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Es gibt verschiedene Ansätze, um Parteien als Typen voneinander zu
unterscheiden. Solche Typologien greifen stets bestimmte Eigenschaften heraus und
vernachlässigen andere, um so
genannte Idealtypen zu bestimmen. Solche Idealtypen entsprechen insofern
nicht dem kompletten Bild einer Partei in der Wirklichkeit. Sie dienen vor allem dazu,
Parteien unter Bezug auf den Idealtyp miteinander zu vergleichen.
Folgt man der Unterscheidung von
Lucardie (2007,
S.67f.), dann lassen sich Parteien unter dem Aspekt ihrer Ziele und
Funktionen in drei Typen unterscheiden:
Prophetischen Parteien
geht ihre Ideologie, die sie verbreiten wollen, über alles. Ihnen ist
die Erringung politischer Macht oder von Mandaten in Parlamenten nicht
so wichtig. Ihre Arbeit trägt einen quasi missionarischen Charakter.
Zugehörigkeit zur Partei schafft nicht die Mitgliedschaft, sondern die
Übernahme des Identitätsangebots, das eine in allen Belangen für absolut
wahr gehaltene Ideologie anbietet. Die Geschlossenheit des Weltbildes
führt auch dazu, dass ihre Anhänger sich oft auch in ihren privaten
Lebensformen deutlich von denen der anderen in der Gesellschaft
abgrenzen und gewissermaßen eigene Milieus bilden.
Parteien dieses Typs sind z. B. anarchistische, kommunistische und
faschistische Parteien. Zu ihnen zählen aber auch Parteien des radikalen
Feminismus, des so genannten
»Ökologismus mit seinen verschiedenen Spielarten (z.B. religiöser
Ökologismus, »Ökosozialismus,
ökologischer Fundamentalismus, »Ökofeminismus)
und des religiösen Fundamentalismus gleich welcher Konfession. (vgl.
ebd.) In der Bundesrepublik Deutschland zählt derzeit keine der
relevanten
Parteien zu diesem Parteitypus.
- Der Ökologismus (engl.
ecologism oder environmentalism) geht mit seinen Wurzeln bis ins 19.
Jahrhundert zurück, hat aber als politische Bewegung erst seit den
sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts größere
Bedeutung erlangt. Ob der Ökologismus eine geschlossene Ideologie
darstellt oder vor allem eine politische Bewegung mit verschiedenen
Konzepten zur Lösung von Problemen ist, die von den gegenwärtigen
Industriegesellschaften verursacht werden (vgl.
Vincent 1995),
ist durchaus umstritten.
Eine
extensionale Minimaldefinition könnte in etwa lauten:
Ökologismus basiert auf der Überzeugung, dass Mensch und Natur
grundlegend miteinander verbunden sind und das Wohlergehen der
Biosphäre als Ganzes den menschlichen Interessen grundsätzlich
vorgeht.
Im deutschen Sprachraum hat der Begriff einen deutlich negativen
Wertungsakzent, was auch die Definition durch
Weißer (2012.
S.12ff.) verdeutlicht. Dieser sieht im Ökologismus "eine
Pseudo-Religion, eine Weltanschauung des zum Selbstzweck gewordenen
Umweltschutzes, bei der nicht der Mensch, sondern die Erde im
Mittelpunkt der naturromantischen, teils bis in die Esoterik
reichenden, Überzeugungen steht (Earth first)."
Nach Andrew
Dobson (2007) erfüllt der Ökologismus die Anforderungen an eine
Ideologie. Der Historiker Joachim
Radkau (2002,
S.335) geht gar so weit zu behaupten, dass der Ökologismus "nach
dem Niederbruch des Sozialismus als die weltweit als einzige
ideologische Alternative zur absoluten Hegemonie des privaten
Gewinn- und Konsumstrebens übriggeblieben“ ist.Wie immer man den
Ökologismus definiert, man wird stets mit einer Vielzahl von
Spielarten umzugehen haben, die - auch ideologisch -
Anleihen bei
ganz verschiedenen Denkmodellen machen. Aus der Vielzahl der
Elemente, die ökologistische Bewegungen und Parteien kennzeichnen
können, aber nicht müssen, kann man z. B. die folgenden nennen:
Das sind:
-
Ablehnung der
herkömmlichen Mittel von Modernisierung (z.B.
