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Friedrich Schiller
hat in seiner
Selbstrezension der
Trauerspielfassung
seines
Dramas "Die
Räuber" (1782)
den Inhalt (plot)
der dramatischen Handlung als
Fabel, oder wie er selbst sagt, als "Generalabriß
des Stücks" für die Leserinnen und Leser, der von ihm, zusammen mit
seinem Freund
Johann Wilhelm Petersen, seinem Lehrer an der
Karlsschule
Jakob Friedrich Abel und Johann Jakob Atzel,
1782 herausgebenen Zeitschrift .»Wirtenbergisches
Repertorium der Litteratur« wie folgt zusammengefasst.
"Die Fabel des Stücks ist ohngefähr diese: Ein fränkischer Graf, Maximilian von
Moor, ist Vater von zween Söhnen, Karl und Franz, die sich an Charakter
sehr unähnlich sind. Karl, der ältere, ein Jüngling voll Talenten und
Edelmut, gerät zu Leipzig in einen Zirkel lüderlicher Brüder, stürzt in
Exzesse und Schulden, muß zuletzt mit einem Trupp seiner Spießgesellen
aus Leipzig entfliehen. Unterdes lebte Franz, der jüngere, zu Hause beim
Vater, und da er heimtückischer schadenfroher Gemütsart war, wußte er
die Zeitungen von den Lüderlichkeiten seines Bruders zu seinem eigenen
Vorteil zu verschlimmern, seine reuvollen und rührenden Briefe zu
unterdrücken, andere nachteiligen Inhalts unterzuschieben, und den Vater
dergestalt gegen den Sohn zu erbittern, daß er ihm den Fluch gab und ihn
enterbte.
Karl, durch diesen Schritt zur Verzweiflung gebracht, verwickelt sich
mit seinen Gefährten in ein Räuberkomplott, wird ihr Anführer und führt
sie in Böhmische Wälder. Der alte Graf hatte eine Nichte im Hause, die
den jungen Grafen Karl schwärmerisch liebte. Dieses Mädchen kämpfte mit
allen Waffen der Liebe gegen den Zorn des Vaters, und hätte auch durch
zudringliches Bitten zuletzt ihren Zweck erreicht, wenn nicht Franz, der
von diesem Schritt alles zu besorgen hatte, der nebendem noch Absichten
auf Amalien hegte, durch eine ersonnene List alles vereitelt hätte.
Nämlich er unterrichtete einen seiner Vertrauten, der noch einen
Privatgroll auf den alten und jungen Grafen gefaßt hatte, unter dem
vorgeblichen Namen eines Freunds von Karln, die erdichtete Zeitung vom
Tod dieses letztern zu bringen, und versah ihn hiezu mit den tüchtigsten
Dokumenten. Der Streich gelang, die Trauerpost überraschte den Vater auf
dem Krankenbett, und wirkte so stark auf seinen geschwächten Körper, daß
er in einen Zustand verfiel, den jedermann für den Tod erklärte - Aber
es war nur eine tiefe Ohnmacht. - Franz, der sich durch boshafte
Streiche zu den abscheulichsten Verbrechen erhärtet hatte, benutzte
diesen allgemeinen Wahn, vollzog das Leichenbegängnis, und brachte den
Vater mit Hülfe seines gedungenen Handlangers in einen abgelegenen Turm,
ihn alldort, ferne von Menschen, Hungers sterben zu lassen, und trat
sodenn in den vollkommensten Besitz seiner Güter und Rechte.
Unterdessen hatte sich Karl Moor an der Spitze seiner Rotte durch
außerordentliche Streiche weit und breit ruchtbar und furchtbar gemacht.
