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Szenenschema
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Gesamttext
/Recherche/Leseversion)
1. Akt -
2. Akt -
3. Akt -
4. Akt -
5. Akt
Dritter
Akt
Erste Szene
AMALIA (im Garten, spielt auf der
Laute)
Schön wie Engel, voll
Walhallas Wonne,
Schön vor allen
Jünglingen war er,
Himmlisch mild sein
Blick, wie Maiensonne,
Rückgestrahlt vom blauen
Spiegelmeer.
Sein Umarmen - wütendes
Entzücken! -
Mächtig, feurig klopfte
Herz an Herz,
Mund und Ohr gefesselt -
Nacht vor unsern Blicken -
Und der Geist gewirbelt
himmelwärts.
Seine Küsse -
paradiesisch Fühlen! -
Wie zwo Flammen sich
ergreifen, wie
Harfentöne ineinander
spielen
Zu der himmelvollen
Harmonie,
Stürzten, flogen, rasten
Geist und Geist zusammen,
Lippen, Wangen brannten,
zitterten, -
Seele rann in Seele - Erd
und Himmel schwammen
Wie zerronnen um die
Liebenden.
Er ist hin - Vergebens,
ach! vergebens
Stöhnet ihm der bange
Seufzer nach.
Er ist hin - und alle
Lust des Lebens
Wimmert hin in ein
verlornes Ach! -
(Franz tritt auf.)
FRANZ. Schon wieder hier,
eigensinnige Schwärmerin? Du hast dich vom frohen Mahle hinweggestohlen und den
Gästen die Freude verdorben.
AMALIA. Schade für diese
unschuldigen Freuden! das Totenlied muss noch in deinen Ohren murmeln, das
deinem Vater zu Grabe hallte -
FRANZ. Willst du denn ewig
klagen? Lass die Toten schlafen und mache die Lebendigen glücklich! Ich komme -
AMALIA. Und wann gehst du wieder?
FRANZ. O weh! Kein so finsteres
stolzes Gesicht! du betrübst mich, Amalia. Ich komme, dir zu sagen -
AMALIA. Ich muss wohl hören,
Franz von Moor ist ja gnädiger Herr worden.
FRANZ. Ja recht, das war's,
worüber ich dich vernehmen wollte - Maximilian ist schlafen gegangen in der
Väter Gruft. Ich bin Herr. Aber ich möchte es vollends ganz sein, Amalia. - Du
weißt, was du unserm Hause warst, du wardst gehalten wie Moors Tochter, selbst
den Tod überlebte seine Liebe zu dir, das wirst du wohl niemals vergessen?
AMALIA. Niemals, niemals. Wer das
auch so leichtsinnig beim frohen Mahle hinwegzechen könnte!
FRANZ. Die Liebe meines Vaters
musst du in seinen Söhnen belohnen, und Karl ist tot - Staunst du? schwindelt
dir? Ja wahrhaftig, der Gedanke ist auch so schmeichelnd erhaben, dass er selbst
den Stolz eines Weibes betäubt. Franz tritt die Hoffnungen der edelsten
Fräuleins mit Füßen, Franz kommt und bietet einer armen, ohne ihn hilflosen
Waise sein Herz, seine Hand und mit ihr all sein Gold an und all seine Schlösser
und Wälder. Franz, der Beneidete, der Gefürchtete, erklärt sich freiwillig für
Amalias Sklaven -
AMALIA. Warum spaltet der Blitz
die ruchlose Zunge nicht, die das Frevelwort ausspricht! Du hast meinen
Geliebten ermordet, und Amalia soll dich Gemahl nennen! Du -
FRANZ. Nicht so ungestüm,
allergnädigste Prinzessin! - Freilich krümmt Franz sich nicht wie ein girrender
Seladon vor dir - freilich hat er nicht gelernt, gleich dem schmachtenden
Schäfer Arkadiens, dem Echo der Grotten und Felsen seine Liebesklagen entgegen
zu jammern - Franz spricht, und wenn man nicht antwortet, so wird er - befehlen.
