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Bausteine zu Lessing: Nathan der Weise - 3. Akt: Szene 7

Interpretationsansätze im Überblick

III,7 - Nathans Antwort für Saladin. Die Ringparabel


FaChbereich Deutsch
Glossar Literatur Literarische Gattungen Dramatische Texte Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise
teachSam-YouTube-Playlist Überblick Gesamttext (Recherche-/Leseversion) Entstehungsgeschichte Historischer Hintergrund  Aufbau des Dramas Handlungsverlauf Inhalt Akte Inhaltsüberblick (I,1 - V,8) Szenenüberblick Akt-/Szenenschema 1.Akt 2. Akt [ Dritter Akt  Inhaltsüberblick Szenenüberblick III,1 III,2 III,3 III,4 III,5 III,6 [ III,7 Nathans Antwort für Saladin. Die Ringparabel  Text III,7 Aspekte der Szenenanalyse Bausteine ] III,8 III,9 III,10 Bausteine  ] 4. Akt 5. Akt Orte der Handlung Bausteine Wichtige Motive ▪ Figurenkonstellation ▪ Figurenkonzeption ▪ Einzelne Figuren ▪ Sprachliche Form (Blankvers) ▪ Rezeptionsgeschichte ▪ Textauswahl ▪ Portfolio ▪ Klassenarbeiten / Klausuren ▪ Links ins Internet ▪ Bausteine Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

Für die Ringparabel (III,7) gibt es hauptsächlich vieri Interpretationsansätze:

  1. Biographischer Ansatz:
    Ringparabel als Beitrag Lessings im Rahmen seiner Auseinandersetzungen mit dem Hamburger Hauptpastor Goeze (vgl. Fragmentenstreit)

  • Goezes Positionen: Bibel ist unmittelbare Offenbarung Gottes, Christentum kann daher automatisch den Anspruch auf Wahrheit erheben

  • Lessings Position: Bibel ist keine Gotteswerk, sondern Werk von Menschen, historisch-philosophische Kritik und Auslegung nötig; Wahrheit der Bibel ist objektiv nicht nachweisbar

  1. Geistesgeschichtlicher Ansatz:
    Ringparabel als poetisches Votum für allgemein tolerante und undogmatische Religionsausübung und für allgemeine Denkfreiheit (vgl. Aufklärung)

    Für Eibl (1981, S.20) gibt der Richter die Empfehlung "jeder Religion zu folgen, als ob sie die wahre wäre", ohne dass die Konkurrenz der Kulturen, zu denen sie gehören, um die Verwirklichung des Guten damit aufgehoben wäre. "Der Dichter", so Eibl, " fordert damit ein radikales Umdenken, weg vom Begründungsdenken, hin zum Bewährungsdenken. Denn mögen Traditionen auch nicht bis hin zu »Speis und Trank« begründbar und im Sinne solcher kausaler Herleitung rational zu legitimieren sein, so haben sie doch eine rational zu rechtfertigende Aufgabe. Des Richters Rat besteht darin, den Wahrheitsentscheid auf sich beruhen zu lassen und die wechselseitigen Herrschaftsansprüche zu suspendieren, das Herrschaft durch historische Herleitung nicht legitimiert werden kann; wenn, in »über tausend Jahren«, irgendein Entscheid getroffen werden kann, dann nur auf Grund der Wirkung der Ringe, d.h. auf Grund der Humansierungs- und Integrationskraft, die einer Tradition innewohnt und die beim Streit um die historische Legitimation ganz in Vergessenheit geraten war, ja, sich in ihr Gegenteil verkehrt hatte." 

  2. Religionsphilosophischer Ansatz
    Kuschel (1998) verweist auf inhaltliche Parallelen zwischen der Ringparabel und Aussagen des Koran über die Vielfalt der Religionen. So zieht der die 5. Sure des Koran heran, in der ein Nebeneinander der Religionen gutgeheißen werde und zugleich von  "Juden und Christen (wenn sie nun einmal nicht Muslime werden können)" verlangt werde, "sich an die Tora und das Evangelium zu halten." Schließlich werde "Gott sie im Endgericht nach ihrer Schrift beurteilen, und nicht danach, ob sie Muslime geworden sind". (Kuschel 1998, S.320,  zit. n.. Fick 2010, S.491)

    Wenn der Richter in Lessing Ringparabel, die streitenden Brüder auffordere, in praktischer Liebe die "»Echtheit«, d. i die »Wahrheit«, ihrer Religion zu »beweisen«" (Fick 2010, ebd.), könne dazu auch eine Parallelstelle aus dem Koran (Sure 5,48) herangezogen werden, in der es heißt: "Und so Allah es wollte wahrlich Er machte euch zu einer einzigen Gemeinde; doch will Er euch prüfen in dem, was er euch gegeben. Wetteifert darum im Guten. Zu Allah ist eure Heimkehr allzumal, und Er wird euch aufklären, worüber ihr uneins seid." (zit. n. ebd.)

    Auf diese Weise finde nach Ansicht Ficks (2010, S.491.) die These Kuschels (1998), Lessing lasse im "Nathan" vor allem den Islam zu Wort kommen, in Kuschels Auslegung der Wendung »Ergebenheit in Gott« ihren Schlussstein. Kuschel lese nämlich daraus die Anerkennung des Islam heraus, zumal der Begriff Islam auf Deutsch schließlich »Ergebenheit in Gott« bedeute.

  3. Fricke/Zymner (1993, S.277) sehen in der Möglichkeit von bestimmten inhaltlichen Elementen des Erzähltextes auszugehen, einen weiteren möglichen Interpretationsansatz. Ansatzpunkte sind der Opal, der Künstler und die Zahl der Ringe.

    Nach Ansicht des Richters müssen insgesamt vier Ringe vorhanden sein, da offenbar keiner der von den Söhnen getragenen Ringe die Eigenschaften des Wunderringes zur Geltung bringen kann. In diesem Sinne sind sie "betrogene Betrieger".

    Der Künstler gibt dem Vater drei vollkommen gleiche Ringe zurück, die auch vom Vater nicht mehr unterschieden werden können.

    Der Edelstein Opal aber, der im Originalring gefasst ist, ist als einziger Edelstein nicht künstlich herstellbar, was dem Künstler aber raffend und aussparend unterstellt wird. Drei gleiche Opale gibt es aber nicht. Daher müssen alle drei Ringe "unecht" sein. Dies ist für das zeitgenössische Publikum Lessings klar.
    "Ist also der Künstler der Betrüger, besitzt der Künstler den echten Ring - und nach der Uneigentlichkeit der Parabel kann man sich fragen: Besitzt nun der Künstler (und nur der Künstler) den rechten Glauben, die wahre Religion? Die Ringparabel gibt auf diese versteckte Frage keine Antwort; und im einbettenden Dialograhmen der Ringparabel wird diese Frage nicht angesprochen, weil Nathans Überredungskünste den Sultan Saladin über die anschauende Erkenntnis zu einer Art von Antwort führen - nicht jedoch zur einzig möglichen: die Ringparabel schließt die Interpretation eben auch nicht aus, eine poetische und besonders listige Kunst-Apotheose zu sein."  (Fricke/Zymner (1993, S.278)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

 
 

 
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