Literarische Erörterung

Themenauswahl

Beispiele


Die nachfolgende Auswahl von Themen zur literarischen Erörterung umfasst lineare und dialektische Typen. Sie sind entweder eher dem Texterörterungs- oder dem Problemerörterungstyp zuzuordnen. Während die Aufgabenstellung bzw. -formulierung bis etwa zur Jahrtausendwende nicht einheitlich gestaltet ist, geben heute klar umrissene Operatoren (für die Abiturprüfung) an, was bei einer bestimmten Aufgabe erwartet wird. Bei der literarischen Erörterung in der schriftlichen Abiturprüfung kommt meistens der übergeordnete Operator "Erörtern" zum Zuge. Allerdings ist auch die Verwendung des Operators "Auseinandersetzen" noch üblich.

  1. "Jeder Schriftsteller sollte die Nessel Wirklichkeit fest anfassen und uns alles zeigen." (Arno Schmidt, 1914-1979) - Setzen Sie sich mit dieser Aussage des Schriftstellers auseinander.

  2. Literaturunterricht ist, wenn Lesen keinen Spaß macht. - Nehmen Sie zu dieser Aussage einer Schülerin auch auf Grund eigener Erfahrungen mit schulischer Lektüre Stellung.

  3. "Die Mehrzahl dieser modernen Bücher sind nur flackernde Spiegelungen des Heute. Das erlischt sehr rasch. Sie sollten mehr alte Bücher lesen. Klassiker, Goethe. [...] Das Nur-Neue ist die Vergänglichkeit selbst."
    Franz Kafka in einem Gespräch mit Gustav Janouch.
    Aus: Gustav Janouch, Gespräche mit Kafka. Aufzeichnungen und Erinnerungen, Frankfurt/M. ... 1961, S. 31
    Erörtern Sie diese Aussage Kafkas.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Berufliches und allgemeinbildendes Gymnasium 2008)

  4. "Lieben ist eine produktive Tätigkeit, es impliziert, für jemanden (oder etwas) zu sorgen, ihn zu kennen, auf ihn einzugehen, ihn zu bestätigen, sich an ihm erfreuen - sei es ein Mensch, ein Baum, ein Bild, eine Idee. Es bedeutet, ihn (sie, es) zum Leben zu erwecken, seine (ihre) Lebendigkeit zu steigern."
    Aus: Erich Fromm, Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. Übersetzt von Brigitte Stein. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt 1979 (Erstausgabe 1976), S. 52
    Setzen Sie sich anhand von Schillers Kabale und Liebe und Fontanes Effi Briest mit dieser Auffassung von Liebe auseinander.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Berufliches Gymnasium 2006)

  5. "Literatur ist in meinem Verständnis eine Simulationstechnik. Der Begriff ist in letzter Zeit populär geworden durch die Raumfahrt, deren vollkommen neuartige Situationen, der praktischen Erfahrung vorauslaufend, zunächst künstlich erzeugt und durchgespielt werden. [...] Das ist, wie mir scheint, eine einleuchtende Analogie zur Literatur. Auch sie ist ein der Lebenspraxis beigeordneter Simulationsraum, Spielfeld für ein fiktives Handeln, in dem man als Autor und Leser die Grenzen seiner praktischen Erfahrungen und Routinen überschreitet, ohne ein wirkliches Risiko einzugehen. [...] Die Simulationstechnik der Literatur erlaubt es ihm [dem Leser], fremde Verhaltens- und Denkweisen in seinen Erfahrungsspielraum mit einzubeziehen, also weniger borniert zu sein, und in bezug auf den gesellschaftlichen Zusammenhang weniger normenkonform."
    Aus: Dieter Wellershoff, Literatur und Veränderung. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1971, S. 18f.
    Erörtern Sie anhand Ihrer Leseerfahrung, inwieweit Sie Wellerhoffs Verständnis von Literatur teilen.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Berufliches und Allgemeinbildendes Gymnasium 2007)

  6. "Die Literatur lebt von ihrem ambivalenten Wesen; sie ist ebenso Lebensersatz wie Unterhaltung, Kompensation für den ewigen Mangel wie Erziehung zum differenzierten Denken."
    (Günter Kunert, in: Die Zeit vom 4. 2. 1994)
    Erläutern Sie diese Aussage des Schriftstellers Günter Kunert und setzen Sie sich mit ihr auseinander.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Berufliche und allgemeinbildende Gymnasien, Leistungskurs Deutsch 1998)

  7. Rollen geben uns Halt. - Rollen behindern unsere Entfaltung.
    Erörtern Sie diese beiden Thesen am Beispiel von Max Frischs Roman "Stiller."
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Leistungskurs Deutsch 1997)