AMALIA. Wurm du, befehlen? mir
befehlen? - und wenn man den Befehl mit Hohnlachen zurückschickt?
FRANZ. Das wirst du nicht. Noch
weiß ich Mittel, die den Stolz eines einbildischen Starrkopfs so hübsch
niederbeugen können - Klöster und Mauern!
AMALIA. Bravo! herrlich! und ich
Kloster und Mauern mit deinem Basiliskenanblick auf ewig verschont, und Muße
genug, an Karln zu denken, zu hangen. Willkommen in deinem Kloster! Auf, auf mit
deinen Mauern!
FRANZ. Haha! ist es das? - Gib
acht! Jetzt hast du mich die Kunst gelehrt, wie ich dich quälen soll - Diese
ewige Grille von Karl soll dir mein Anblick gleich einer feuerhaarigen Furie aus
dem Kopfe geißeln; das Schreckbild Franz soll hinter dem Bild deines Lieblings
im Hinterhalt lauern, gleich dem verzauberten Hund, der auf unterirdischen
Goldkästen liegt - an den Haaren will ich dich in die Kapelle schleifen, den
Degen in der Hand dir den ehlichen Schwur aus der Seele pressen, dein
jungfräuliches Bette im Sturm ersteigen und deine stolze Scham mit noch größerem
Stolze besiegen.
AMALIA (gibt ihm eine
Maulschelle). Nimm erst das zur Aussteuer hin.
FRANZ (aufgebracht). Ha!
wie das zehnfach und wieder zehnfach geahndet werden soll! - nicht meine
Gemahlin - die Ehre sollst du nicht haben - meine Maitresse sollst du werden,
dass die ehrlichen Bauernweiber mit Fingern auf dich deuten, wenn du es wagst
und über die Gasse gehst. Knirsche nur mit den Zähnen - speie Feuer und Mord aus
den Augen - mich ergötzt der Grimm eines Weibes, macht dich nur schöner,
begehrenswerter. Komm - dieses Sträuben wird meinen Triumph zieren und mir die
Wollust in erzwungnen Umarmungen würzen - Komm mit in meine Kammer - ich glühe
vor Sehnsucht - jetzt gleich sollst du mit mir gehn. (Will sie fortreißen.)
AMALIA (fällt ihm um den Hals).
Verzeih mir, Franz! (Wie er sie umarmen will, reißt sie ihm den Degen von der
Seite und tritt hastig zurück.) Siehst du, Bösewicht, was ich jetzt aus dir
machen kann? - Ich bin ein Weib, aber ein rasendes Weib - Wag es einmal mit
unzüchtigem Griff meinen Leib zu betasten - dieser Stahl soll deine geile Brust
mitten durchrennen, und der Geist meines Oheims wird mir die Hand dazu
führen. Fleuch auf der Stelle! (Sie jagt ihn davon.)
Ah! wie mir wohl ist! - Jetzt kann ich frei atmen - ich fühlte mich stark wie
das funkensprühende Ross, grimmig wie die Tigerin dem siegbrüllenden Räuber
ihrer Jungen nach - In ein Kloster, sagt er - Dank dir für diese glückliche
Entdeckung! - Jetzt hat die betrogene Liebe ihre Freiheit gefunden - das Kloster
- das Kreuz des Erlösers ist die Freistatt der betrognen Liebe. (Sie will
gehen.)
(Hermann tritt schüchtern
herein.)
HERMANN. Fräulein Amalia!
Fräulein Amalia!
AMALIA. Unglücklicher! Was
störest du mich?
HERMANN. Dieser Zentner muss von
meiner Seele, eh er sie zur Hölle drückt. (Wirft sich vor ihr nieder.)
Vergebung! Vergebung! Ich hab Euch sehr beleidigt, Fräulein Amalia.
AMALIA. Steh auf! Geh! ich will
nichts wissen. (Will fort.)
HERMANN (der sie zurückhält).
Nein! Bleibt! Bei Gott! Bei dem ewigen Gott! Ihr soll alles wissen!
