Mit einem
Analogiebeispiel
zur
Figurengestaltung
verdeutlicht
Manfred
Pfister (1977, S.244) die vielfältigen
Beziehungen
zwischen den
Figuren
eines
dramatischen
Textes:
"Die einzelne
Figur
eines Schachspiels definiert sich im Rahmen des Ensembles aller Figuren
und lässt sich nur beschreiben als der Satz von relevanten Korrespondenz-
und Kontrastrelationen zu den anderen Figuren. Dem Läufer und dem Turm
ist zum Beispiel gemeinsam, dass sie paarig vorhanden sind, sich in vier
Richtungen und über mehrere
Felder hinweg bewegen können, und es unterscheidet sie, dass der Läufer
diagonal, der Turm vertikal gezogen wird. Im Merkmal der Paarigkeit
korrespondiert der Läufer auch mit dem Springer und steht er in Kontrast
zu den Bauern und zu Dame und König. Mit dem Springer hat er weiterhin
gemeinsam, dass er sich jeweils in vier Richtungen bewegen kann, jedoch
unterscheidet er sich von ihm in der Bewegungsart und in der Tatsache,
dass er keine andere Figur überspringen kann ... Wir glauben, es ist
bereits deutlich geworden, dass sich auf diese Weise die Struktur
des Figurenensembles als ein System von Korrespondenz- und
Kontrastrelationen darstellen lässt, wobei der einzelnen Figur bzw.
Figurengruppe eine für sie charakteristische Kombination von
Differenzmerkmalen zukommt. Analog verhält es sich bis zu einem gewissen
Grad mit dem
Personal
als dem Ensemble der Figuren eines dramatischen Textes und mit der einzelnen
dramatischen Figur, wenn sich dabei auch die einzelnen Differenzmerkmale
nicht immer so einfach darstellen lassen wie beim Schachspiel. Ein
wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass das System der Korrespondenz- und
Kontrastrelationen nicht vorgegeben ist, sondern während des Textablaufs
erst aufgebaut wird und dass die für eine Figur charakteristische
Merkmalkombination nicht über den ganzen Textverlauf hin gleich bleiben
muss."