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Kaiser »Wilhelm
II. (1859-1941) hielt am 11. September 1918 seine letzte öffentliche
Rede vor den Arbeiterinnen und Arbeitern der Krupp'schen Stahlwerke in
Essen, wenige Wochen bevor er am 29. September 1918 von der Obersten
Heeresleitung mit der unmittelbar bevorstehenden Niederlage konfrontiert
wurde.
"Jetzt kommt es auf die letzten Anstrengungen an"
Ansprache Kaiser Wilhelms II. an die Kruppschen Arbeiter, 9.9.1918
(Auszüge)
"[…]
Im Dezember des Jahres 1916 habe ich ein offenes, klares unzweideutiges
Friedensangebot im Namen des Deutschen Reiches und meiner Verbündeten den
Gegnern übergeben. Hohn und Spott und Verachtung ist die Antwort gewesen.
Der oben kennt mein Gefühl der Verantwortung. Wiederholt in den
vergangenen Monaten haben verantwortliche Leiter aus der Regierung des
Reiches in unzweideutiger Weise jedem, der es verstehen wollte, zu
verstehen gegeben, dass wir bereit sind, die Hand zum Frieden darzubieten.
Die Antwort ist ausgesprochener Vernichtungswille, die Aufteilung und
Zerschmetterung Deutschlands. Es gehören zum Friedenmachen zwei. Wenn
nicht beide wollen, kann der eine nicht, vorausgesetzt, dass er den
anderen nicht niederwirft. So steht der absolute Vernichtungswille unserer
Gegner uns gegenüber, und dem absoluten Vernichtungswillen müssen wir den
absoluten Willen, unsere Existenz zu wahren, entgegenstellen. Unser
tapferes Heer hat Euch diesen Willen und die Tat gezeigt, sei es im
Vorstürmen, sei es in der Rückwärtsbewegung, sei es im Stellungskampfe.
[…] Diesen unvergleichlichen Heldentaten unseres Heeres und unserer Flotte
muss ein Rückhalt geschaffen werden, nicht bloß in der Arbeit, sondern
auch im Sinn und den Gedanken unseres Volkes. Es handelt sich nicht nur
darum, unserem tapferen Heere und unserer braven Marine Material und
Ersatz nachzuschieben, sondern es handelt sich darum, dass ein jeder
Deutsche weiß, dass wir um unsere Existenz kämpfen und ringen, dass wir
das Äußerste aufbieten müssen, um uns siegreich zu wehren […] Jetzt kommt
es auf die letzten Anstrengungen an; es geht ums Ganze, und weil unsere
Feinde wissen, weil sie vor dem deutschen Heere den größten Respekt haben,
weil sie einsehen, dass sie unser Heer und unsere Marine nicht
niederzwingen können, deshalb versuchen sie es mit der Zersetzung im
Innern, um uns mürbe zu machen durch falsche Gerüchte und Flaumacherei.
Das kommt nicht aus den Kreisen des deutschen Volkes, das sind künstliche
Machwerke. Aber ein jeder, der auf ein solches Gerücht hört, ein jeder,
der unverbürgte Nachrichten in Eisenbahn, Werkstatt oder anderswo
weitergibt, versündigt sich am Vaterland; der ist ein Verräter und herber
Strafe verfallen, ganz gleich, ob er Graf sei oder Arbeiter.[…] Worin
besteht unsere Pflicht? Unser Vaterland freizumachen. Infolgedessen haben
wir auch die Verpflichtung, mit allen unseren Kräften auszuhalten im
Kampfe gegen seine Feinde. Jeder von uns bekommt von oben seine Aufgabe
zugeteilt, du an deinem Hammer, du an deiner Drehbank und ich auf meinem
Thron. Wir müssen aber alle auf Gottes Hilfe bauen. Und der Zweifel, das
ist der größte Undank gegen den Herrn. Und nun frage ich Euch ganz einfach
und ehrlich: haben wir denn eigentlich Grund zum Zweifeln? Seht doch mal
die vier Jahre Krieg an, was wir für gewaltige Leistungen hinter uns
haben. Eine halbe Welt stand gegen uns und unsere treuen Verbündeten auf,
und jetzt haben wir Frieden mit Russland, Frieden mit Rumänien, Serbien
und Montenegro sind erledigt. Nur im Westen kämpfen wir noch, und da
sollte uns der liebe Gott im letzten Augenblick noch verlassen? Wir
sollten uns schämen über unseren Kleinmut, der kommt aber nur dann, wenn
man Gerüchten Glauben schenkt. Aus den Tatsachen, die Ihr selber erlebt
habt, da schmiedet Euch den festen Glauben an die Zukunft Eures
Vaterlandes. […] Meine Bitte und meine Aufforderung an Euch und durch Euch
an die gesamte Arbeiterschaft, die sich so ausgezeichnet und tüchtig
bewährt hat, und durch Euch an das gesamte deutsche Volk geht dahin: für
mich und mein Verhältnis zu meinem Volke sind maßgebend meine Worte vom 4.
August 1914: „Ich kenne keine Parteien, ich kenne nur Deutsche.“ Es ist
jetzt keine Zeit für Parteiungen; wir müssen uns jetzt alle
zusammenschließen zu einem Block, und hier ist wohl am ersten das Wort am
Platze: Werdet stark wie Stahl, und der deutsche Volksblock, zu Stahl
zusammengeschweißt, der soll dem Feinde seine Kraft zeigen. Wer also unter
Euch entschlossen ist, dieser meiner Aufforderung nachzukommen, wer das
Herz am rechten Fleck hat, wer die Treue halten will, der stehe jetzt auf
und verspreche mir an Stelle der gesamten deutschen Arbeiterschaft: wir
wollen kämpfen und durchhalten bis zum Letzten. Dazu helfe uns Gott. Und
wer das will, der antworte mit Ja! (Die Versammelten antworten mit lautem
Ja!) Ich danke Euch,. Mit diesem Ja gehe ich jetzt zum Feldmarschall. Es
gilt nun für jeden von uns, die gelobte Pflicht auch zu erfüllen und an
Geistes- und Körperkraft das Äußerste einzusetzen für das Vaterland. Jeder
Zweifel muss aus Herz und Sinn gebannt werden. Jetzt heißt es: Deutsche,
die Schwerter hoch, die Herzen stark und die Muskeln gestrafft zum Kampfe
gegen alles, was gegen und steht, und wenn es noch lange so dauert! Dazu
helfe uns Gott! Amen. Und nun lebt wohl, Leute!
(aus:
Hohlfeld, Dokumente, Bd. II,
o. J., S.379-381)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.10.2023