▪
Methodenrepertoire zur
szenischen Erarbeitung von Dramentexten
▪
Expositionsanalyse
als produktive Textarbeit
▪
Strukturen dramatischer Texte
▪
Analyse einer dramatischen Szene im Überblick
▪ Zeitgestaltung
▪ Wissensunterschiede
▪
Exposition im Drama der
geschlossenen Form
▪
Allgemeine Expositionsanalyse
▪
Analyse einer dramatischen Szene
▪ Exposition der Vorgeschichte
im 1. Akt (präteritaler Expositionsbezug)
Im Gespräch zwischen
▪
Maria Stuart und ihrer Amme
▪
Hanna Kennedy in ▪
Szene I,4 in
▪
Schillers
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Drama »▪
Maria
Stuart« erfüllt eine wichtige Aufgabe bei der
Exposition des Dramas.
Im Unterschied zu dem Gespräch über die jüngere Vorgeschichte zuvor
zwischen Maria Stuart und Amias Paulet, die zur Inhaftierung Maria Stuarts
in England geführt hat, kommt in dieser Szene die weiter zurückliegende
Vorgeschichte Maria Stuarts zur Sprache, von ihrer Kindheit bis hin zu
ihrer zu ihrer Flucht aus Schottland.
Wie schon in der ersten Szene ist es auch hier die sog.
Domestikenperspektive, die Betrachtungsweise von Hanna Kennedy, die - hier
allerdings in Gegenwart von Maria - in einem allerdings nur mühsam
dialogisierten Monolog ihre Sicht der Dinge darstellt. Dass die beiden
Frauen gerade zu diesem Zeitpunkt in dieser Ausführlichkeit darüber ins
Gespräch kommen, ist kaum plausibel und ebenfalls nur schwach motiviert.
Marias Eingeständnis ihrer Schuld
Den Jahrestag der Ermordung ihres vorletzten Mannes Darnley, an dem die
Dramenhandlung sich vollzieht, begeht Maria mit Buße und Fasten. Er lässt
in Maria angstvolle Bilder aufsteigen. Sie fühlt sich nämlich wegen ihrer
Schuld an der Ermordung Darnleys von dessen "blut'gen Schatten [...] / Der
zürnend aus dem Gruftgewölbe steigt" (I,4 - V.272f.) zurecht bis an
ihr Lebensende verfolgt.
Dabei mildere die Tatsache, dass sie nicht selbst
den Mordauftrag erteilt habe, in ihren Augen keineswegs die auf ihr
lastende Schuld. Durch ihre Mitwisserschaft, das Gewährenlassen der Mörder
und noch viel mehr ihr aktives Zutun, Darnley "schmeichelnd in das
Todesnetz" zu locken (I,4 - V. 293), habe sie als junge Frau eine schwere
Schuld auf sich geladen, die irgendwann auch ihr blutiges Ende fordern
werde.
Hanna Kennedys gefühlvoll sentimentale Deutung von Maria Stuarts
Vergangenheit
Gegen die unter heftigen Selbstvorwürfen leidende Maria stellt Hanna
Kennedy, die als ihre Amme Maria von Geburt an kennt, ihre Sicht der Dinge
dar. Die Ausführlichkeit, mit der sie über die Kindheit, Jugend und die
verschiedenen Verfehlungen Marias in Schottland zu berichten weiß, weist
sie als enge Vertraute der schottischen Königin aus.
Ihr immer
warmherziges Verhältnis zu Maria lässt aber auch kritische Töne zu, wenn
es darum geht, bestimmte Verfehlungen Marias in der Vergangenheit, wie z.
B. insbesondere ihre Leidenschaft für Bothwell und deren Folgen
anzusprechen. Ihre Deutung ist Partei für Maria und zielt darauf, Maria
bei der Verarbeitung der Vergangenheit zu unterstützen.
Zugleich macht sie
klar, dass ihre schottischen, längst gebüßten und vergebenen Verfehlungen
einerseits und die unrechtmäßige Verfolgung Marias in England andererseits
ganz verschiedene Dinge sind. Diese könnten weder von einer zu selbstzerstörerischer Melancholie tendierenden Maria noch von ihren
englischen Anklägern miteinander vermengt werden.
