Home
Nach oben
Zurück
Weiter
 

 

NS-Machtübernahme

Chancen eines Generalstreiks

Heinrich August Winkler


Das Zentralkomitee der KPD hielt am 30. Januar die Stunde zum Losschlagen für gekommen und sprach die Führung der SPD und der Gewerkschaften direkt an. An sie erging die Aufforderung, "gemeinsam mit den Kommunisten den Generalstreik gegen die faschistische Diktatur der Hitler, Hugenberg, Papen, gegen die Zerschlagung der Arbeiterorganisationen, für die Freiheit der Arbeiterklasse durchzuführen". Doch eine proletarische Einheitsfront war am 30. Januar 1933 ein aussichtsloses Unterfangen. Angesichts von über 6 Millionen offiziell registrierten Arbeitslosen war ein längerer Generalstreik nicht durchzuführen; ein befristeter Generalstreik aber wäre von der neuen Regierung eher als Schwächezeichen denn als Demonstration der Stärke begriffen worden. Zudem war extrem unwahrscheinlich, dass die Kommunisten einem Aufruf zum Abbruch des Ausstands gefolgt wären. Nachdem die KPD die Sozialdemokraten jahrelang als "soziale Hauptstütze der Bourgeoisie" und als "Sozialfaschisten" bekämpft und die "Rote Fahne" noch am 26. Januar den Vorschlag des "Vorwärts", SPD und KPD sollten sich auf einen "Nichtangriffspakt" verständigen, als "infame Verhöhnung des antifaschistischen Berlin" zurückgewiesen hatte, fehlte der kommunistischen Parole des gemeinsamen Abwehrkampfes die elementarste Voraussetzung: die Glaubwürdigkeit. Sozialdemokratie und Freie Gewerkschaften mussten damit rechnen, dass die Kommunisten sofort zu jener revolutionären Gewalt greifen würden, auf die die Nationalsozialisten nur warteten, um ihrem Terror den Schein der Legitimation zu verschaffen. Ein Bürgerkrieg aber konnte nur mit einer blutigen Niederlage der Arbeiterorganisationen enden: Gegenüber dem, was die paramilitärischen Verbände der Rechten, die Polizei und die Reichswehr aufzubieten hatten, war die gespaltene Linke chancenlos. In dieser Situation lehnte am 30. Januar der Parteiausschuss der SPD außerparlamentarische Aktionen nachdrücklich ab: "Wenn Hitler sich zunächst auf dem Boden der Verfassung hält, und mag das hundertmal Heuchelei sein, wäre es falsch, wenn wir ihm den Anlass geben, die Verfassung zu brechen. Wenn Hitler den Weg der Verfassung beschreitet, dann steht er an der Spitze einer Rechtsregierung, die wir bekämpfen können und müssen, mehr noch als die früheren, aber es ist eben eine verfassungsmäßige Rechtsregierung."

(aus: Winkler (2000),  Der lange Weg nach Westen. Bd. 1, S. 548f., gekürzt und bearbeitet)

     
   
   Arbeitsanregung
  1. Vergleichen Sie die Auffassungen Gert Egles und Heinrich August Winklers zur Frage des Generalstreiks am 30.1.1933.!

  2. Wem würden Sie eher Recht geben? Begründen Sie!

  3. Ziehen Sie zu Ihrer Beurteilung auch
    - den Aufruf der KPD zum Generalstreik vom 30.1.33 und
    - den Aufruf des Vorstandes der SPD und der SPD-Reichstagsfraktion vom 31.1.33
    heran.

  4. Wie beurteilen Sie die von Winkler zitierte Entscheidung des SPD-Parteiausschusses am 30.1.1933?
     

 
  Center-Map ] Quellen ] Darstellungen ] Bausteine ]  
  

          CC-Lizenz
 

 

Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA) Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de