Schon bei ihrer ersten Begegnung fällt
Nathan,
als ihm der
Tempelherr
seinen (vermeintlichen) Namen, Curd von Stauffen, mitteilt
(II,7
V 1374), eine ausgesprochene Ähnlichkeit in Gestalt, Habitus und Stimme
zwischen dem Tempelherrn und Wolf (von Filnek) auf (ebd.
V 1391), der wie sich erst später im Verlauf der Dramenhandlung
herausstellt, ein zum Christentum übergetretener und bei Askalon ums Leben
(IV,7 V 2986) gekommener Bruder von Sultan
Saladin ist. (V,8
V 3829f.)
In seinem kurzen Monolog, den er nach dem Abgang des
Tempelherrn spricht, deutet Nathan, indem er den Namen Filnek in diesem
Zusammenhang ins Spiel bringt
(II,7
V 1339), - wohl auch als Signal für das Publikum - an, dass eine noch
aufzuklärende Verbindung zwischen den Namen Filnek und Stauffen besteht.
Zwar lässt er sich vom Tempelherrn ein wenig mit dem Hinweis verunsichern,
dass schon mehrere Mitglieder der Adelsfamilie von Stauffen, darunter auch
sein Vater, in Palästina ihr Leben gelassen hätten ("hier
faulen des Geschlechts schon mehrere" ,
ebd. V 1378).
Dadurch freilich, dass sich der Tempelherr dabei
verspricht ("mein
Oheim selbst, - mein Vater will ich sagen -"
V 1379) scheint Nathan aber doch gewillt, die eigene Skepsis, diese
Zusammenhänge vielleicht doch nur herbeikonstruiert zu haben, überwindet und
der Sache auf den Grund gehen will. Wie er dies indessen bewerkstelligen
möchte, wird von ihm nicht ausgeführt, lediglich eine Bemerkung gegenüber
Daja (IV,6),
mit der er seine Haushälterin, die ihn drängt einer Heirat zwischen Recha
und dem Tempelherrn zuzustimmen, zeigt, dass er hofft, das Ganze binnen
weniger Tage aufklären zu können. Dabei will er behutsam vorgehen, um, falls
sich sein "Verdacht", über dessen Inhalt der Zuschauer auch an dieser Stelle
noch im Unklaren belassen wird, als grundlos herausstellen könnte. In einem
solchen Falle sieht er, wie er an den Zuschauer gerichtet (ad spectatores)
ausführt, die gerade erst geschlossene Freundschaft mit dem Tempelherrn
Vertrauensverhältnis zu dem jungen Tempelherrn ebenso in Gefahr.
Weit
schwerer aber wiegt für ihn wohl die Befürchtung, er könne durch ein nicht
von Beweisen gestütztes Vorgehen seine väterliche Beziehung zu Recha damit
aufs Spiel setzen. (IV,6)
...