I
Am 9. November haben Arbeiter und Soldaten das alte Regime in Deutschland
zertrümmert. Auf den Schlachtfeldern Frankreichs war der blutige Wahn von
der Weltherrschaft des preußischen Säbels zerronnen. Die Verbrecherbande,
die den Weltbrand entzündet und Deutschland in das Blutmeer hineingetrieben
hat, war am Ende ihres Lateins angelangt. Das vier Jahre lang betrogene
Volk, das im Dienste des Molochs Kulturpflicht, Ehrgefühl und Menschlichkeit
vergessen hatte, das sich zu jeder Schandtat missbrauchen ließ, erwachte aus
seiner vierjährigen Erstarrung – vor dem Abgrund.
Am 9. November erhob sich das deutsche Proletariat, um das schmachvolle Joch
abzuwerfen. Die Hohenzollern wurden verjagt, Arbeiter- und Soldatenräte
gewählt.
Aber die Hohenzollern waren nie mehr als Geschäftsträger der
imperialistischen Bourgeoisie und des Junkertums. Die bürgerliche
Klassenherrschaft – das ist der wahre Schuldige des Weltkrieges in
Deutschland wie in Frankreich, in Russland wie in England, in Europa wie in
Amerika. Die Kapitalisten aller Länder – das sind die wahren Anstifter zum
Völkermord. Das internationale Kapital – das ist der unersättliche Baal, dem
Millionen auf Millionen dampfender Menschenopfer in den blutigen Rachen
geworfen werden.
Der Weltkrieg hat die Gesellschaft vor die Alternative gestellt: entweder
Fortdauer des Kapitalismus, neue Kriege und baldigster Untergang im Chaos
und in der Anarchie oder Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung.
Mit dem Ausgang des Weltkrieges hat die bürgerliche Klassenherrschaft ihr
Daseinsrecht verwirkt. Sie ist nicht mehr imstande, die Gesellschaft aus dem
furchtbaren wirtschaftlichen Zusammenbruch herauszuführen, den die
imperialistische Orgie hinterlassen hat.
Produktionsmittel sind in ungeheurem Maßstab vernichtet. Millionen
Arbeitskräfte, der beste und tüchtigste Stamm der Arbeiterklasse,
hingeschlachtet. Der am Leben Gebliebenen harrt bei der Heimkehr das
grinsende Elend der Arbeitslosigkeit, Hungersnot und Krankheiten drohen die
Volkskraft an der Wurzel zu vernichten. Der finanzielle Staatsbankrott
infolge der ungeheuren Last der Kriegsschulden ist unabwendbar.
Aus all diesem blutigen Wirrsal und diesem gähnenden Abgrund gibt es keine
Hilfe, keine Rettung als im Sozialismus. Nur die Weltrevolution des
Proletariats kann in dieses Chaos Ordnung bringen, kann allen Arbeit und
Brot verschaffen, kann der gegenseitigen Zerfleischung der Völker ein Ende
machen, kann der geschundenen Menschheit Frieden, Freiheit, wahre Kultur
bringen. Nieder mit dem Lohnsystem! Das ist die Losung der Stunde. Anstelle
der Lohnarbeit und der Klassenherrschaft soll die genossenschaftliche Arbeit
treten. Die Arbeitsmittel müssen aufhören, das Monopol einer Klasse zu sein,
sie müssen Gemeingut aller werden. Keine Ausbeuter und Ausgebeutete mehr!
Regelung der Produktion und Verteilung der Produkte im Interesse der
Allgemeinheit. Abschaffung wie der heutigen Produktionsweise, die Ausbeutung
und Raub, so des heutigen Handels, der nur Betrug ist.
Anstelle der Arbeitgeber und ihrer Lohnsklaven: freie Arbeitsgenossen! Die
Arbeit niemandes Qual, weil jedermanns Pflicht! Ein menschenwürdiges Dasein
jedem, der seine Pflicht gegen die Gesellschaft erfüllt. Der Hunger hinfür
nicht mehr der Arbeit Fluch, sondern des Müßiggängers Strafe!
Erst in einer solchen Gesellschaft sind Völkerhass, Knechtschaft entwurzelt.