Sein Anhang wuchs, seine Güter stiegen, sein Dolch schröckte die
kleinere Tyrannen und autorisierten Beutelschneider, aber sein Beutel
war der Notdurft geöffnet, und sein Arm zu ihrem Schutze bereit. Niemals
erlaubte er sich spitzbübische Dieberei, sein Weg ging gerade, er hätte
sich bälder zehen Mordtaten als einen einzigen Diebstahl vergeben. Das
Gerücht seiner Taten forderte die Gerechtigkeit auf; er wurde in einem
Walde, wo hinein er sich nach einem Hauptstreich mit seiner ganzen Bande
geworfen hatte, umringt, aber der zur Verzweiflung gehetzte Abenteurer
schlug sich mit wenigem Verlust herzhaft durch, und entrann glücklich
aus Böhmen. Itzt verband sich ein flüchtiger edler Böhme mit ihm, den
sein widriges Geschick mit der bürgerlichen Gesellschaft entzweit hatte,
dessen unglückliche Liebesgeschichte die schlafende Erinnerung der
seinigen wieder aufweckte, und ihn zu dem Entschluß bewog, Vaterland und
Geliebte wiederzusehen, welchen er auch schleunig ins Werk setzte.
Hier eröffnet sich die zweite Epoche der Geschichte. Franz Moor genoß
indes in aller wollüstigen Ruhe die Frucht seiner Büberei; nur Amalia
stemmte sich standhaft gegen seine wollüstige Bestürmungen. Karl
erscheint unter einem vorgeblichen Namen - Wilde Lebensart, Leidenschaft
und lange Trennung hatten ihn unkenntlich gemacht, nur die Liebe, die
sich niemals verleugnet, verweilt über dem sonderbaren Fremdling.
Sinnliches Anschauen überwältigt die Erinnerung, Amalia fängt an, ihren
Karl in dem Unbekannten zu lieben - und zu vergessen, und liebt ihn
doppelt, eben da sie ihm untreu zu werden fürchtet. Ihr Herz verrät sich
dem seinigen, das seinige dem ihrigen, und der scharfsichtigen Furcht
entrinnt keines von beiden. Franz wird aufmerksam, vergleicht, errät,
überzeugt sich und beschließt das Verderben des Bruders. Zum zweitenmal
will der den Arm seines Handlangers dingen, der aber, durch seinen
Undank beleidigt, mit angedrohter Entdeckung der Geheimnisse von ihm
abspringt. Franz, selbst zu feig, einen Mord auszuführen, verschiebt die
unmenschliche Tat. Unterdes war schon der Eindruck von Karl so tief in
das Herz des Mädchens gegangen, daß ein Heldenentschluß auf Seiten des
ersten vonnöten war, ihn zu vertilgen. Er mußte die verlassen, von der
er geliebt war, die er liebte und doch nicht mehr besitzen konnte; er
floh, nachdem sie ihn erkannt, zu seiner Bande zurück. Er traf diese im
nächstgelegenen Wald. Es war der nämliche, worin sein Vater im Turme
verzweifelte, von dem reuigen und rachsüchtigen Hermann (so hieß
Franzens Vertrauter) kümmerlich genährt. Er findet seinen Vater, den er
mit Hülfe seiner Raubwerkzeuge befreit. Ein
Detachement1 von Räubern muß
den abscheulichen Sohn herbeiholen, der aus dem Brand seines Schlosses,
worein er sich aus Verzweiflung gestürzt hatte, mühsam errettet wird.
Karl läßt ihn durch seine Bande richten, die ihn verurteilt, in dem
nämlichen Turme zu verhungern. Nun entdeckt sich Karl seinem Vater, doch
seine Lebensart nicht. Amalia war dem fliehenden Geliebten in den Wald
nachgeflohen, und wird hier von den streifenden Banditen aufgefangen und
vor den Hauptmann gebracht. Karl ist gezwungen, sein Handwerk zu
verraten, wobei der Vater für Entsetzen stirbt. Auch itzt ist ihm seine
Amalia noch treu. Er ist im Begriff, der Glücklichste zu werden, aber
die schwürige Bande steht wider ihn auf, und erinnert ihn an den
feierlich geschwornen Eid. Karl, auch im größesten Bedrängnis noch Mann,
ermordet Amalien, die er nicht mehr besitzen kann; verläßt die Bande,
die er durch dieses unmenschliche Opfer befriedigt hat, und geht hin,
sich selbst in die Hände der Justiz zu überliefern." (907 Wörter)
Wort- und Sacherklärungen:
1↑ Detachement: veraltete Bezeichnung für eine
militärische Truppenabteilung mit besonderen Aufgaben
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