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Bausteine zu Friedrich Schiller: Maria Stuart - 2. Akt: Szene II,8

Kommunikative Strukturen des Gesprächs


FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller Biographie
Werke Dramatische Werke Die Räuber ● Maria Stuart Überblick Didaktische und methodische Aspekte Akte und Szenen Inhaltsüberblick Akt- und Szenenschema 1. Akt Zweiter Akt Szenenüberblick II,1 II,2 II,3 II,4 II,5 II,6  ▪ II,7 [ II,8 - Auseinandersetzung Mortimers und Leicesters über den Weg zur Befreiung Maria Stuarts Text II,8 Aspekte der Szenenanalyse Bausteine ] II,9 3. Akt 4. Akt 5. Akt Szenenbilder/Illustrationen Figurengestaltung Einzelne Figuren Sprachliche Form Interpretationsansätze Aufführungsberichte und - kritiken Bausteine Häufig gestellte Fragen (FAQs) Links ins Internet Lyrische Werke Sonstige Werke Bausteine Links ins Internet  Quickie für Eilige: So analysiert man eine dramatische Szene W-Fragen zur systematischen Szenenanalyse Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

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Analyse einer dramatischen Szene

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Mortimer und Leicester stehen in einem kontrastiven Verhältnis zueinander, das sich im Hinblick auf ihr Alter, ihre soziale Stellung und ihr Verhältnis zu Elisabeth, aber auch unter dem Aspekt ihrer Einstellungen aufzeigen lässt.
Während Mortimer, ein junger Mann von 20 Jahren, ohne Erfahrungen am Hof Elisabeths von seinen Gefühlen beherrscht wird, steht Leicester, der wesentlich ältere Mann, eigentlich im Zenit seiner Stellung und Macht. Er ist der unbestrittene Günstling Elisabeths und in allen wichtigen Gremien des Reiches mit Sitz und Stimme vertreten.

Als die beiden auf Wunsch Mortimers zu ihrer geheimen Unterredung zusammenkommen, gebührt dem englischen Großen eigentlich von Anfang an eine dominierende Rolle. Doch die Angelegenheit, um die es geht, ebnet die sozialen Unterschiede der beiden zunächst einmal ein, die beide gleichermaßen ängstlich und selbstbewusst zugleich von ihrem jeweiligen Gegenüber ein Zeichen erwarten, das Vertrauen für weitere Informationen schaffen soll. Dies ist insbesondere bei Mortimer bemerkenswert, der an dieser Stelle keine Scheu vor dem Großen des Reiches zeigt, auch wenn er letzten Endes mit der Aushändigung des Briefes von Maria an Leicester den Anfang macht.