Erst wenn eine solche Gesellschaft verwirklicht ist, wird die Erde nicht
mehr durch Menschenmord geschändet. Erst dann wird es heißen: Dieser Krieg
ist der letzte gewesen!
Sozialismus ist in dieser Stunde der einzige Rettungsanker der Menschheit.
Über den zusammensinkenden Mauern der kapitalistischen Gesellschaft lodern
wie ein feuriges Menetekel die Worte des Kommunistischen Manifests:
Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!
II
Die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist die
gewaltigste Aufgabe, die je einer Klasse und einer Revolution der
Weltgeschichte zugefallen ist. Diese Aufgabe erfordert einen vollständigen
Umbau des Staates und eine vollständige Umwälzung in den wirtschaftlichen
und sozialen Grundlagen der Gesellschaft.
Dieser Umbau und diese Umwälzung können nicht durch irgendeine Behörde,
Kommission oder ein Parlament dekretiert, sie können nur von der Volksmasse
selbst in Angriff genommen und durchgeführt werden.
In allen bisherigen Revolutionen war es eine kleine Minderheit des Volkes,
die den revolutionären Kampf leitete, die ihm Ziel und Richtung gab und die
Masse nur als Werkzeug benutzte, um ihre eigenen Interessen, die Interessen
der Minderheit, zum Siege zu führen. Die sozialistische Revolution ist die
erste, die im Interesse der großen Mehrheit und durch die große Mehrheit der
Arbeitenden allein zum Siege gelangen kann.
Die Masse des Proletariats ist berufen, nicht bloß der Revolution in klarer
Erkenntnis Ziele und Richtung zu stecken. Sie muss auch selbst, durch eigene
Aktivität, Schritt um Schritt den Sozialismus ins Leben einführen.
Das Wesen der sozialistischen Gesellschaft besteht darin, dass die große
arbeitende Masse aufhört, eine regierte Masse zu sein, vielmehr das ganze
politische und wirtschaftliche Leben selbst lebt und in bewusster freier
Selbstbestimmung lenkt.
Von der obersten Spitze des Staates bis zur kleinsten Gemeinde muss deshalb
die proletarische Masse die überkommenen Organe der bürgerlichen
Klassenherrschaft, die Bundesräte, Parlamente, Gemeinderäte, durch eigene
Klassenorgane, die Arbeiter- und Soldatenräte, ersetzen, alle Posten
besetzen, alle Funktionen überwachen, alle staatlichen Bedürfnisse an dem
eigenen Klasseninteresse und den sozialistischen Aufgaben messen. Und nur in
ständiger, lebendiger Wechselwirkung zwischen den Volksmassen und ihren
Organen, den A.- und S.-Räten, kann ihre Tätigkeit den Staat mit
sozialistischem Geiste erfüllen.
Auch die wirtschaftliche Umwälzung kann sich nur als ein von der
proletarischen Massenaktion getragener Prozess vollziehen. Die nackten
Dekrete oberster Revolutionsbehörden über die Sozialisierung sind allein ein
leeres Wort. Nur die Arbeiterschaft kann das Wort durch eigene Tat zum
Fleische machen. In zähem Ringen mit dem Kapital, Brust an Brust in jedem
Betriebe, durch unmittelbaren Druck der Massen, durch Streiks, durch
Schaffung ihrer ständigen Vertretungsorgane können die Arbeiter die
Kontrolle über die Produktion und schließlich die tatsächliche Leitung an
sich bringen.
Die Proletariermassen müssen lernen, aus toten Maschinen, die der Kapitalist
an den Produktionsprozess stellt, zu denkenden, freien, selbsttätigen
Lenkern dieses Prozesses zu werden. Sie müssen das Verantwortlichkeitsgefühl
wirkender Glieder der Allgemeinheit erwerben, die Alleinbesitzerin alles
gesellschaftlichen Reichtums ist. Sie müssen Fleiß ohne Unternehmerpeitsche,
höchste Leistung ohne kapitalistische Antreiber, Disziplin ohne Joch und
Ordnung ohne Herrschaft entfalten. Höchster Idealismus im Interesse der
Allgemeinheit, straffste Selbstdisziplin, wahrer Bürgersinn der Massen sind
für die sozialistische Gesellschaft die moralische Grundlage, wie
Stumpfsinn, Egoismus und Korruption die moralische Grundlage der
kapitalistischen Gesellschaft sind.