AMALIA. Keinen Laut weiter - Ich
vergebe dir - Ziehe heim in Frieden. (Will hinwegeilen.)
HERMANN. So höret nur ein
einziges Wort - es wird Euch all Eure Ruhe wiedergeben.
AMALIA (kommt zurück und
blickt ihn verwundernd an). Wie, Freund? - Wer im Himmel und auf Erden kann
mir meine Ruhe wiedergeben? -
HERMANN. Das kann von meinen
Lippen ein einziges Wort - Höret mich an!
AMALIA (mit Mitleiden seine
Hand ergreifend). Guter Mensch - Kann ein Wort von deinen Lippen die Riegel
der Ewigkeit aufreißen?
HERMANN (steht auf). Karl
lebt noch!
AMALIA (schreiend).
Unglücklicher!
HERMANN. Nicht anders - Nun noch
ein Wort - Euer Oheim -
AMALIA (gegen ihn herstürzend).
Du lügst -
HERMANN. Euer Oheim -
AMALIA. Karl lebt noch!
HERMANN. Und Euer Oheim -
AMALIA. Karl lebt noch?
HERMANN. Auch Euer Oheim -
Verratet mich nicht. (Eilt hinaus.)
AMALIA (steht lang wie
versteinert. Dann fährt sie wild auf, eilt ihm nach). Karl lebt noch!
Zweite Szene
Gegend an der
Donau.
Die Räuber
gelagert auf einer Anhöhe unter Bäumen, die Pferde weiden den Hügel hinunter.
Gegend an der
Donau.
Die Räuber
gelagert auf einer Anhöhe unter Bäumen, die Pferde weiden den Hügel hinunter.
MOOR. Hier muss ich liegen
bleiben. (Wirft sich auf die Erde.) Meine Glieder wie abgeschlagen. Meine
Zunge trocken wie eine Scherbe. (Schweizer verliert sich unvermerkt.) Ich
wollt' euch bitten, mir eine Handvoll Wassers aus diesem Strome zu holen, aber
ihr seid alle matt bis in den Tod.
SCHWARZ. Auch ist der Wein all in
unsern Schläuchen.
MOOR. Seht doch,
wie schön das
Getreide steht! - Die Bäume brechen fast unter ihrem Segen. - Der Weinstock voll
Hoffnung.
GRIMM. Es gibt ein fruchtbares
Jahr.
MOOR. Meinst du? - Und so würde
doch ein Schweiß in der Welt bezahlt. Einer? - - Aber es kann ja über Nacht ein
Hagel fallen und alles zu Grund schlagen.
SCHWARZ. Das ist leicht möglich.
Es kann alles zu Grund gehen, wenig Stunden vorm Schneiden.
MOOR. Das sag ich ja.
Es wird
alles zu Grund gehn.
Warum soll dem Menschen
das gelingen, was er von der Ameise
hat, wenn ihm das fehlschlägt, was ihn den Göttern gleich macht? - oder ist hier
die Mark seiner Bestimmung?
SCHWARZ. Ich kenne sie nicht.
MOOR. Du hast gut gesagt und noch
besser getan, wenn du sie nie zu kennen verlangtest! - Bruder - ich habe die
Menschen gesehen, ihre Bienensorgen und ihre Riesenprojekte - ihre Götterplane
und ihre Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; -
Dieser dem Schwung seines Rosses anvertraut - ein Anderer der Nase seines Esels
- ein Dritter seinen eigenen Beinen; dieses bunte Lotto des Lebens, worein so
mancher seine Unschuld und - seinen Himmel setzt, einen Treffer zu haschen, und
- Nullen sind der Auszug - am Ende war kein Treffer darin.
Es ist ein
Schauspiel, Bruder, das Tränen in deine Augen lockt, wenn es dein Zwerchfell zum
Gelächter kitzelt.
SCHWARZ. Wie herrlich die Sonne
dort untergeht!
MOOR (in den Anblick versenkt).
So stirbt ein Held! - Anbetenswürdig!
GRIMM. Du scheinst tief gerührt.