  8. "Ich will Bücher schreiben, in denen Menschen vorkommen, die jeder kennt, damit alle Menschen sich in den Gestalten meiner Bücher wiederzuerkennen vermögen."
    (Johannes Mario Simmel, geb. 1924)
    Erörtern Sie anhand ihrer Leseerfahrungen, ob diese These Ihren Erwartungen an die Literatur entspricht.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Grundkurs Deutsch 1996)

  9. "Ein Roman wir desto höherer und edlerer Art seyn, je mer inneres und je weniger äußeres Leben er darstellt ... Die Kunst besteht darin, daß man mit dem möglichst geringsten Aufwand von äußerem Leben das innere in die stärkste Bewegung bringe; denn das innere ist eigentlich der Gegenstand unseres Interesses. - Die Aufgabe des Romanschreibers ist nicht, große Vorfälle zu erzählen, sondern kleine interessant zu machen."
    (Arthur Schopenhauer, 1788-1860)
    Setzen Sie sich mit dieser Behauptung auseinander; ziehen Sie dazu literarische Beispiele heran.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Leistungskurs Deutsch 1995)

  10. Josef K. erscheint vielen Lesern von Kafkas Roman Der Prozeß "als Held, der gegen den Polypen der Macht würdig und schuldlos seinen leider hoffnungslosen Kampf kämpft und als unschuldiges Opfer brutaler Übermacht untergeht." (Walter H. Sokel)
    Erörtern Sie, wieweit die hier vorgenommenen Kennzeichnungen auf Josef K. zutreffen.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Grundkurs Deutsch 1994)

  11. Wirkliche Kunst zeichnet sich immer auch durch leichte Zugänglichkeit aus. - Kunst ist ihrem Wesen nach etwas Befremdliches.
    Setzen Sie sich mit diesen beiden Thesen auseinander.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Leistungskurs Deutsch 1990)

  12. "Abgerundete Geschichten kann man heute nicht mehr schreiben. (Friedrich Dürrenmatt)
    Erläutern Sie anhand von Beispielen aus der Literatur, wie dieser Satz zu verstehen ist, und prüfen Sie seine Geltung.
    (Schriftl. Abitur Deutsch, Baden-Württemberg, Allgemeinbildendes Gymnasium, Leistungskurs Deutsch 1989)

  13. "Seid umbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!" Mit diesem Satz hat Günter Eich 1953 die Aufgabe des Schriftstellers für unsere Zeit umschrieben. Erörtern Sie die Berechtigung dieses Appells von Eich und stützen Sie sich dabei auch auf ihre eigenen literarischen Erfahrungen.

  14. "Literarisches Handeln ist ein Versuch, die Welt zu entblößen, damit niemand sich unschuldig oder betroffen fühlen kann." - Erörtern Sie diese Äußerung des Schriftstellers Siegfried Lenz und beziehen Sie sich dabei auf Ihnen bekannte Werke der Literatur.

  15. "Wer im 'Dritten Reich' schuldig geworden ist, indem er Unrecht getan hat oder hat geschehen lassen, bleibt schuldig – wer sollte ihm vergeben und die Schuld von ihm genommen haben? Vergeben können nur die Opfer, und wenn die Opfer tot sind, kann niemand die Schuld von den Tätern nehmen. Auch die Generation der Kinder bleibt schuldig, soweit sie dadurch schuldig geworden ist, dass sie mit der Generation der Väter nicht gebrochen hat. Die Liebe der Kinder zu ihren Eltern, die Verehrung der Lehrer, Meister, Pfarrer, Professoren, Vorgesetzten und Chefs, das Lernen von ihnen, die Dankbarkeit ihnen gegenüber und die Verbundenheit mit ihnen verstricken in deren Schuld. Für die Enkel, die ihren Großeltern kaum noch persönlich begegnen, gibt es auch die Verstrickung in deren Schuld kaum noch, und die Urenkel sind von ihr frei. Was dann noch bleibt. Ist nicht mehr Schuld. Geschuldet bleiben aber die Erinnerung an die Opfer, der Respekt ihnen gegenüber und der Takt gegenüber ihren Nachfahren. (aus: Stern 5(2005), S..45)
    (Bernhard Schlink, 2005)
    Erörtern Sie das dargestellte Schuldverständnis von Bernhard Schlink und überprüfen Sie, inwieweit es in seinen Roman »Der Vorleser«) Eingang gefunden hat.

  16. Der Derwisch Al-Hafi, der Klosterbruder, Nathan - drei Versuche in Lessings Drama "Nathan der Weise", sich in der Welt Freiheit zu erringen.