Als Mortimer die für ihn authentische Gefühlsbewegung Leicesters beim Betrachten des mitgesandten Bildes von Maria Stuart bemerkt, ist für ihn, wie auch den Lord, die nötige Vertrauensbasis für weitere Informationen geschaffen. Allerdings bleibt Leicester, der ja Mortimers Informantendienste und offizielle Version für seine Glaubensänderung vor Elisabeth (II,4 V 1496) mit angehört hat, noch immer auf der Hut. So will er, ehe er sich selbst weiter auslasse, von Mortimer wissen, wie dieser das Vertrauen Marias habe gewinnen können. Erst als Mortimer seine internationalen Verbindungen und das Schreiben des Kardinals von Guise erwähnt, das Maria von seinen Absichten überzeugt habe, ist auch Leicester bereit, weitere Informationen zu geben. Denn im Raum und zwischen beiden steht in diesem Moment immer noch das argwöhnische Unverständnis Mortimers, der sich die Hintergründe für die von Leicester gespielte Doppelrolle nicht erklären kann..
Leicester bittet Mortimer darauf hin zunächst um Verständnis für sein Misstrauen, da seine Position am Hof Elisabeths durch Walsingham und Burleigh ständig bedroht sei. Er sei sich daher nicht sicher gewesen, ob Mortimer ihn in deren Auftrag in eine Falle habe locken sollen. Auf diese Entschuldigungsversuche Leicesters  reagiert Mortimer geradezu respektlos mit einer ironischen Bemerkung, die Verständnis für die Ängste des "vielbedeutenden, gewalt'gen Lords" (II,8 V 1710) vorgibt. Leicester, der zwar nach außen hin nicht darauf eingeht, sieht sich im Anschluss daran allerdings doch genötigt zu reagieren. Im Gestus einer großartigen Umarmungsgeste und im Tenor einer gänzlich überzogenen Freundschaftserklärung, die es ihm ermögliche, sich allen Kummer von der Seele zu reden (vgl. II,8 V 1755ff.), versucht er Mortimer für sich einzunehmen und ihm Doppelspiel und Sinneswandel zu erklären. So sieht er sich also mehr oder weniger gezwungen, Mortimer über seine Beziehung zu Maria Stuart aufzuklären. Als er sich dazu noch in die Pose eines wagemutigen Retters wirft, der das eigene Leben für Maria aufs Spiel zu setzen bereit wäre, ("Jetzt im Gefängnis, an des Todes Pforten / Such' ich sie auf, und mit Gefahr des Lebens.", V 1767) erntet er erneut nur den ironischen Spott Mortimers, der mit seiner ironisch kommentierenden Bemerkung "Das heißt großmütig handeln!" (V 1769) die Selbstinszenierung Leicesters und sein Streben nach Dominanz in diesem Gespräch durchkreuzt. So sieht sich Leicester gezwungen, weitere Ausführungen zu seiner Rechtfertigung abzugeben, die jedoch erneut an der gleichen ironischen Bemerkung Mortimers ("Ich beklag' Euch, Graf!" V 1793) verpuffen. So sieht sich Leicester deshalb veranlasst, Mortimer seine Gefühle für die überaus attraktive Maria Stuart zu bekennen. Als er dazu ausführt, dass ihm Maria ihre Hand versprochen habe, wenn er sie rette, wendet sich das Gespräch hin zu einem Disput über den Weg zur Befreiung Maria Stuarts.

Mortimer klagt Leicester dabei zunächst einmal an, am Todesurteil Marias mitgewirkt und seitdem nichts zu ihrer Befreiung unternommen zu haben. Dadurch gewinnt Mortimer endgültig eine dominierende Rolle in dem Gespräch, die er zuvor, von den Gesprächsanteilen beider betrachtet, nicht unbedingt für sich beanspruchen konnte, auch wenn seine eingestreuten ironischen Bemerkungen immer wieder den Anspruch darauf signalisieren. Er ergreift sofort die Gelegenheit, seinen Plan darzulegen, als Leicester vermeintlich Zustimmung zur Beteiligung an einer Befreiungsaktion signalisiert ("Nein, ich hoffte / hoffe noch, das Äußerste zu hindern, / Bis sich ein Mittel zeigt, sie zu befrein." – V 1838-1840) Die Auseinandersetzung um den von Leicester vehement abgelehnten gewaltsamen Befreiungsversuch Marias treibt beide Männer, die darüber hinaus Konkurrenten um die Zuneigung Marias sind, in einen offenen Streit. Ohne dass es einem der beiden gelingt, in diesem Streit zunächst die Überhand zu gewinnen – von Schiller durch die Stichomythie (V 1863-1880) offenkundig ausgedrückt – halten sich die beiden in symmetrischer Form der Kommunikation Chancen, Risiken und die Fragwürdigkeit der Motive der geplanten Aktion vor.