MOOR.
Da ich noch ein Bube war -
war's mein Lieblingsgedanke, wie sie zu leben, zu sterben wie sie - (mit
verbissenem Schmerz.) Es war ein Bubengedanke!
GRIMM. Das will ich hoffen.
MOOR (drückt den Hut übers
Gesicht). Es war eine Zeit - Lasst mich allein, Kameraden!
SCHWARZ. Moor! Moor! Was zum
Henker? - Wie er seine Farbe verändert!
GRIMM. Alle Teufel! was hat er?
wird ihm übel?
MOOR.
Es war eine Zeit, wo ich
nicht schlafen konnte, wenn ich mein Nachtgebet vergessen hatte -
GRIMM. Bist du wahnsinnig? Willst
du dich von deinen Bubenjahren hofmeistern lassen?
MOOR (legt sein Haupt auf Grimms
Brust). Bruder! Bruder!
GRIMM. Wie? sei doch kein Kind -
ich bitte dich -
MOOR. Wär ichs - wär ichs wieder!
GRIMM. Pfui! pfui!
SCHWARZ.
Heitre dich auf. Sieh
diese malerische Landschaft - den lieblichen Abend.
MOOR.
Ja, Freunde! diese Welt ist
so schön.
SCHWARZ. Nun, das war wohl
gesprochen.
MOOR.
Diese Erde so herrlich.
GRIMM. Recht - recht - so hör
ichs gerne.
MOOR (zurückgesunken).
Und
ich so hässlich auf dieser schönen Welt - und
ich ein Ungeheuer auf dieser
herrlichen Erde.
GRIMM. O weh, o weh!
MOOR.
Meine Unschuld! meine
Unschuld! - Seht! es ist alles hinausgegangen, sich im friedlichen Strahl des
Frühlings zu sonnen -
Warum ich allein die Hölle saugen aus den Freuden des
Himmels? - dass alles so glücklich ist, durch den Geist des Friedens alles so
verschwistert! - Die ganze Welt eine Familie und ein Vater dort oben
- Mein
Vater nicht -
ich allein der Verstoßene, ich allein ausgemustert aus den Reihen
der Reinen - mir nicht der süße Name Kind - nimmer mir der Geliebten
schmachtender Blick - nimmer, nimmer des Busenfreundes Umarmung. (Wild
zurückfahrend.) Umlagert von Mördern
- von Nattern umzischt -
angeschmiedet
an das Laster mit eisernen Banden -
hinausschwindelnd ins Grab des Verderbens
auf des Lasters schwankendem Rohr -
mitten in den Blumen der glücklichen Welt
ein heulender Abbadonna!
SCHWARZ (zu den Übrigen).
Unbegreiflich! ich hab ihn nie so gesehen.
MOOR (mit Wehmut).
dass ich
wiederkehren dürfte in meiner Mutter Leib! dass ich ein Bettler geboren werden
dürfte! - Nein! ich wollte nicht mehr, o Himmel - dass ich werden dürfte wie
dieser Taglöhner einer! - O ich wollte mich abmüden, dass mir das Blut von den
Schläfen rollte - mir die Wollust eines einzigen Mittagsschlafs zu erkaufen -
die Seligkeit einer einzigen Throne.
GRIMM (zu den Andern). Nur
Geduld, der Paroxysmus ist schon im Fallen.
MOOR.
Es war eine Zeit, wo sie
mir so gern flossen - o ihr Tage des Friedens!
du Schloss meines Vaters -
ihr
grünen schwärmerischen Täler!
O all ihr Elysiums-Szenen meiner Kindheit! -
werdet ihr nimmer zurückkehren
- nimmer mit köstlichem Säuseln meinen brennenden
Busen kühlen? - Traure mit mir, Natur - Sie werden nimmer zurückkehren, nimmer
mit köstlichem Säuseln meinen brennenden Busen kühlen. -
Dahin! dahin,
unwiederbringlich! -
(Schweizer mit Wasser im Hut.)
SCHWEIZER. Sauf zu, Hauptmann -
hier ist Wasser genug, und frisch wie Eis.
