Gegen sozialdemokratische und
nationalsozialistische Erfüllungspolitik
Deklaration des ZK der KPD,
Februar 1932[...] Solange der Kapitalismus in Deutschland besteht,
solange kann es keine Befreiung von den Ketten der Versailler Knechtschaft
und der Youngsklaverei geben! [...]
Auf dem Rücken des werktätigen Volkes hat die herrschende
Masse Deutschlands mit dem internationalen Finanzkapital, mit den
Regierungen der imperialistischen Siegerländer, ein schmutziges Geschäft
abgeschlossen. Die deutsche Bourgeoisie und ihre Handlanger schlagen als
Fronvögte der New Yorker, Pariser und Londoner Börsenkönige das
arbeitende Volk in Ketten und pressen außer ihrem eigenen Profit
Milliardentribute aus seinen Knochen.
Wer gegen Versailles und Young ist, muss vor allem gegen das
kapitalistische System kämpfen!
Wer im eigenen Lande die Ausbeuterherrschaft verteidigt, kann
niemals gegen die Ausbeutung durch "Fremde" vorstoßen. Die
deutschen Ausbeuter und ihre Lakaien sind um so unerbittlicher gegen die
arbeitenden Massen in Deutschland, je offener sie sich zu Bundesgenossen
der räuberischen Imperialisten des Westens machen.
Wir klagen die Sozialdemokratie und die Hitlerpartei an, die
schlimmsten und gefährlichsten Sachwalter der Kapitalisten und der
Versailler Imperialisten zu sein!
Ohne die Sozialdemokratie gäbe es in Deutschland keine
Notverordnung. Die SPD führt durch den Streikbruch ihrer
Gewerkschaftsbonzen, durch ihre Polizeipräsidenten und durch ihre
Polizeiminister, durch die skrupellose Unterstützung der Brüning-Regierung
innerhalb und außerhalb des Parlaments, durch die Preußenregierung der
Braun und Severing alle Angriffe der Bourgeoisie gegen die arbeitenden
Massen durch.
Jeder Lohn- und Gehaltsabbau, jede neue Steuerlast, jeder
Renten- und Unterstützungsentzug, alle Zölle, sind dem arbeitenden Volk
mit Hilfe der SPD aufgebürdet, alle politischen Unterdrückungsmaßnahmen
von ihr beschlossen und durchgeführt worden.
Die Sozialdemokratie hat 12 Jahre lang mit hündischer Treue die "Erfüllungspolitik"
durchgeführt.
Sie hat die Reparationsforderungen der ausländischen Kapitalisten als
berechtigt anerkannt.
Sie hat schamloser als jede andere Partei bei der Annahme des
Dawesplans wie des Youngplans die Massen belogen und diese Raubverträge
als Dokumente des Friedens und der Freiheit angepriesen.
Die Sozialdemokratie ist die knechtselige Trägerin und Vorkämpferin der
Politik der Unterordnung unter das Diktat des französischen
Imperialismus, der freiwilligen Auslieferung werktätiger deutscher
Volksgenossen im Osten Deutschlands unter den Stiefel des polnischen
Pilsudski-Faschismus.
Die SPD betreibt die Politik der II. Internationale, die vor allem eine
Agentur des französischen Imperialismus ist!
Nur im schärfsten Kampf gegen die verräterische
Sozialdemokratie kann das deutsche Proletariat die Ketten der
kapitalistischen Lohnsklaverei und des Versailler Vertrages zerbrechen und
seine Freiheit erobern!
Wir klagen die Hitlerpartei an, dass sie durch Lug und Trug
die Arbeiter und Angestellten, die Beamten, die Mittelständler und Bauern
millionenfach an die Kapitalisten und das imperialistische Ausland
verkauft.
Hitlers Auftraggeber, die wirklichen Führer der Hakenkreuzpartei - das
sind die unbarmherzigsten Lohnräuber, die Bankherren und die feudalen
Großagrarier, das sind die Würger Südtirols, die englischen
Kriegshetzer, die internationalen Finanzmagnaten, die sich am Hunger des
deutschen Volkes mästen.
Mit ruchlosem Arbeitermord versuchen die Hitlerfaschisten das
wankende kapitalistische System zu stützen.
Wo sie regieren, sind sie die zuverlässigsten Träger der Young- und
Notverordnungspolitik.
Ihr angeblicher Kampf gegen das "fremde Kapital"
verschleiert nur ihre Rolle als Streikbrechergarde und Schutztruppe der
deutschen Kapitalisten, der Schwerindustriellen, Junker und Börsenkönige.
Unter dem Deckmantel ihres Geschreis "gegen" die
Tribute bereiten sie die noch brutalere Versklavung der deutschen Arbeiter
vor.
Würde die Hitlerpartei in die Regierung gelangen, so steht
heute schon fest, dass sie genauso Reparationen zahlen und als Fronvogt
des internationalen Finanzkapitals die deutschen Werktätigen ausplündern
und unterdrücken würde wie die übrige Bourgeoisie und die
Sozialdemokratie.
Zweimal haben die Nationalsozialisten gemeinsam mit der SPD die
kommunistischen Anträge auf Einstellung aller Tributzahlungen an das
ausländische Finanzkapital und Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund
zu Fall gebracht.
Offen erklärt Hitler, dass eine nationalsozialistische
Reichsregierung die 30 Milliarden sogenannter Privatanleihen und ihre
Zinsen, die ein unabtrennbarer Bestandteil des Youngsystems der
Ausplünderung sind, auf Heller und Pfennig an die internationalen
Bankfürsten zurückzahlen wird.
Mit diesen Anleihen hat die deutsche Bourgeoisie Reparationen
gezahlt und die Arbeiter und Angestellten durch die Rationalisierung aus
den Betrieben geworfen. Wer diese Anleihen zurückzahlt und verzinst,
treibt Erfüllungspolitik, leistet Tributzahlungen, verschachert die
Werktätigen Deutschlands an die Hochfinanz der Welt.
Der Kampf der deutschen Arbeiterklasse für die soziale und
nationale Befreiung stößt auf die Todfeindschaft des Hitlerfaschismus.
Wer das Versailler Joch zerbrechen, wer den räuberischen Young-plan
zerreißen will, muss bis zur Vernichtung gegen die von Arbeiterblut
befleckte Hitlerpartei kämpfen! [...]
Keine "Verhandlung" der Bourgeoisie, keine Maßnahme der
Sozialdemokratie oder der Nationalsozialisten wird jemals die drückenden
Lasten der Youngsklaverei von den Schultern der deutschen Werktätigen
nehmen. Solange in Deutschland das Brüning-Zentrum mit den
Reichswehrgeneralen, gestützt auf die Sozialdemokraten, die
Regierungsmacht ausübt, solange Hugenberg mit seinem
nationalsozialistischen Gefolge die Rolle des Antreibers und Einpeitschers
der faschistischen Politik im Dienste der deutschen. Bourgeoisie spielt,
solange in Deutschland der Kapitalismus regiert, solange wird jede
Konzession der Imperialisten, jeder Zahlungsaufschub nur mit neuen Lasten
für die Arbeiter, Angestellten und Beamten, für die Werktätigen in
Stadt und Land erkauft.[...]
(aus: Die Rote Fahne" vom 12. März 1932. zit.n.:
Berthold,
Lothar (1956), S. 257-259)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.12.2024
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