Erst als Mortimer erwähnt, dass er von Elisabeth den Auftrag erhalten hat, Maria zu ermorden, wendet sich das Gespräch in einer Weise, die die angeheizte Stimmung der beiden Männer zumindest für einen Augenblick abzukühlen vermag. Allerdings verhallt das Lob, das Leicester Mortimer dafür ausspricht, Elisabeth belogen zu haben, angesichts der sofort wieder aufwallenden Meinungsverschiedenheiten. Während Leicester dadurch Chancen sieht, Zeit zu gewinnen, um seinen eigenen Plan der Begegnung der Königinnen umzusetzen, glaubt Mortimer, dass sie Zeit zum Handeln dränge. Mit nahezu den gleichen Argumenten, die Leicester im Staatsrat für den Verzicht auf die Hinrichtung und die weitere Inhaftierung Maria Stuarts vorgebracht hat, argumentiert Mortimer nun entschlossen dagegen. Auf eine solche Weise könne, das steht für ihn fest, Maria nicht befreit werden. Mortimer versucht, Leicester weiter zur Tat zu drängen. Indem er ihn zum offenen Aufruhr gegen Elisabeth auffordert und von ihm energisch verlangt, sein Doppelspiel zu beenden, bringt er Leicester noch einmal in die Defensive. Dabei ist es nicht nur die Art und Weise, wie er seine Forderungen nahezu im Befehlston vorträgt, die Mortimers Dominanz in dieser Phase des Gesprächs unterstreicht, sondern auch der Seitenhieb auf Leicesters Männlichkeit, an die zu erinnern sich der weitaus jüngere Mann sich im Zusammenhang mit Leicesters Verhalten gegenüber Elisabeth gegenüber dem weitaus Mächtigeren erlaubt.
So bleibt Leicester zunächst nichts anderes, als mit einer Anzahl rhetorischer Fragen seine wenig überzeugende Gegenwehr sichtbar zu machen und das Eingeständnis zu machen, dass unter der Herrschaft Elisabeths jeglicher Heldenmut umsonst sei. Aus diesem Grund bittet er Mortimer, sich seiner Führung anzuvertrauen und keine unbedachten Schritte zu unternehmen.
Als das Gespräch wegen der herannahenden Elisabeth unterbrochen zu werden droht, will Mortimer aber noch wissen, welche Botschaft er Maria von Leicester überbringen solle. Die ausweichende und gleichermaßen Mortimer vor den Kopf stoßende Antwort Leicesters, er möge Maria die Schwüre seiner ewigen Liebe überbringen, endet das Gespräch an einer Stelle, die über die taktischen Überlegungen hinaus den tiefer gehenden Gegensatz der beiden Männer herausstellt: Wem gelingt es, Maria Stuart für sich zu gewinnen.

Zieht man den ganzen Verlauf des Dialogs zwischen Leicester und Mortimer in der Szene II,8 in Betracht, so kann wohl kein Zweifel daran bestehen, dass Mortimer insgesamt gesehen das Gespräch dominiert. Auch wenn die Gesprächsanteile in ihrer Mehrheit bei Leicester liegen, sind sie doch meistens nur mehr oder weniger hilflose Rechtfertigungsversuche gegen die ohne Respekt vor dem Großen des Reichs vorgetragenen Anklagen und Fragen des jungen Mortimer. Und: Leicester gelingt es nicht, dass sich Mortimer seiner Führung unterstellt. Im Gegenteil, Mortimer verfolgt nun seinen Plan so eigenständig, wie er es sich auch vorgenommen hat und hat damit Marias Bitte erfüllt, mit Leicester Kontakt aufzunehmen. So ist in dieser Szene jedenfalls Mortimer der eigentliche Gewinner, auch wenn er letzten Endes gegenüber dem skrupellosen Leicester den Kürzeren ziehen wird.

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

 
   Arbeitsanregungen:
  1. Untersuchen Sie die vorstehende Darstellung kommunikativer Strukturen des Gesprächsverlaufs zwischen Leicester und Mortimer.

  2. Arbeiten Sie heraus, welche Aussagen sich mit dem Kommunikationsverhalten der Beteiligten und den kommunikativen Strukturen befassen.

  3. Zeigen Sie den Unterschied zur Darstellung der inhaltlichen Gliederung des Gesprächsverlaufs auf.

 
 
 

 
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