Alle diese sozialistischen Bürgertugenden, zusammen mit Kenntnissen und
Befähigungen zur Leitung der sozialistischen Betriebe, kann die
Arbeitermasse nur durch eigene Betätigung, eigene Erfahrung erwerben.
Sozialisierung der Gesellschaft kann nur durch zähen, unermüdlichen Kampf
der Arbeitermasse in ihrer ganzen Breite verwirklicht werden, auf allen
Punkten, wo Arbeit mit Kapital, wo Volk mit bürgerlicher Klassenherrschaft
einander ins Weiße des Auges blicken. Die Befreiung der Arbeiterklasse muss
das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.
III
In den bürgerlichen Revolutionen waren Blutvergießen, Terror, politischer
Mord die unentbehrliche Waffe in der Hand der aufsteigenden Klassen.
Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie hasst
und verabscheut den Meuchelmord. Sie bedarf dieser Kampfmittel nicht, weil
sie nicht Individuen, sondern Institutionen bekämpft, weil sie nicht mit
naiven Illusionen in die Arena tritt, deren Enttäuschung sie blutig zu
rächen hätte. Sie ist kein verzweifelter Versuch einer Minderheit, die Welt
mit Gewalt nach ihrem Ideal zu modern, sondern die Aktion der großen
Millionenmasse des Volkes, die berufen ist, die geschichtliche Mission zu
erfüllen und die geschichtliche Notwendigkeit in Wirklichkeit umzusetzen.
Aber die proletarische Revolution ist zugleich die Sterbeglocke für jede
Knechtschaft und Unterdrückung. Darum erheben sich gegen die proletarische
Revolution alle Kapitalisten, Junker, Kleinbürger, Offiziere, alle
Nutznießer und Parasiten der Ausbeutung und der Klassenherrschaft wie ein
Mann zum Kampf auf Leben und Tod.
Es ist ein toller Wahn zu glauben, die Kapitalisten würden sich gutwillig
dem sozialistischen Verdikt eines Parlaments, einer Nationalversammlung
fügen, sie würden ruhig auf den Besitz, den Profit, das Vorrecht der
Ausbeutung verzichten. Alle herrschenden Klassen haben um ihre Vorrechte bis
zuletzt mit zähester Energie gerungen. Die römischen Patrizier wie die
mittelalterlichen Feudalbarone, die englischen Kavaliere wie die
amerikanischen Sklavenhändler, die walachischen Bojaren wie die Lyoner
Seidenfabrikanten – sie haben alle Ströme von Blut vergossen, sie sind über
Leichen, Mord und Brand geschritten, sie haben Bürgerkrieg und Landesverrat
angestiftet, um ihre Vorrechte und ihre Macht zu verteidigen.
Die imperialistische Kapitalistenklasse überbietet als letzter Spross der
Ausbeuterklasse die Brutalität, den unverhüllten Zynismus, die Niedertracht
aller ihrer Vorgänger. Sie wird ihr Allerheiligstes, ihren Profit und ihr
Vorrecht der Ausbeutung, mit Zähnen und mit Nägeln, mit jenen Methoden der
kalten Bosheit verteidigen, die sie in der ganzen Geschichte der
Kolonialpolitik und in dem letzten Weltkriege an den Tag gelegt hat. Sie
wird Himmel und Hölle gegen das Proletariat in Bewegung setzen. Sie wird das
Bauerntum gegen die Städte mobil machen, sie wird rückständige
Arbeiterschichten gegen die sozialistische Avantgarde aufhetzen, sie wird
mit Offizieren Metzeleien anstiften, sie wird jede sozialistische Maßnahme
durch tausend Mittel der passiven Resistenz lahm zu legen suchen, sie wird
der Revolution zwanzig Vendéen auf den Hals hetzen, sie wird den äußeren
Feind, das Mordeisen der Clemenceau, Lloyd George und Wilson als Retter ins
Land rufen – sie wird lieber das Land in einen rauchenden Trümmerhaufen
verwandeln als freiwillig die Lohnsklaverei preisgeben.