SCHWARZ. Du blutest ja - was hast
du gemacht?
SCHWEIZER. Narr, einen Spaß, der
mich bald zwei Beine und einen Hals gekostet hätte. Wie ich so auf dem Sandhügel
am Fluss hintrolle, glitsch, so rutscht der Plunder unter mir ab und ich zehn
rheinländische Schuhe lang hinunter - da lag ich, und wie ich mir eben meine
fünf Sinne wieder zurechtsetze, treff ich dir das klarste Wasser im Kies. Genug
diesmal für den Tanz, dacht ich, dem Hauptmann wirds wohl schmecken.
MOOR (gibt ihm den Hut zurück
und wischt ihm sein Gesicht ab).
Sonst sieht man ja die Narben nicht, die
die böhmischen Reiter in deine Stirne gezeichnet haben - dein Wasser war gut,
Schweizer - diese Narben stehen dir schön.
SCHWEIZER. Pah! hat noch Platz
genug für ihrer dreißig.
MOOR. Ja, Kinder - es war ein
heißer Nachmittag - und nur einen Mann verloren -
mein Roller starb einen
schönen Tod. Man würde einen Marmor auf seine Gebeine setzen, wenn er nicht mir
gestorben wäre. Nehmet vorlieb mit diesem. (Er wischt sich die Augen.)
Wie viel warens doch von den Feinden, die auf dem Platz blieben?
SCHWEIZER.
Hundert und sechzig
Husaren - drei und neunzig Dragoner, gegen vierzig Jäger - dreihundert in Allem.
MOOR.
Dreihundert für Einen! -
Jeder von euch hat Anspruch an diesen Scheitel! (Er entblößt sich das Haupt.)
Hier heb' ich meinen Dolch auf. So wahr meine Seele lebt!
Ich will euch niemals
verlassen.
SCHWEIZER. Schwöre nicht! Du
weißt nicht, ob du nicht noch glücklich werden und bereuen wirst.
MOOR.
Bei den Gebeinen meines
Rollers! Ich will euch niemals verlassen.
(Kosinsky kommt.)
KOSINSKY (vor sich). In
dieser Revier herum, sagen sie, werd ich ihn antreffen - he, holla! was sind das
für Gesichter? - Solltens - wie? wenns diese - sie sinds, sinds! - ich will sie
anreden.
SCHWARZ. Gebt Acht! wer kommt da?
KOSINSKY. Meine Herren! verzeihen
Sie! Ich weiß nicht, geh ich recht oder unrecht?
MOOR. Wer müssen wir sein, wenn
Sie recht gehn?
KOSINSKY. Männer!
SCHWEIZER. Ob wir das auch
gezeigt haben, Hauptmann?
KOSINSKY.
Männer such ich, die
dem Tod ins Gesicht sehen und die Gefahr wie eine zahme Schlange um sich spielen
lassen, die Freiheit höher schätzen als Ehre und Leben,
deren bloßer Name,
willkommen dem Armen und Unterdrückten, die Beherztesten feig und Tyrannen
bleich macht.
SCHWEIZER (zum Hauptmann).
Der Bursche gefällt mir. - Höre, guter Freund! du hast deine Leute gefunden.
KOSINSKY. Das denk ich und will
hoffen, bald meine Brüder. - So könnt ihr mich denn zu meinem rechten Manne
weisen, denn ich such euern Hauptmann, den großen Grafen von Moor.
SCHWEIZER (gibt ihm die Hand
mit Wärme). Lieber Junge! wir duzen einander.
MOOR (näher kommend).
Kennen Sie auch den Hauptmann?
KOSINSKY. Du bists - in
dieser Miene - wer sollte dich ansehen und einen Andern suchen? (Starrt ihn
lange an.) Ich habe mir immer gewünscht,
den Mann mit dem vernichtenden Blicke
zu sehen, wie er saß auf den Ruinen von Karthago - jetzt wünsch' ich es nicht
mehr.
SCHWEIZER. Blitzbub!
