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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
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Lieder
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Johann Karl Kell (1693-1726) war ein deutscher Dichte, der sowohl
geistliche Lyrik als auch vermutlich unter dem Pseudonym Le Pansiv
derb-erotische Studentenlyrik und vor allem auch Studentenlieder verfasste,
die "in den Hochschulkreisen seiner Zeit wegen [ihrer] Hemmungslosigkeit" (Bauer
1926, S. 170) äußerst populär waren. 1729 erschien sein Werk »Poetische
Grillen, bey müßigen Stunden gefangen anonym, das aus einer Sammlung
erotischer Sonette,
Epigramme,
Quodlibets und
Studentenliedern besteht. Das folgende Lied sollte nach der Melodie, "Cupido
bleibe mir vom Leibe etc.", die offenbar allgemein bekannt war, gesungen
werden. Derartige Lieder, "die das vom Trunk erregte Blut noch wilder durch
die Adern peitschte und zu Exzessen aufstachelte, stiegen denn auch [...] im
Schutze der Nacht auf Markt und Straßen, vor den Häusern mißliebiger Lehrer
oder Amtspersonen. [...] Auch bei Hochzeiten in Bürgerhäusern 'platzten'
noch immer Studentenhorden ein, 'schütteten schandbare Worte und Reden aus,
und brüllten unzüchtige Lieder' vor der Hochzeitsgesellschaft, wie es die
akademische Freiheit nun schon fast zwei Jahrhunderte sich erlaubt hatte." (ebd.,
S. 176
Cupido bleibe mir vom
Leibe etc. (1729)
Jungfer-Gesänge, wie solche von Jahren
zu Jahren von denen gerne Männer-haben-wollenden Jungfern gesungen werden.
Nach eigenem Geständnisz einer
50-jährigen Jungfer.
[Cupido bleibe mir vom Leibe etc.]
Nach voriger Melodie.
Ein
Mägdgen kaum von vierzehn Jahren
Ficht schon die Männer Sehnsucht an;
Drum wünscht sie täglich
sich zu paaren,
Und singt: »Ach gebt mir einen Mann,
Der mir fein sanfft das Leibgen drücke,
Denn meine Jungferschafft
ist pflücke!«
Sind
sechzehn Jahre erst vergangen,
So brennt das Mägdgen lichterloh,
Und singt vor brennendem Verlangen:
(Ihr lieben Jungfern ists nicht so?)
»Will noch kein Mann mir
Löschung gönnen?
Ach soll ich armes Ding verbrennen!«
Sind
zwantzig Jahre ran gekommen
So seufftzt das Mägdgen Tag und Nacht,
Bis ihr die Jungferschafft benommen,
Die ihr die Nächte schlaflos macht.
Sie singt: »Ach komm ein Mann noch heute!
Sonst geh ich selber auf die
Freyte.«
Kömmts
dreyß'gste Jahr schon angetreten,
So fleht sie den Sanct Andräs an,
Den sie pflegt kniend anzubeten,
Und singt: »Ach gieb mir einen Mann,
Den ich im Bette kan umarmen;
Sanct Andräs, laß dichs doch erbarmen!«
Hat sie
nun viertzig Jahr getragen
Das Centner-schwere Jungfer-Joch,
Wird sie die Manns-Noth doch noch plagen;
Warum? der Kützel sticht sie noch;
Drum singt sie: »Will kein Mann mich
puntzeln?
Die Jungferschafft
bekömmt schon Runtzeln.«
Sind aber funfftzig Jahr
verflossen,
Wird die verschrumpffte
Jungferschafft
Mit Thränen-Wasser nun begossen;
Doch singt sie noch aus Leibes-Krafft:
»Ach komm ein Mann! ach komm
behende!
Wo nicht; so komm mein Lebensende.«
(aus: Anonymus, Poetische
Grillen bey Müßigen Stunden von Le Pansiv, Erfurt 1729, S ,252-254, online
verfügbar unter
http://www.zeno.org/nid/20004432347) - pd - gemeinfrei
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