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Bausteine zu Andreas Gryphius: Es ist alles eitel

Textvergleich

Vergleichstext: Markus Werner [ Wir leben ein paar Augenblicke ]

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur  ● Autorinnen und Autoren Andreas Gryphius (1616-1664) Lyrische Texte [ Es ist alles eitelText
Aspekte der Analyse und Interpretation Bausteine ] Ebenbild unseres Lebens Abend Tränen des Vaterlands Menschliches Elende Einsamkeit Thränen in schwerer Krankheit (Anno 1640) ... Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

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Andreas Gryphius (1616-1664)
Es ist alles eitel

Du siehst, wohin du siehst, nur eitelkeit auf erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo ietzundt städte stehn, wird eine Wiese seyn,
Auf der ein schäfers kind wird spielen mit den herden;

Was itzundt prächtig blüth, sol bald zutreten werden;                       5
Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen asch und bein;
Nichts ist, das ewig sey, kein ertz, kein marmorstein.
Jetzt lacht das glück uns an, bald donnern die beschwerden.

Der hohen thaten ruhm muß wie ein traum vergehn.
Soll denn das spiel der zeit, der leichte mensch bestehn?               10
Ach, was ist alles diß, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte nichtigkeit, als schatten, staub und Wind,
Als eine wiesen blum, die man nicht wieder find't!
Noch wil, was ewig ist, kein einig mensch betrachten.

Wir leben ein paar Augenblicke
Markus Werner (1994-2016)

"Wir leben ein paar Augenblicke und tun so rasend wichtig. Der eine braucht den Ausdruck »Schwerpunktthema«, der andre spricht von »musikalischer Umrahmung«, der dritte sagt: »Anforderungsprofil«, und solche Wörter tönen so, als würden die, die sie verwenden, ewig leben, und ich kann nicht begreifen, warum der Mund kein Schamteil ist. Wir leben ein paar Augenblicke und achten doch auf Bügelfalten, und ist ein weiches Ei zu hart, macht man Theater. Hier fehlt ein Komma! sagen wir. Und der Hürlimann nicht endlich seine Büsche stutzt! Ich steh auf Kümmel. Nicht mein Typ. Naturschwamm oder Kunststoffschwamm? Sie werden mich noch kennen lernen. Ich ziehe Schritte in Erwägung, da man beim Schweizer Radio die vierte Strophe der Jodellieder meistens abklemmt. Du, ist der Meier schwul, er trägt ein selbst gestricktes Rosa-Westchen. Wir leben ein paar Augenblicke und sind so falsch, so schwatzhaft, so himmelschreiend oberflächlich und tun die ganze Zeit die Pflicht, die Pflicht und werden dabei schlecht und dumm und grölen in der Freizeit blöd herum und vögeln ruppig. Wir haben den Mut zu nichts und Angst vor allem, wir stehen zeitig auf und tun die Pflicht und schämen uns, wenn wir mal liegen bleiben, und wären froh um eine Grippe. Die Eskapadenfreudigkeit nimmt ab, man denkt schon vor der Sünde an den Katzenjammer, uns fehlt nicht nur die Lust, uns fehlt sogar die Lust zur Lust, schon sie gilt als obszön, nicht aber der Verzicht und nicht die Pflicht und nicht die pausenlose feige Füg- und Folgsamkeit und ihre Folge, die Verblödung. Wir sind so eingeschüchtert, so elend zahm, Umgänglichkeit hat Vorrang; weil alles so komplex ist und so erfreulich relativ, sind wir von vornherein entschuldigt, wenn wir nicht dies, nicht jenes sagen, die Selbstzensur nennt man die gedankliche Behutsamkeit, und Wahrheitsangst heißt Toleranz, und selbst der zitterigste Hampelmann hat noch die Chance, als kompromissbereiter Geist zu gelten. Ist unser Gang entspannt? Er ist es nicht. Wir gehen, wie wir leben, verkrümmt, gedrückt, geknickt und linkisch. Wie wird bei uns getanzt? Getanzt wird nicht bei uns, wir hopsen höchstens. Wo ist ein seliges Gesicht, frei von Verkniffenheit, frei von Verstellung, frei von der Furcht, nicht zu gefallen? Wo bleiben die Belege, die meine Hoffnung nähren könnten, dass alle meine Nachtgedanken nur alkohol- und froschbedingte Hirngespinste sind?"

(aus: Markus Werner, Froschnacht, 2. Aufl., Salzburg 1986, S.135f.)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 08.02.2024

 
   Arbeitsanregungen:

Vergleichen Sie die beiden Texte miteinander.

  1. Vergleichen Sie die Weltsicht, die der Ich-Erzähler in Markus Werners Roman darlegt, mit der von Andreas Gryphius in seinem Gedicht »Es ist alles eitel«.

  2. Untersuchen Sie, mit welchen rhetorischen Mitteln Markus Werner diesen Romanauszug gestaltet.

  3. Nehmen Sie zu den Aussagen des Ich-Erzählers Stellung.

  4. Gestalten Sie ein Gedicht (ggf. Variation) mit dem Titel:
    Wir leben nur ein paar Augenblicke
    (Produktive Textarbeit)

  

 
 

 
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