All dieser Widerstand muss Schritt um Schritt mit eiserner Faust und
rücksichtsloser Energie gebrochen werden. Der Gewalt der bürgerlichen
Gegenrevolution muss die revolutionäre Gewalt des Proletariats
entgegengestellt werden, den Anschlägen, Ränken, Zettelungen der Bourgeoisie
die unbeugsame Zielklarheit, Wachsamkeit und stets bereite Aktivität der
proletarischen Masse, den drohenden Gefahren der Gegenrevolution die
Bewaffnung des Volkes und Entwaffnung der herrschenden Klassen, den
parlamentarischen Obstruktionsmanövern der Bourgeoisie die tatenreiche
Organisation der Arbeiter- und Soldatengesellschaft – die konzentrierte,
zusammengeballte, aufs höchste gesteigerte Macht der Arbeiterklasse. Die
geschlossene Front des gesamten deutschen Proletariats, des süddeutschen mit
dem norddeutschen, des städtischen mit dem ländlichen, der Arbeiter mit den
Soldaten, die lebendige geistige Fühlung der deutschen Revolution mit der [nternationale,
die Erweiterung der deutschen Revolution zur Weltrevolution des Proletariats
vermag allein die granitne Basis zu schaffen, auf der das Gebäude der
Zukunft errichtet werden kann.
Der Kampf um den Sozialismus ist der gewaltigste Bürgerkrieg, den die
Weltgeschichte gesehen, und die proletarische Revolution muss sich für
diesen Bürgerkrieg das nötige Rüstzeug bereiten, sie muss lernen, es zu
gebrauchen – zu Kämpfen und Siegen.
Eine solche Ausrüstung der kompakten arbeitenden Volksmasse mit der ganzen
politischen Macht für die Aufgaben der Revolution, das ist die Diktatur des
Proletariats und deshalb die wahre Demokratie. Nicht wo der Lohnsklave neben
dem Kapitalisten, der Landproletarier neben dem Junker in verlogener
Gleichheit sitzen, um über ihre Lebensfragen parlamentarisch zu debattieren:
dort, wo die millionenköpfige Proletariermasse die ganze Staatsgewalt mit
ihrer schwieligen Faust ergreift, um sie, wie der Gott Thor seinen Hammer,
den herrschenden Klassen aufs Haupt zu schmettern: dort allein ist die
Demokratie, die kein Volksbetrug ist.
Um dem Proletariat die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, fordert
der Spartakusbund:
A. Als
sofortige Maßnahmen zur Sicherung der Revolution
-
Entwaffnung der gesamten Polizei, sämtlicher Offiziere sowie der
nichtproletarischen Soldaten. Entwaffnung aller Angehörigen der
herrschenden Klassen.
-
Beschlagnahme aller Waffen- und Munitionsbestände sowie
Rüstungsbetriebe durch A.- und S.-Räte.
-
Bewaffnung der gesamten erwachsenen männlichen proletarischen
Bevölkerung als Arbeitermiliz. Bildung einer Roten Garde aus Proletariern
als aktiven Teil der Miliz zum ständigen Schutz der Revolution vor
gegenrevolutionären Anschlägen und Zettelungen.
-
Aufhebung der Kommandogewalt der Offiziere und Unteroffiziere.
Ersetzung des militärischen Kadavergehorsams durch freiwillige Disziplin
der Soldaten. Wahl aller Vorgesetzten durch die Mannschaften unter
jederzeitigem Rückberufungsrecht. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit.
-
Entfernung der Offiziere und Kapitulanten aus allen Soldatenräten.
-
Ersetzung aller politischen Organe und Behörden des früheren
Regimes durch Vertrauensmänner der A.- und S.-Räte.
-
Einsetzung eines Revolutionstribunals, vor dem die Hauptschuldigen am
Kriege und seiner Verlängerung, die beiden Hohenzollern, Ludendorff,
Hindenburg, Tirpitz und ihre Mitverbrecher sowie alle Verschwörer der
Gegenrevolution abzuurteilen sind.
