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Die Geschichte im Erzählvorgang
Eberhard Lämmert (1955)
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Die Bauformen einer Erzählung erhalten ihre Kontur erst dadurch, dass die
monotone Sukzession der erzählten Zeit beim Erzählen auf verschiedene
Weise verzerrt, unterbrochen, umgestellt oder gar aufgehoben
wird.
Die Verzerrung der Sukzession ergibt sich durch den Wechsel von
einlässigem und knappen Erzählen, d.h. durch das sich ständig
verschiebende Verhältnis von erzählter Zeit und Erzählzeit. Der
nächstliegende, neutrale Maßstab für die Erzählzeit ist dabei die
Seiten. und Zeilenzahl, die einem Geschehen von bestimmter Erstreckung
gewidmet ist. [...] Bedeutung gewinnen solche Einlässigkeit und Knappheit
erst, wenn sie als regelhafte Erscheinungen einem bestimmten
Komplex von Ereignissen und Gegenständen [...] innerhalb größerer
Partien aufgewiesen werden können [...]. In jedem Falle aber bedingt
schon dieser ständige und nicht selten rhythmische Wechsel der
Raffungsintensität das Phänomen der Phasenbildung im
Erzählfluss. [...]
Unterstützt wird diese Gliederung durch markante Schwellen im
Erzählfluss: Unterbrechungen und Neuansätze, die die
Geschichte in deutliche Abschnitte zerschneiden. [...]
In den weiteren Bereich der Gliederung durch Einschnitte gehört die Umstellung
von Partien der erzählten Zeit im Lauf des Erzählens. Schon die
Grobgliederung eines Werkes ist wesentlich dadurch bestimmt, ob eine
Geschichte von Anfang an erzählt wird oder von der Mitte oder gar vom
Ende her ausgefaltet wird. [...] Die Umstellung von Handlungsabschnitten
im Zuge des Erzählens ist eines der wichtigsten Mittel der Fabelbildung
und Spannungserzeugung. Macht der Erzähler überdies durch Rück- und
Vorverweise auf diese Anordnung eigens aufmerksam, so entstehen
Verflechtungsformen, die den Leser an jedem Punkt der fortschreitenden
Geschichte die Richtungnahme des Gesamtvorgangs miterfassen lassen.
Neben diesen Mitteln zur Verflechtung der Vorgänge bieten sich dem
Erzähler schließlich eine Reihe von Möglichkeiten, den Erzählfluss
vorübergehend ganz vom Bereich der Geschichte zu lösen [...]. Hierher
gehören Beschreibungen, Charakteristiken, Betrachtungen und Erörterungen
[...].(aus :
Lämmert
1955, S.32ff.)
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Arbeitsanregungen:
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Arbeiten Sie aus dem Text
heraus: Mit welchen Mitteln kann die
Ereignisfolge im Erzählvorgang gestaltet werden?
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Untersuchen Sie an einem
literarischen
Textbeispiel, welche Mittel zur
Zeitgestaltung eingesetzt werden.
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