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Bausteine zu Henrik Ibsen: Nora

Die Figurenkonzeption analysieren

 
FAChbereich Deutsch
Center-Map Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Henrik Ibsen [ Nora (Ein Puppenheim)
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Die dramatische Handlung und ihre Spannung wird in  Henrik Ibsens Drama ▪ Nora in hohem Maße von der Konzeption der beiden Hauptfiguren ▪ Nora und Helmer getragen.

Figurenkonzeption in dramatischen Texten sind stets historisch bedingt und hängen von Menschen- und Weltbildern ab. Wenn man sie analysieren will, kann man dies auf der Basis der nachfolgend dargestellten Kategorien tun.


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Hier sollen die beiden Figuren Nora und Helmer unter dem Blickwinkel statischer oder dynamischer Figurenkonzeption betrachtet werden.

Statisch oder dynamisch?

Statisch

  • bleibt sich während des ganzen Textes gleich

  • verändert sich nicht

  • allerdings: kann sich Eindruck der Figur auf den Zuschauer verändern

  • in Komödie recht häufig, um Komik bei zu flexiblem Verhalten unfähigen Figuren zu erzeugen

  • Nebenfiguren häufig statisch konzipiert

Dynamisch

  • verändert sich kontinuierlich oder sprunghaft

  • in Tragödie recht häufig - wenngleich meist zu spät eintretende Verhaltensänderung

  • Hauptfiguren oft dynamisch konzipiert

(vgl. Pfister 1977, S.241-250)

Szenenanalyse (III,5)

Die 5. Szene des III. Aktes eignet sich in besonderer Weise zur Analyse der Figurenkonzeption mit den obigen Kategorien. (reclam Ausgabe, 1951/1981, Übersetzung von Richard Linder)

HELMER. Du sprichst wie ein Kind. Du verstehst die Gesellschaft nicht, in der Du lebst.

NORA. Ich verstehe sie nicht - allerdings. Aber jetzt will ich sie mir näher ansehen. Ich muß dahinter kommen, wer recht hat, die Gesellschaft oder ich.

HELMER. Du bist krank, Nora; Du hast Fieber; ich glaube gar, Du bist von Sinnen.

NORA. Ich habe noch nie so klar und sicher empfunden, wie jetzt.

HELMER. Und klar und sicher gehst Du von Deinem Gatten und Deinen Kindern?

NORA. Ja, das tue ich.

HELMER. Dann ist nur noch eine Erklärung möglich.

NORA. Welche?

HELMER. Du liebst mich nicht mehr.

NORA. Ja, das ist es eben.

HELMER. Nora! - Und das sagst Du so?!

NORA. Es tut mir bitter weh, Torvald; denn Du bist immer so gut zu mir gewesen. Aber was ist da zu machen?! Ich liebe Dich nicht mehr.

HELMER (mit mühsam erkämpfter Fassung.) Ist das auch eine klare und sichere Überzeugung?

NORA. Eine ganz klare und sichere Überzeugung. Das ist der Grund, warum ich nicht länger hier bleiben will.

HELMER. Und kannst Du mir auch erklären, wodurch ich Deine Liebe verscherzt habe?

NORA. Ja, das kann ich. Es war heut abend, als das Wunderbare nicht kam; und da sah ich, daß Du nicht der Mann bist, für den ich Dich gehalten hatte.

HELMER. Sei deutlicher; ich verstehe Dich nicht.

NORA. Acht Jahre lang habe ich geduldig gewartet; denn, du lieber Gott, ich sah ja ein, daß das Wunderbare nicht wie ein Alltägliches kommen könne. Dann brach das Verderben über mich herein; und nun war ich unerschütterlich fest davon überzeugt: jetzt kommt das Wunderbare. Als Krogstads Brief draußen lag, - da dachte ich auch nicht einen Augenblick, Du könntest Dich den Bedingungen dieses Menschen fügen. Ich war fest überzeugt, daß Du ihm entgegnen würdest: tu es nur der ganzen Welt kund! Und wenn das geschehen -

HELMER. Nun, und -? Wenn ich meine eigene Frau dem Schimpf und der Schande preisgegeben hätte -?

NORA. Wenn das geschehen wäre, so glaubte ich felsenfest - dann würdest Du hervortreten und alles auf Dich nehmen und sagen: ich bin der Schuldige.

HELMER. Nora -!

NORA. Du meinst, ich hätte ein solches Opfer niemals von Dir angenommen? Natürlich nicht. Aber was hätten meine Versicherungen gegenüber den Deinen gegolten? - Das war das Wunderbare, worauf ich in Angst und Bangen gehofft habe. Und um das zu verhindern, hätte ich meinem Leben ein Ende gemacht.

HELMER. Mit Freuden würde ich Tag und Nacht für Dich arbeiten, Nora, - für Dich Kummer und Sorge ertragen. Aber es opfert keiner seine Ehre denen, die er liebt!

NORA. Das haben hunderttausend Frauen getan!

HELMER. Ach, Du denkst und sprichst wie ein unvernünftiges Kind.

NORA. Mag sein. Aber Du, Du denkst weder, noch sprichst Du wie der Mann, an den ich mich anschließen könnte. Als sie vorüber war, - Deine Angst - nicht vor dem, was mir drohte, sondern vor dem, was Dich selber treffen könnte, als alle Gefahr vorbei war, - da tatest Du, als ob nichts geschehen wäre. Genau so wie sonst war ich wieder Deine kleine Lerche, Deine Puppe, die Du fortan doppelt vorsichtig auf Händen tragen wolltest, weil sie so schwach und zerbrechlich wäre. (Steht auf.) Torvald, in dem Augenblick kam ich zu der Erkenntnis, daß ich hier acht Jahre lang mit einem fremden Manne zusammen gehaust, und daß ich drei Kinder mit ihm gehabt hatte -. O, nicht daran denken darf ich! In tausend Stücke könnte ich mich zerreißen.

HELMER (schwermütig.) Ich sehe, ich sehe. In der Tat, - zwischen uns hat sich ein Abgrund aufgetan. - Aber, Nora, sollte er sich nicht überbrücken lassen?

NORA. So wie ich jetzt bin, bin ich keine Frau für Dich.

HELMER. Ich habe die Kraft, ein anderer zu werden.

NORA. Vielleicht, - wenn Dir die Puppe genommen wird.

HELMER. Eine Trennung - eine Trennung von Dir! Nein, nein, Nora, - den Gedanken kann ich nicht fassen.

NORA (geht rechts hinein.) Um so entschiedener muß es geschehen. (Sie kommt mit Hut und Mantel zurück und trägt eine kleine Reisetasche, die sie auf den Stuhl am Tische stellt.)

Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 04.03.2024

    
   Arbeitsanregungen
  1. Notieren Sie 5 verschiedene Veränderungen, die Helmer an sich, seinem Verhalten und seinen Einstellungen vornehmen müsste, um den "Abgrund" zu überbrücken. Erläutern Sie diese.

  2. Wie beurteilen Sie die Chancen einer solchen Verhaltensänderung im konkreten Fall und im Allgemeinen?

 
 
 

 
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