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Verteidigungsrede von Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1834): Ich bin Republikaner von ganzer Seele ...

 Das Hambacher Fest 1832

 
GESCHICHTE
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Ich bin Republikaner von ganzer Seele ...
Verteidigungsrede von »Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845) (1834):

"Was mich betrifft, ich bin Republikaner von ganzer Seele; nicht bloß er Theorie nach, sondern ich halte die Repräsentativ-Republik für die einzige Staatsform, die einem größeren Volk, das seine Würde fühlt, geziemt, für die alleinige, die heute möglich. Sie allein kann freies Denken, freies Handeln geben, somit den Zweck der Völkerbewegung erfüllen. Ein mündiges Volk unter einer Monarchie dünkt mir ein Herkules am Spinnrocken, woran der eigene Wahn es bindet. [...] Die konstitutionelle Monarchie, welche Republik und Fürstlichkeit vereinen soll, ist mir praktisch ein Unding. Nur ein Wille kann Staaten regieren; jene stellt aber einen zweifachen auf: den Willen des Monarchen und den Willen des Volkes. So entsteht ein Doppelprinzip, das sich selbst feindselig bekämpft. Alle Gewalt strebt, wie man weiß, naturgemäß nach ihrer Erhaltung, Befestigung, Erweiterung: ist die Regierung stark, so wird sie absolut, die Mitwirkung des Volkes wird ein Gaukelspiel sein; ist der Volksrat stark, so geht die Monarchie in der Republik unter [...] Ich will, dass die Gesamtheit herrsche, d.h. Geist und Gang der Regierung regle. Wo eine herrschende Klasse, da ist auch eine dienende. Der herrschende Gesamtwillen, der freie Ausdruck aller Volksinteressen- dies ist meine Republik. So viel über Ziel und Inhalt meiner Bestrebungen. Nun über Art und Weise, wie ich es zu erreichen gesucht. [...] Zwar lassen sich diese Ansichten in zwei Hauptmeinungen zusammenfassen, wovon die eine die soziale Umgestaltung langsam, auf dem Weg allmählicher Reformen, die andere wesentlich auf einmal will. Inzwischen muss ich in Beziehung auf die letzte Partei sogleich die Beschränkung beifügen, dass dieselbe wohl zufrieden wäre, hätte man nur erst die Möglichkeit allmählicher Reformen errungen und sichergestellt. Ich selbst gehöre zu dieser Partei.

Kein Volk wünscht jemals Umsturz, Anarchie. Dass in jedem Volk ein Haufe von Leuten besteht, die sich in solchem Elemente wohl befänden, ist wahr; Mangel an Aufklärung und Überfluss an Elend sind schuld: die Staatsordnung, wogegen solcher Pöbel sich erhebt, hat ihn erzeugt; je zahlreicher und wilder er ist, desto verdammlicher erscheint die Ordnung der Dinge, die ihn erschaffen. Doch hütet euch, das so genannte niedere Volk zu verdächtigen, ihr, die ihr den Pöbel nicht da sucht, wo er allein zu finden - in eueren Reihen, Pöbel in Glanz und Würden, in Palästen und im Überfluss!"

aus: H. Brandt (Hrsg.) (1979) - Restauration und Frühliberalismus 1814-1840, Darmstadt 1979, S.423-427

Biographische Autornotiz:
»Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845), Jurist, politischer Journalist und Publizist des (politischen) Vormärz (= Sammelbezeichnung für die Zeit zwischen Wiener Kongress 1815 und der Märzrevolution 1848); geb. als Sohn eines Schneiders im badischen Lahr (Schwarzwald); mit zehn Jahren Vollwaise wird er von Verwandten erzogen; fünfzehnjährig Aufnahme einer Schreibertätigkeit beim Oberamt in Lahr, 1808 nach Versetzung nach Freiburg im Breisgau dort von 1809 an Jurastudium; Freundschaft mit Carl Wenzeslaus von Rotteck; 1813 Promotion; 1814 Freiwilliger in den Befreiungskriegen gegen Napoleon und Ende des gleichen Jahres Heirat mit Emilie von Weisseneck, einer Tochter seines Doktorvaters (gemeinsame Tochter: Cornelia); ab 1818 königlich-bayerischer Landcommissär in Homburg, das in der zum bayerischen Königreich zählenden Pfalz (Rheinbayern) liegt; dort zuständig für die Verwaltung von zahlreichen Gemeinden; nach der Julirevolution in Frankreich im Jahre 1830 verstärkte journalistische und publizistische Tätigkeit, mit der seine wachsende Kritik an den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse artikuliert; Gründung der Zeitschrift „Rheinbayern“, um deren Stimme herum, sich die liberale Öffentlichkeit und Bewegung formiert; wegen seiner politischen Ansichten ohne Bezüge aus dem Staatsdienst entlassen; ab 1831 Herausgabe der Tageszeitung „Der Bote aus Westen“, die, in einer eigenen Druckerei in Oggersheim produziert, zu einem bedeutenden Sprachrohr der liberalen Bewegung wird; 1832 Mitgründer des gegen die Pressezensur gerichteten Deutschen Preß- und Vaterlandsvereins (dabei u. a. auch: Johann Georg August Wirth); veröffentlicht in seinen Pressorganen den Aufruf zum Hambacher Fest, das er gemeinsam mit Wirth organisiert; einer der Hauptredner des Hambacher Festes; wird deswegen mit Wirth und elf weiteren Wortführern des Pressvereins verhaftet und in einem Hochverratsprozess in der Festung Landau vor Gericht gestellt; dank der pfälzischen Geschworenengerichtsbarkeit kommt es allerdings zu einem sensationell wirkenden Freispruch der Angeklagten; 1833 allerdings in einem weiteren Prozess zusammen mit Wirth wegen Beleidigung inländischer und ausländischer Behörden vor dem Zuchtpolizeigericht, bei dem keine Geschworenen mitwirken konnten, zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt; kann mit Hilfe von Freunden Mitte November 1833 aus der Haft über das Elsass in die Schweiz fliehen; dort erhält er an der Universität von Bern eine außerordentliche Professur für Straf- und Staatsrecht; nach Ausbruch einer psychischen Erkrankung 1841 die letzten Jahre bis zu seinem Tode in der Heil- und Pflegeanstalt von Bümpliz; Tod am 14. 05. 1845 im Alter von 55 Jahren;
Zur Erinnerung an Siebenpfeiffer 1989 Gründung der Siebenpfeiffer-Stiftung (www.siebenpfeiffer-stiftung.de ), zu der die Landkreise Saarpfalz-Kreis und Bad Dürkheim, die Städte Homburg, Zweibrücken und Rastatt sowie die Landesverbände des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) des Saarlands, von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen angehören; seit 1987 alle zwei bis drei Jahre Verleihung des »Siebenpfeiffer-Preises an Journalisten, „die durch Veröffentlichungen in Presse, Rundfunk und Fernsehen das demokratische Bewusstsein in unserer Zeit fördern.“ (Siebenpfeiffer-Stiftung); bisherige Preisträger u. a.: Franz Alt (1987), Ralf Giordano (1994), Carola Stern (1997), Heribert Prantl (1999), Peter Scholl-Latour (2003)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 12.10.2023

    
   Arbeitsanregungen:
  1. Mit welchen Argumenten verteidigt sich Siebenpfeiffer?

  2. Was spricht in seinen Augen für die Republik im Gegensatz zu anderen Staatsformen?

 
   
 

 
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