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Da du mit dem Tode
gerungen, mit dem Tode, |
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Heftiger du gebetet
hattest, |
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Da dein Schweiß und dein
Blut |
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Auf die Erde geronnen
war; |
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5 |
In dieser ernsten Stunde |
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Thatest du jene große
Wahrheit kund, |
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Die Wahrheit sein wird |
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So lang die Hülle der
ewigen Seele Staub ist |
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Du standest, und sprachst |
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Zu den Schlafenden: |
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Willig ist eure Seele, |
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Aber das Fleisch ist
schwach! |
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Dieser Endlichkeit Loos,
die Schwere der Erde |
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Fühlet auch meine Seele, |
15 |
Wenn sie zu Gott, zu dem
Unendlichen |
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Sich erheben will |
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Anbetend, Vater, sink'
ich in den Staub, und fleh, |
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Vernimm mein Flehn, die
Stimme des Endlichen, |
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Gib meiner Seel'
ihr wahres Leben, |
20 |
dass sie zu dir sich, zu
dir erhebe! |
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Allgegenwärtig, Vater, |
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Schließest du mich ein! |
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Steh hier, Betrachtung,
still, und forsche |
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Diesem Gedanken der Wonne
nach |
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25 |
Was wird das Anschaun
sein, wenn der Gedank' an dich, |
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Allgegenwärtiger! schon
Kräfte jener Welt hat! |
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Was wird es sein dein
Anschaun, |
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Unendlicher! o du
Unendlicher! |
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Das sah kein Auge, das
hörte kein Ohr, |
30 |
Das kam in keines Herz,
wie sehr es auch rang, |
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Wie es auch nach Gott,
nach Gott, |
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Nach dem Unendlichen
dürstete; |
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Kam es doch in keines
Menschen Herz, |
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Nicht in das Herz deß,
welcher Sünder |
35 |
Und Erd', und bald ein
Toter ist, |
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Was denen Gott, die ihn
lieben, bereitet hat |
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Wenige nur, ach wenige
sind, |
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Deren Aug' in der
Schöpfung |
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Den Schöpfer sieht!
wenige, deren Ohr |
40 |
Ihn in dem mächtigen
Rauschen des Sturmwinds hört, |
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Im Donner, der rollt,
oder im lispelnden Bache, |
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Unerschafner! dich
vernimmt, |
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Weniger Herzen erfüllt,
mit Ehrfurcht und Schauer, |
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Gottes Allgegenwart! |
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las mich im Heiligtume |
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Dich, Allgegenwärtiger, |
45 |
Stets suchen, und finden!
und ist |
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Er mir entflohn, dieser
Gedanke der Ewigkeit; |
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lass mich ihn
tiefanbetend |
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Von den Chören der
Seraphim, |
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Ihn, mit lauten Tränen
der Freude, |
50 |
Herunter rufen! |
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Damit ich, dich zu
schaun, |
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Mich bereite, mich weihe, |
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Dich zu schaun |
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In dem Allerheiligsten!
