"Der Wächter am Rhein" vom 28. April 1832
(Auszüge):
"Die süddeutsche Presse nun, die sich einer freieren Bewegung erfreut,
mache sichs zur Hauptangelegenheit, preußische Zustände zu behandeln, die
Untertanen der preußischen Monarchie über ihre wahre Lage aufzuklären,
ihnen die Schmach ihrer bürgerlichen Nichtigkeit recht deutlich vor die
Augen zu führen [...] Da aber die in Nacht gehaltenen Preußen nicht einmal
von der Existenz eines freisinnigen Blattes einen Begriff haben,
geschweige denn ein solches zu lesen bekommen, so wäre alle Mühe des
Schreibens vergebens, wenn man nicht zugleich auf Mittel Bedacht nehmen
wollte, durch den preußischen Gedankenmaut-Kordon die Wahrheit
einzubringen, und den unmündigen Abgeschlossenen einen neuen köstlichen
Genuss zuzuführen. Alle süddeutschen Mitbürger, die in irgend einer
Geschäftsverbindung stehen mit dem finsteren Teile der preußischen
Monarchie, die irgend einen Freund oder Handelsgefährten in jenen Gegenden
haben, fordern wir auf im Namen des Vaterlandes, zur Verscheuchung der
Nacht und des Truges, zur Verbreitung des Lichts und der Wahrheit in jenen
Regionen nach Kräften mitzuwirken, dadurch, dass sie keine Gelegenheit
unbenützt vorübergehen lassen, um in die Hände der in Unwissenheit und
Trug Verblendeten ein Mittel der Belehrung, eine Anzahl freisinniger
Blätter zu liefern. Bald wird dann auch bei ihnen das Bedürfnis erwachen,
das bei uns so allgemein gefühlt wird: das Bedürfnis, Wahrheit zu hören;
und ist dies erst einmal rege geworden, dann wird es [...] jedes Hindernis
übersteigen. Werden auf diese Weise Vorurteile verbannt, werden jene
Betörten aufgeklärt, damit sie die Lage des Vaterlandes und ihre eigene
recht erkennen: dann werden sie gewiss auch ihre tatkräftige Liebe dem
Vaterlande und der gemeinsamen Sache wieder zuwenden; dann wird mit der
Veranlassung auch jener Widerwille des Süddeutschen gegen den Preußen
verschwinden. Beide werden all ihren Hass und ihre vereinigte Kraft zum
Widerstand gegen die gemeinsamen Feinde, die Despoten und ihre
begünstigten Knechte, aufbieten."
(aus: Der Wächter am Rhein vom 28. April 1832)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
12.10.2023