der vierfache Schriftsinn als Kompositionsfigur des Sonetts in Renaissance und Humanismus und im Barock

Der vierfache Schriftsinn, der seit dem Mittealter das grundlegende Prinzip der gelehrten Auslegung der Heiligen Schrift (Bibel, Bibelexegese) war, spielt auch in der Literatur im Zusammenhang mit der Bedeutungskonstruktion und -rekonstruktion ihres Sinnes in Form der ▪ Allegorese eine entscheidende Rolle. Besonders wichtig war er in Epochen, die von der gelehrten Produktion von Dichtung besonders geprägt waren, wie die ▪ Renaissance und der Humanismus (1300-1600) sowie der ▪ Barock (1600-1720).

Ein Sonett in deutscher Sprache gestalten zu können, dazu mit dem vierfachen Schriftsinn als Kompositionsfigur, war eine der Möglichkeiten, mit denen die gelehrten Dichter, allen voran ▪ Martin Opitz (1597-1639), in einer Zeit, als die anspruchsvolle Dichtung in der deutschen Volkssprache sich noch schwertat, einen Platz neben der gelehrten neulateinischen Dichtung einnehmen zu können, die ▪ Kunstfähigkeit gerade auch der deutschen Sprache unter Beweis stellen konnten

Zu diesem vierfachen Schriftsinn gehören die Ebenen: wörtliche Bedeutung, typologische bzw. allegorische Bedeutung, moralische Bedeutung und heilsgeschichtliche Bedeutung.

Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, dass ein Text, in der Regel ein Bibeltext, mit den herkömmlichen philologisch-grammatischen Verfahren zwar "buchstäblich", also dem Wortsinn nach erfassbar ist. Zugleich enthalte er aber auch Aussagen, die theologisch erschlossen werden müssen. Während Laien gewöhnlich nur den Literalsinn, den buchstäblichen Wortsinn des Textes, verstehen könnten, quasi auf das Erzählte selbst beschränkt bleiben, kann ein entsprechend geschulter Gelehrter auch die weiteren drei geistlichen Sinnebenen des Textes erschließen.

Die Sonettform - wie gemacht für den vierfachen Schriftsinn

Auch wenn die ersten Sonette, die in Deutschland bekannt wurden, die Sonette von »Francesco Petrarca (1304-1374) und vor allem seine in Form und Gestalt als stilbildend geltende Liebeslyrik ( Petrarkismus) waren, erkannte man schnell, dass sich das Sonett auch vorzüglich dazu eignete, eine rhetorisch-argumentativ gestaltete Gedankenführung im Sinne der Lehre des vierfachen Schriftsinns in der weltlichen Lyrik umzusetzen.

Winfried Freund (1990, s.15f.) betont, dass der Aufbau der Sonettform in zwei Quartette und zwei Terzette "der argumentativen Gedankenführung nach dem vierfachen Schriftsinn wie keine andere lyrische Dichtart entgegen(kommt)." Dies entspricht auch der Auffassung, die sich in der frühen Neuzeit mehr und mehr zu verbreiten begann, als man dem Sonett, auch orientiert am Epigramm, begann, "eine syllogistische und pointenorientierte Disposition" (Borgstedt 2007a, S.448) zuzuschreiben.

  • Sie verteile die einzelnen hermeneutischen Schritte streng auf jeweils eine Sonetteinheit. So sei der Wortsinn (Literalsinn)  auf das erste Quartett, der allegorische Sinn auf das zweite und der moralische Sinn auf das erste Terzett verteilt. Das abschließende Terzett sei schließlich dem heilsgeschichtlich-anagogischen Sinn vorbehalten.

  • Die Zäsur zwischen den Vier- und Dreizeilern entspreche im wesentlichen der wachsenden Distanzierung vom Vordergründig-Irdischen.

  • Was das Verhältnis zwischen den verschiedenen Stufen betrifft, so gelte: "Entwickelt sich der allegorische Sinn noch ganz aus dem Wortsinn, so hebt der moralische Sinn schon von der Bindung an das Weltliche ab und bereitet die Transzendierung als Ziel des Argumentationsprozesses vor.

  • Auch die prosodische und klangliche Organisation des Sonetts entspreche der klaren und stringenten Gedankenführung im Aufbau des Sonetts.

  • Für diese Gedankenführung eigne sich der "breit ausladende Alexandriner, mit seinen zwölf Silben ungewöhnlich lang für eine Gedichtzeile".

  • Und auch der Reim steht im Dienst der Auslegung: "Die identischen Reimpositionen und die streng durchgeführte Zweireimigkeit in den Quartetten verweisen auf den Zusammenhang von Wortsinn und allegorischer Auslegung, auf die irdische Verknüpfung von Erscheinung und Wesen."

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August Wilhelm Schlegel (1767-1845): Das Sonett

Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 18.12.2021

 
 

 
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