Die weiter zurückliegende Vorgeschichte aus Sicht Kennedys
- Die Fakten
-
Maria hat – selbst als Königin - Darnley zur Königswürde verholfen
(I,4 – 301). (Kennedy)
-
Nach der Hochzeit wird Maria von ihrem Mann Darnley bald schon
verdächtigt und grob behandelt. Zudem will er Maria beherrschen und ihr
seine Dominanz beweisen, indem er ihren "Liebling, den schönen Sänger
Rizzio" vor ihren Augen ermorden lässt. Aus diesen Gründen wendet sich
Maria von ihm ab. (1,4 - 307ff.)
-
Maria beginnt in Sterylin als verheiratete Frau ein Verhältnis
(37f.) mit Bothwell (I,4 – 327), dessen ungestümem männlichen
Durchsetzungsvermögen sie voller Bewunderung erliegt (I,4 –328), ja
letzten Endes wird sie ihm hörig (IV,1 – 341).
-
Nach dem Mord an Darnley lässt Maria Bothwell das königliche Schwert
unter der hellen Empörung des Volkes durch Edinburgh tragen (I,4 – 347),
nötigt die Richter Bothwell vom Mordvorwurf an Darnley freizusprechen,
und bietet ihm darauf die ihre Hand zur Heirat. (I,4 – 355) , sie hat
von der Ermordung ihres Ehemannes Darnleys gewusst, Darnley sogar in die
Falle gelockt und nichts gegen den von anderen durchgeführten
Mordanschlag unternommen (I,4 – 292)
- Die Beurteilung der Fakten
-
Entschuldigungsstrategie:
Mildernde Umstände wegen des jugendlichen Alters
-
"Nicht Ihr habt ihn gemordet! Andre taten's!" (V. 291)
-
"Jugend mildert Eure Schuld. Ihr wart / So zarten Alters noch."
(V. 294f.)
-
"Ihr wart durch blutige Beleidigung / Gereizt" ( V. 297f.)
-
Maria hat ihn durch ihre Gunst zur Königswürde erhöht (vgl.
299ff.)
-
Darnley "Beleidigte mit niedrigem Verdacht, / Mit rohen Sitten
Eure Zärtlichkeit" (V. 307f.)
-
"Ihr floht erzürnt des Schändlichen Umarmung / Und gabt ihn der
Verachtung preis" (V. 311f.)
-
"Ihr rächtet blutig nur die blut'ge Tat." (V. 320)
-
"Da Ihr die Tat geschehn ließt, wart Ihr nicht / Ihr selbst,
gehörtet Euch nicht selbst," (V. 323)
-
Entschuldigungsstrategie
mit anklagendem Unterton: Leidenschaft und sexuelle Hörigkeit
-
"Ergriffen / Hat Euch der Wahnsinn blinder Liebesglut, / Euch
unterjocht dem furchtbaren Verführer" (V. 325f.)
-
Bothwell, der "Über Euch / mit übermüt'gem Männerwillen herrschte"
(V. 327f.)
-
"Der Schreckliche, der Euch durch Zaubertränke, / Durch
Höllenkünste das Gemüt verwirrend, / Erhitzte - " (V. 329f.)
-
"Alle Geister der Verdammnis / Musst' er zu Hilfe rufen" (V. 333)
-
"Eure Wangen, sonst der Sitz / Schamhaft errötender
Bescheidenheit, / Sie glühten nur vom Feuer des Verlangens" (V.
339ff.)
-
"des Mannes keckes Laster hatte / Auch Eure Blödigkeit besiegt,
Ihr stelltet / mit dreister Stirne Eure Schmach zur Schau" (V. 343ff.)
-
"O, lasst ein ewig Schweigen diese Tat / Bedecken! Sie ist
schauderhaft, empörend." (V. 356ff.)
-
Verarbeitung der eigenen
Schuld als Voraussetzung für die neue Bewährung
-
"...Ihr seid keine Verlorene" (V. 359)
-
"Weich /
Ist Euer Herz gebildet, offen ist's /
Der Scham - der Leichtsinn nur ist Euer Laster. (V. 359ff.)
-
"Seit dieser Tat, die Euer Leben schwärzt, / Habt Ihr nichts
Lasterhaftes mehr begangen" (V. 369f.)
-
"Macht Friede mit Euch selbst!" (V. 372)
-
"vor diesen /
Anmaßlichen Gerichtshof dürft Ihr Euch /
Hinstellen mit dem ganzen Mut der Unschuld." (376ff.)
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▪ Exposition der Vorgeschichte
im 1. Akt (präteritaler Expositionsbezug)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.12.2023
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