-
Sofortige Beschlagnahme aller Lebensmittel zur Sicherung der
Volksernährung.
B.
Auf politischem und sozialem Gebiete
-
Abschaffung aller Einzelstaaten; einheitliche deutsche sozialistische
Republik.
-
Beseitigung aller Parlamente und Gemeinderäte und Übernahme ihrer
Funktionen durch A.- und S.-Räte sowie deren Ausschüsse und Organe.
-
Wahl von Arbeiterräten über ganz Deutschland durch die gesamte
erwachsene Arbeiterschaft beider Geschlechter in Stadt und Land nach
Betrieben sowie von Soldatenräten durch die Mannschaften, unter Ausschluss
der Offiziere und Kapitulanten. Recht der Arbeiter und Soldaten zur
jederzeitigen Rückberufung ihrer Vertreter.
-
Wahlen von Delegierten der A.- und S.-Räte im ganzen Reiche für den
Zentralrat der A.- und S.-Räte, der den Vollzugsrat als das oberste Organ
der gesetzgebenden und vollziehenden Gewalt zu wählen hat.
-
Zusammentritt des Zentralrats vorläufig mindestens alle drei
Monate – unter jedesmaliger Neuwahl der Delegierten – zur ständigen
Kontrolle über die Tätigkeit des Vollzugsrats und zur Herstellung einer
lebendigen Fühlung zwischen der Masse der A.- und S.-Räte im Reiche und
ihrem obersten Regierungsorgan. Recht der lokalen A.- und S.-Räte zur
jederzeitigen Rückberufung und Ersetzung ihrer Vertreter im Zentralrat,
falls diese nicht im Sinne ihrer Auftraggeber handeln. Recht des
Vollzugsrats, die Volksbeauftragten sowie die zentralen Reichsbehörden und
-beamten zu ernennen und abzusetzen.
-
Abschaffung aller Standesunterschiede, Orden und Titel. Völlige
rechtliche und soziale Gleichstellung der Geschlechter.
-
Einschneidende soziale Gesetzgebung, Verkürzung der Arbeitszeit zur
Steuerung der Arbeitslosigkeit und unter Berücksichtigung der körperlichen
Entkräftung der Arbeiterschaft durch den Weltkrieg; sechsstündiger
Höchstarbeitstag.
-
Sofortige gründliche Umgestaltung des Ernährungs-, Wohnungs- und
Erziehungswesens im Sinne und Geiste der proletarischen Revolution.
C.
Nächste wirtschaftliche Forderungen
-
Konfiskation aller dynastischen Vermögen und Einkünfte für die
Allgemeinheit.
-
Annullierung der Staats- und anderer öffentlicher Schulden sowie
sämtlicher Kriegsanleihen, ausgenommen Zeichnungen bis zu einer bestimmten
Höhe, die durch den Zentralrat der A.- und S.-Räte festzusetzen ist.
-
Enteignung des Grund und Bodens aller landwirtschaftlichen Groß- und
Mittelbetriebe; Bildung sozialistischer landwirtschaftlicher
Genossenschaften unter einheitlicher zentraler Leitung im ganzen Reiche;
bäuerliche Kleinbetriebe bleiben im Besitze ihrer Inhaber bis zu deren
freiwilligem Anschluss an die sozialistischen Genossenschaften.
-
Enteignung aller Banken, Bergwerke, Hütten sowie aller Großbetriebe in
Industrie und Handel durch die Räterepublik.
-
Konfiskation aller Vermögen von einer bestimmten Höhe an, die durch
den Zentralrat festzusetzen ist.
-
Übernahme des gesamten öffentlichen Verkehrswesens durch die
Räterepublik.
-
Wahl von Betriebsräten in allen Betrieben, die im Einvernehmen mit den
Arbeiterräten die inneren Angelegenheiten der Betriebe zu ordnen, die
Arbeitsverhältnisse zu regeln, die Produktion zu kontrollieren und
schließlich die Betriebsleitung zu übernehmen haben.
-
Einsetzung einer zentralen Streikkommission mit den Betriebsräten, die
der beginnenden Streikbewegung im ganzen Reich einheitliche Leitung,
sozialistische Richtung und die kräftigste Unterstützung durch die
politische Macht der A.- und S.-Räte sichern soll.
