Das 1832 bei »Neustadt in der Pfalz stattfindende
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Hambacher Fest nimmt in der politischen Festkultur
zwischen 1815 und 1848/49 einen herausragenden Platz ein.

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Auch wenn die
Angaben über die Zahl der Teilnehmer immer wieder in Zweifel gezogen wird,
war die Veranstaltung doch in jedem Fall die größte ihrer Art. Sie zeugt
von der Stärke der oppositionellen Bewegung, die zu dieser politischen
Kundgebung aufgerufen hatte. Die Härte, mit der die Regierungen und der
Deutsche Bund gegen die Repräsentanten der Opposition im Anschluss an das
Fest vorgegangen ist, zeigt, wie wichtig die Staatsmacht das Zeichen von
Hambach genommen hat.

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Das Fest fand auf Schloss Hambach bei Neustadt in der Pfalz statt, die
seit dem Wiener Kongress 1815 zum Königreich Bayern gehört. Zwischen 1794
und 1814 hatte die Pfalz zu Frankreich gehört, auf dessen Herrschaft
bestimmte Gesetze und Strukturen zurückzuführen sind, die auch nach dem
Abzug der Franzosen in dem politisch-geographisch vom restlichen
Königreich isolierten Gebiet weiterhin Gültigkeit besaßen. So ermöglichte
das geltende Pressegesetz, dass sich die Opposition vereinsmäßig im
Pressverein organisieren konnte.
Die Wurzeln der Festkultur im Vormärz
Der erzieherische Wert von Festveranstaltungen, die weder
kirchliche noch brauchtümliche Wurzeln besaßen, war seit der
Aufklärung immer wieder betont worden und verlieh ihnen schon bald einen
politischen Charakter. Fortan standen solche Veranstaltungen im Dienst der
Politik, die Feste für ihre Ziele instrumentalisierte. Je nach Regierung
und herrschender politischer Lage gab es Revolutionsfeste, Nationalfeste
oder und Fürstengedenktage, die bei aller inhaltlichen Verschiedenheit
eine Festkultur entwickelten, die sich von den traditionellen kirchlichen
Festen und Volksfesten mit ihrem rationalen Konzept deutlich unterschied.
Wenn solche Festveranstaltungen vor allem dazu dienen sollten, den
Patriotismus der Menschen zu stärken, wurden sie dabei meist als
"Nationalfest" oder einfach auch nur als "Volksfest" bezeichnet.
"Das Nationalfest der Teutschen", das an vielen Orten Orten in Deutschland
im Oktober 1814 in Erinnerung an die siegreiche "Völkerschlacht" bei
Leipzig gegen Napoleon Bonaparte ein Jahr zuvor gefeiert wurde, war eines
der Vorbilder für diese Art von Festen. Man hielt patriotische Reden oder
Predigten, rezitierte patriotische Sprüche und sang patriotische Lieder.
Aber auch in überregionalen Festen der Turner-, Sänger- und Schützenbünde
lebte nach 1815 "die Idee eines bürgerlich-nationalen Verfassungsstaates
fort, wie sie sich im Verlauf der 'Befreiungskriege' Bahn gebrochen hatte.
Unter dem Deckmantel scheinbar unpolitischer Feste und Vergnügungen
formierte sich eine bürgerlich-nationale, freiheitliche Opposition, die in
der Zeit der Restauration und Reaktion, während der politische
Versammlungen verboten waren, den nationalen Gedanken am Leben erhielt." (Schneider
1990)
Nach der Reichsgründung von 1871 veränderte sich der Charakter solcher
Feste. Statt freiheitlicher und zum Teil oppositioneller Reden dienten sie
nun einem "Reichspatriotismus", der mit seinen allerorten hinausposaunten
Hurra- und Hoch-Rufen für den Kaiser, einen ebenso spannungs-, wie
konfliktfreien "affirmativen Reichsnationalismus" (Düding) förderte. (vgl.
Schneider 1990)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
12.10.2023
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