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55 |
Ich hebe mein Aug' auf,
und seh, |
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Und siehe der Herr ist
überall! |
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Erd', aus deren Staube |
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Der erste der Menschen
geschaffen ward; |
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Auf der ich mein erstes
Leben lebe, |
60 |
In der ich verwesen
werde, |
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Und auferstehen aus der! |
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Gott würdigt auch dich,
dir gegenwärtig zu sein |
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Mit heiligem Schauer, |
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Brech' ich die Blum' ab; |
65 |
Gott machte sie, |
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Gott ist, wo die Blum'
ist |
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Mit heiligem Schauer,
fühl' ich der Lüfte Wehn, |
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Hör' ich ihr Rauschen! es
hieß sie wehn und rauschen |
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Der Ewige! Der Ewige |
70 |
Ist, wo sie säuseln, und
wo der Donnersturm die Zeder stürzt |
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Freue dich deines Todes,
o Leib! |
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Wo du verwesen wirst, |
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Wird Er sein, |
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Der Ewige! |
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75 |
Freue dich deines Todes,
o Leib! in den Tiefen der Schöpfung, |
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In den Höhn der
Schöpfung, wird deine Trümmer verwehn! |
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Auch dort, verwester,
verstäubter, wird Er sein, |
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Der Ewige! |
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Die Höhen werden sich
bücken! |
80 |
Die Tiefen sich bücken, |
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Wenn der Allgegenwärtige
nun |
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Wieder aus Staub'
Unsterbliche schafft |
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Werfet die Palmen,
Vollendete! nieder, und die Kronen! |
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Halleluja dem
Schaffenden, |
85 |
Dem Tötenden Halleluja! |
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Halleluja dem
Schaffenden! |
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Ich hebe mein Aug' auf,
und seh, |
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Und siehe der Herr ist
überall! |
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Sonnen, euch, und o
Erden, euch Monde der Erden, |
90 |
Erfüllet, rings um mich,
des Unendlichen Gegenwart! |
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Nacht der Welten, wie wir
in dem dunkeln Worte schaun |
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Den, der ewig ist! |
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So schaun wir in dir,
geheimnisvolle Nacht, |
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Den, der ewig ist! |
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95 |
Hier steh ich Erde! was
ist mein Leib, |
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Gegen diese selbst den
Engeln unzählbare Welten, |
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Was sind diese selbst den
Engeln unzählbare Welten, |
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Gegen meine Seele! |
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Ihr, der unsterblichen,
ihr, der erlösten |
100 |
Bist du näher, als den
Welten! |
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Denn sie denken, sie
fühlen |
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Deine Gegenwart nicht |
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Mit stillem Ernste dank'
ich dir, |
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Wenn ich sie denke! |
105 |
Mit Freudentränen, mit
namloser Wonne, |
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Dank' ich, o Vater! dir,
wenn ich sie fühle! |
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Augenblicke deiner
Erbarmungen, |
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O Vater, sinds, wenn du
das himmelvolle Gefühl |
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Deiner Allgegenwart |
110 |
Mir in die Seele strömst |
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Ein solcher Augenblick, |
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Allgegenwärtiger, |
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Ist ein Jahrhundert |
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Voll Seligkeit! |
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115 |
Meine Seele dürstet! |
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Wie nach der Auferstehung
verdorrtes Gebein, |
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So dürstet meine Seele |
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Nach diesen Augenblicken
deiner Erbarmungen! |
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Ich liege vor dir auf
meinem Angesicht; |
120 |
O läg' ich, Vater, noch
tiefer vor dir, |
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Gebückt in dem Staube |
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Der untersten der Welten!
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Du denkst, du empfindest, |
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O du, die sein wird, |
125 |
Die höher denken, |
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Die seliger wird
empfinden! |
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O die du anschaun wirst! |
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Durch wen, o meine Seele? |
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Durch den, unsterbliche, |
130 |
Der war! und der ist! und
der sein wird! |
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Du, den Worte nicht
nennen, |
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Deine noch ungeschaute
Gegenwart |
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Erleucht', und erhebe
jeden meiner Gedanken! |
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Leit ihn, Unerschafner,
zu dir! |
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135 |
Deiner Gottheit Gegenwart |
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Entflamm', und beflügle |
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Jede meiner Empfindungen! |
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Leite sie, Unerschafner,
zu dir! |
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Wer bin ich, o Erster! |
140 |
Und wer bist du! |
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Stärke, kräftige, gründe
mich, |
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dass ich auf ewig dein
sexy! |
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Ohn' ihn, der mich
gelehrt, sich geopfert hat |
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Für mich, könnt' ich
nicht dein sein! |
145 |
Ohn' ihn wär der Gedanke
deiner Gegenwart |
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Grauen mir vor dem
allmächtigen Unbekanten! |
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Erd' und Himmel vergehn; |
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Deine Verheißungen,
Göttlicher, nicht! |
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Von dem ersten Gefallenen
an |
150 |
Bis zu dem letzten
Erlösten, |
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Den die Posaune der
Auferstehung |
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Wandeln wird, |
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Bist bei den Deinen du
gewesen! |
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Wirst du bei den Deinen
sein! |
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155 |
In die Wunden deiner
Hände legt' ich meine Finger nicht; |
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In die Wunde deiner Seite |
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Legt' ich meine Hand
nicht; |
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Aber du bist mein Herr,
und mein Gott! |