D. Internationale
Aufgaben
Sofortige Aufnahme der Verbindungen mit den Bruderparteien des Auslandes,
um die sozialistische Revolution auf internationale Basis zu stellen und den
Frieden durch die internationale Verbrüderung und revolutionäre Erhebung des
Weltproletariats zu gestalten und zu sichern.
IV
Das will der Spartakusbund.
Und weil er das will, weil er der Mahner, der Dränger, weil er das
sozialistische Gewissen der Revolution ist, wird er von allen offenen und
heimlichen Feinden der Revolution und des Proletariats gehasst, verfolgt und
verleumdet.
Kreuziget ihn! rufen die Kapitalisten, die um ihre Kassenschränke zittern.
Kreuziget ihn! rufen die Kleinbürger, die Offiziere, die Antisemiten, die
Presslakaien der Bourgeoisie, die um die Fleischtöpfe der bürgerlichen
Klassenherrschaft zittern.
Kreuziget ihn! wiederholen noch wie ein Echo getäuschte, betrogene,
missbrauchte Schichten der Arbeiterschaft und Soldaten, die nicht wissen,
dass sie gegen ihr eigen Fleisch und Blut wüten, wenn sie gegen den
Spartakusbund wüten.
Im Hasse, in der Verleumdung gegen den Spartakusbund vereinigt sich alles,
was gegenrevolutionär, volksfeindlich, antisozialistisch, zweideutig,
lichtscheu, unklar ist. Dadurch wird bestätigt, dass in ihm das Herz der
Revolution pocht, dass ihm die Zukunft gehört.
Der Spartakusbund ist keine Partei, die über die Arbeitermasse oder durch
die Arbeitermasse zur Herrschaft gelangen will. Der Spartakusbund ist nur
der zielbewussteste Teil des Proletariats, der die ganze breite Masse der
Arbeiterschaft bei jedem Schritt auf ihre geschichtlichen Aufgaben hinweist,
der in jedem Einzelstadium der Revolution das sozialistische Endziel und in
allen nationalen Fragen die Interessen der proletarischen Weltrevolution
vertritt.
Der Spartakusbund lehnt es ab, mit Handlangern der Bourgeoisie, mit den
Scheidemann-Ebert, die Regierungsgewalt zu teilen, weil er in einer solchen
Zusammenwirkung einen Verrat an den Grundsätzen des Sozialismus, eine
Stärkung der Gegenrevolution und eine Lähmung der Revolution erblickt.
Der Spartakusbund wird es auch ablehnen, zur Macht zu gelangen, nur weil
sich die Scheidemann-Ebert abgewirtschaftet und die Unabhängigen durch die
Zusammenarbeit mit ihnen in eine Sackgasse geraten sind.
Der Spartakusbund wird nie anders die Regierungsgewalt übernehmen als durch
den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen
Masse in Deutschland, nie anders als kraft ihrer bewussten Zustimmung zu den
Ansichten, Zielen und Kampfmethoden des Spartakusbundes.
Die proletarische Revolution kann sich nur stufenweise, Schritt für Schritt,
auf dem Golgathaweg eigener bitterer Erfahrungen, durch Niederlagen und
Siege, zur vollen Klarheit und Reife durchringen.
Der Sieg des Spartakusbundes steht nicht am Anfang, sondern am Ende der
Revolution: Er ist identisch mit dem Siege der großen Millionenmassen des
sozialistischen Proletariats.
Auf, Proletarier! Zum Kampf! Es gilt eine Welt zu erobern und gegen eine
Welt anzukämpfen. In diesem letzten Klassenkampf der Weltgeschichte um die
höchsten Ziele der Menschheit gilt dem Feinde das Wort: Daumen aufs Auge und
Knie auf die Brust!
(aus: Bericht über den Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei
Deutschlands (Spartakusbund) vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919, hrsg.
von der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund), o.O. u. o.J.
in: Protokoll des Gründungsparteitags der Kommunistischen Partei
Deutschlands 1918 (Dietz Verlag, Berlin 1972)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.12.2024