Wirtschaftswachstum) bei gleichzeitiger Betonung der
individuellen Verantwortung jedes einzelnen
-
Kritik an den als
mechanistisch betrachteten Entwicklungsperspektiven der
industriellen Gesellschaft
-
wertkonservativ
fundierte Abneigung gegen den Fortschrittsglauben und die
Überzeugung, dass nur sehr begrenzte Eingriffe in das
ökologische System möglich sind, ohne ökologische Katastrophen
heraufzubeschwören und das ökologische System letzten Endes
zugrunde zu richten
-
totalitäre Tendenz,
die systemtheoretische Ökologie als eine "Überwissenschaft" zu
etablieren
-
Solidaritätsgebot
gegenüber späteren Generationen, Entwicklungsländern oder auch
gegenüber allem, was "lebt"
-
Spiritualismus
und Esoterik
-
Moralismus
(vgl. auch:
Slideplayer-Präsentation von
Svenja Lauterbach, 9.8.2016, vgl.
emaze-Präsentation von
hannaholiver137, 9.8.2016)
-
Als
Ideologiehüter fungieren Parteien,
die zwar Wert auf die ihnen eigene Ideologie legen, aber durchaus
bereit sind, diese den gegebenen Umständen anzupassen. Die Parteien
dieses Typs wollen Mandate in den Parlamenten erringen und streben
nach Regierungsverantwortung. Wer Mitglied einer solchen Partei ist,
ist ihr vielleicht aus Überzeugung beigetreten, richtet aber nicht
sein gesamtes Leben nach ihr und ihrer Ideologie aus. In der
Bundesrepublik Deutschland zählen die
CDU,
die CSU,
die SPD
und die FDP
zu diesem Parteitypus. (vgl.
Lucardie 2007,
S.67) Seit neuestem wird man auch die
AfD dazu rechnen müssen.
-
Von Ideologien halten die
sogenannten pragmatischen
Parteien wenig oder gar nichts. Auf der Grundlage ihres
Bekenntnisses zu Demokratie, Menschenrechten und anderen Grundwerten
wollen sie mit Sachpolitik im Interesse ihrer Wählerinnen und Wähler
punkten. Um diese Interessen wirksam vertreten zu können, streben
sie Mandate in Parlamenten an und suchen Regierungsbeteiligung.
Aber: "Mitglieder treten der Partei oft aus opportunistischen
Gründen bei, etwa um eine (bessere) Stelle zu finden, oder um einem
Vorgesetzten einen Gefallen zu tun." (ebd.,
S.68)
Parteitypen nach Funktionen
Wenn man Parteien nach ihren Funktionen einteilt, lassen sie sich oft
in Form von Gegensatzpaaren abbilden, die bestimmte Typen voneinander
unterscheiden. So hat man z.B. die nachfolgenden Gegensatzpaare einander
gegenübergestellt.
-
Integrationsparteien leisten
eine anhaltende Parteiarbeit, die weit über die Arbeit in den
Parlamenten hinausreicht. Sie wollen damit ihre Mitglieder besonders
stark an die Partei binden. Ihr Gegenstück sind die
Repräsentationsparteien und
Allerweltsparteien, die sich
als sog. catch-all partys vor
allem am Wahlerfolg orientieren. Im Parteityp der
Volkspartei hat dieser
Parteityp eine für die Bundesrepublik Deutschland spezifische Form
erhalten.
-
Volksparteien, die bemüht
sind, sich möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen sozialen
Schichten anzusprechen und deren Interessen in ihrem inneren und
äußeren Parteihandeln auszugleichen, stehen wiederum
Interessenparteien gegenüber,
die nur ein oder wenige eingegrenzte Interessen bestimmter Gruppen
der Gesellschaft vertreten wollen und können.
-
Programmparteien, die ihre Ziele
langfristig z. B. auf der Basis einer bestimmten politischen Theorie
entwickeln, vergleicht man mit so genannten
Plattformparteien, deren Ziele
meistens nur kurzfristig in Wahlprogrammen oder Wahlplattformen
formuliert werden und auf das kurzfristige Gewinnen von Wahlen
abgestellt sind.
-
Mitgliederparteien wiederum
stehen in Gegensatz zu Wählerparteien
usw.
(vgl.
Neumann 1995,
S.612-619
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
21.08.2016
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