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Heßling und die Frauen 

Agnes, Guste und Käthchen


Die Beziehungen von Diederich Heßling zu den Frauen Agnes, Guste Daimchen und Käthchen Zillich in Heinrich Manns »Der Untertan« können nach Monika Hummelt-Wittke (1988) mit folgenden Interpretationsansätzen betrachtet werden:

Beziehung zu Agnes

  • Kapitel als "Tauglichkeitsprobe" des Untertans

  • wichtige Rolle für die Sozialisation des Untertans

  • alternative Entwicklungsmöglichkeiten des Untertans

  • Kunst- und Naturszenen zeigen, dass Agnes ihm neue Einsichten über die Welt ermöglicht: Natur und Kunst als Gegenwelt zur Welt des Untertans (Naturtopos: Ehrlichkeit, Unverdorbenheit, Echtheit)

  • Natur für Untertan nur utopische Idylle, Naturerleben als klischeehaftes Ventil für gelegentliche sentimentale Anwandlungen

  • innere Gespaltenheit Diederichs bestimmt sein Verhältnis zu Agnes

  • Diederich von Agnes gleichzeitig angezogen und abgestoßen

  • In Rivalität mit Mahlmann als Nebenbuhler ambivalente Beziehung des Untertans zur Macht erkennbar (Kompensation eigener Schwäche durch Umlenkung der Aggression [Verschiebung, d. Verf.]

  • Auslösung bis dahin dem Untertan fremder Gefühle und Verhaltensweisen

  • Agnes verkörpert echtes menschliches Gefühl, das wiederum spontane Empfindungen von Diederich möglich macht

  • Parallelitäten Agnes - Diederichs Mutter (Weichheit); Agnes/Mutter als Verkörperung einer irrationalen Gefahr für die männliche Weltordnung;

  • zwiespältiges Verhältnis zu Erotik und Sexualität : Verachtung von Agnes als Ausdruck der Bekämpfung der eigenen Triebe

  • Liebesszenen mit Agnes legen das Grundmuster von Diederichs Verhalten bloß: spontanes Handeln auf der einen, nachträgliche, dieses Handeln meist abwertende Reflexion und dessen Umdeutung in den Normen und Wertorientierungen der bürgerlichen autoritären Gesellschaft

  • verinnerlichte Nomen der autoritären Gesellschaft werden letztlich nur zur Verschleierung tatsächlicher Verhältnisse, Motive und Handlungsweisen der Gesellschaft bzw. des Untertans selbst eingesetzt

Guste Daimchen und Käthchen Zillich

  • Diederich Heßling kann in diesen Beziehungen seine ökonomischen Interessen, seine Machtbesessenheit und seine sexuelle Triebbefriedigung miteinander verknüpfen

  • äußere Ähnlichkeiten und ähnliche Verhaltensformen der beiden Frauen (resolut, burschikos, kokett, obszön)

  • Verhalten erzeugt bei Diederich Unterlegenheitsgefühle, dadurch auch Respekt

  • durch Reaktionsbildung Anerkennung ihrer Überlegenheit im sexuellen Bereich, sadomasochistische Bindung

  • in sexueller Beziehung zu Guste wird erneut die ambivalente Beziehung des Untertans zur Macht sichtbar: zeitweise Umkehrung der Strukturen der autoritären Gesellschaft im Dienste sadomasochistischen Lustgewinns

  • Frau mit der ihr zugeordneten Sexualität verkörpert Bedrohung der patriarchalischen Weltordnung

  • Bordellbesuche bei Käthchen Zillich dienen der Kompensation seiner sexuellen Unterwerfung unter Guste, sowie der Erhöhung des Sozialprestiges

  • Bordellbesuch als Reiz des Verbotenen, geheimer Wunsch zum Rütteln an den Grundfesten der Macht, die allerdings im Rahmen einer gesellschaftlich akzeptierten Institution (Prostitution) kanalisiert,

  • Zwiespältigkeit des Untertans: gesellschaftlicher Aufstieg nur möglich durch Triebverzicht, Frau lediglich Mittel zum gesellschaftlichen Aufstieg

  • gesellschaftlich unterschiedlicher Status, bei objektiv gleichartigem Verhalten (offene vs. verdeckte bzw. legitimierte Prostitution: Ehe als Geschäft)

(vgl. Monika Hummelt-Wittke, Heinrich Mann, Der Untertan: Interpretation; 2., unveränd. Aufl., München 1988, (= Oldenbourg-Interpretationen; Bd. 22) S. 43 -51)

     
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