MOOR. Und was führt Sie zu mir?
KOSINSKY. O Hauptmann!
mein mehr
als grausames Schicksal -
ich habe Schiffbruch gelitten auf der ungestümen See
der Welt, die Hoffnungen meines Lebens hab ich müssen sehen in den Grund sinken,
und blieb mir nichts übrig, als die marternde Erinnerung ihres Verlustes, die
mich wahnsinnig machen würde, wenn ich sie nicht durch anderwärtige Tätigkeit zu
ersticken suchte.
MOOR.
Schon wieder ein Kläger
gegen die Gottheit! - Nur weiter.
KOSINSKY.
Ich wurde Soldat. Das
Unglück verfolgte mich auch da - ich
machte eine Fahrt nach Ostindien mit, mein
Schiff scheiterte an Klippen - nichts als fehlgeschlagene Plane! Ich hörte
endlich weit und breit erzählen von deinen Taten,
Mordbrennereien, wie
sie sie nannten, und bin hieher gereist dreißig Meilen weit,
mit dem festen
Entschluss, unter dir zu dienen, wenn du meine Dienste annehmen willst - Ich
bitte dich, würdiger Hauptmann, schlage mirs nicht ab!
SCHWEIZER (mit einem Sprung).
Heisa! Heisa! So ist ja unser Roller zehnhundertfach vergütet!
Ein ganzer
Mordbruder für unsre Bande!
MOOR. Wie ist dein Name?
KOSINSKY. Kosinsky.
MOOR. Wie, Kosinsky?
weißt du
auch, dass du ein leichtsinniger Knabe bist und über den großen Schritt deines
Lebens weggaukelst, wie ein unbesonnenes Mädchen - Hier wirst du nicht Bälle
werfen oder Kegelkugeln schieben, wie du dir einbildest.
KOSINSKY. Ich weiß, was du sagen
willst - Ich bin vier und zwanzig Jahr alt, aber ich habe Degen blinken gesehen
und Kugeln um mich surren gehört.
MOOR. So, junger Herr? -
Und hast
du dein Fechten nur darum gelernt, arme Reisende um einen Reichstaler
niederzustoßen, oder Weiber hinterrücks in den Bauch zu stechen?
Geh, geh! du
bist deiner Amme entlaufen, weil sie dir mit der Rute gedroht hat.
SCHWEIZER. Was zum Henker,
Hauptmann! was denkst du? willst du diesen Herkules fortschicken? Sieht er nicht
gerade so drein, als wollt er den Marschall von Sachsen mit einem Rührlöffel
über den Ganges jagen?
MOOR. Weil dir deine Lappereien
missglücken, kommst du und willst ein Schelm, ein Meuchelmörder werden? -
Mord,
Knabe, verstehst du das Wort auch? Du magst ruhig schlafen gegangen sein, wenn
du Mohnköpfe abgeschlagen hast, aber einen Mord auf der Seele zu tragen -
KOSINSKY.
Jeden Mord, den du mich
begehen heißt, will ich verantworten.
MOOR. Was? bist du so klug?
Willst du dich anmaßen, einen Mann mit Schmeicheleien zu fangen? Woher weißt du,
dass ich nicht böse Träume habe, oder auf dem Todbett nicht werde blass werden?
Wie viel hast du schon getan, wobei du an Verantwortung gedacht hast?
KOSINSKY. Wahrlich! noch sehr
wenig, aber doch diese Reise zu dir, edler Graf!
MOOR. Hat dir dein Hofmeister die
Geschichte des Robins in die Hände gespielt - man sollte dergleichen
unvorsichtige Canaillen auf die Galeere schmieden -, die deine kindische
Phantasie erhitzte und
dich mit der tollen Sucht zum großen Mann ansteckte?
Kitzelt dich nach Namen und Ehre?
willst du Unsterblichkeit mit Mordbrennereien
erkaufen? Merk dirs, ehrgeiziger Jüngling!
Für Mordbrenner grünet kein Lorbeer!
Auf Banditensiege ist kein Triumph gesetzt - aber
Fluch, Gefahr, Tod, Schande -
Siehst du auch das Hochgericht dort auf dem Hügel?
SPIEGELBERG (unwillig auf und
abgehend). Ei wie dumm! wie abscheulich, wie unverzeihlich dumm! Das ist die
Manier nicht! ich habs anders gemacht.
KOSINSKY. Was soll der fürchten,
der den Tod nicht fürchtet?
MOOR. Brav! unvergleichlich! Du
hast dich wacker in den Schulen gehalten,
du hast deinen Seneca meisterlich
auswendig gelernt. - Aber, lieber Freund, mit dergleichen Sentenzen wirst du die
leidende Natur nicht beschwätzen, damit wirst du die Pfeile des Schmerzens
nimmermehr stumpf machen. - Besinne dich recht, mein Sohn! (Er nimmt seine
Hand.) denk, ich rate dir als ein Vater -
lern erst die Tiefe des Abgrunds
kennen, eh du hineinspringst! Wenn du noch in der Welt eine einzige Freude zu
erhaschen weißt - es könnten Augenblicke kommen, wo du - aufwachst - und dann -
möcht es zu spät sein.
Du trittst hier gleichsam aus dem Kreise der Menschheit -
entweder musst du ein höherer Mensch sein, oder du bist ein Teufel - Noch
einmal, mein Sohn! Wenn dir noch ein Funken von Hoffnung irgend anderswo glimmt,
so
verlass diesen schrecklichen Bund, den nur Verzweiflung eingeht, wenn ihn
nicht eine höhere Weisheit gestiftet hat - Man kann sich täuschen - glaube mir,
man kann Das für Stärke des Geistes halten, was doch am Ende Verzweiflung ist -
Glaube mir, mir! und mach dich eilig hinweg.
KOSINSKY. Nein! ich fliehe jetzt
nicht mehr. Wenn dich meine Bitten nicht rühren, so höre die
Geschichte meines
Unglücks. - Du wirst mir dann selbst den Dolch in die Hände zwingen, du wirst -
lagert euch hier auf dem Boden und hört mir aufmerksam zu!
MOOR. Ich will sie hören.
KOSINSKY. Wisset also,
ich bin
ein böhmischer Edelmann und wurde
durch den frühen Tod meines Vaters Herr eines
ansehnlichen Ritterguts. Die Gegend war paradiesisch - denn sie enthielt einen
Engel - ein Mädchen, geschmückt mit allen Reizen der blühenden Jugend und keusch
wie das Licht des Himmels. Doch, wem sag ich das? Es schallt an euren Ohren
vorüber - ihr habt niemals geliebt, seid niemals geliebt worden -
SCHWEIZER. Sachte, sachte! unser
Hauptmann wird feuerrot.
MOOR. Hör auf! ich wills ein
andermal hören - morgen, nächstens, oder - wenn ich Blut gesehen habe.
KOSINSKY. Blut, Blut - höre nur
weiter! Blut, sag ich dir, wird deine ganze Seele füllen.
Sie war bürgerlicher
Geburt, eine Deutsche - aber ihr Anblick schmelzte die Vorurteile des Adels
hinweg. Mit der schüchternsten Bescheidenheit nahm sie den Trauring von meiner
Hand, und übermorgen sollte ich meine Amalia vor den Altar führen.
MOOR (steht schnell auf).
KOSINSKY. Mitten im Taumel der
auf mich wartenden Seligkeit, unter den Zurüstungen zur Vermählung - werd ich
durch einen Expressen nach Hof zitiert. Ich stellte mich. Man zeigte mir
Briefe,
die ich geschrieben haben sollte, voll verräterischen Inhalts. Ich errötete über
der Bosheit - man nahm mir den Degen ab, warf mich ins Gefängnis, alle meine
Sinnen waren hinweg.
SCHWEIZER. Und unterdessen - nur
weiter! Ich rieche den Braten schon.
KOSINSKY.
Hier lag ich einen
Monat lang und wusste nicht, wie mir geschah.
Mir bangte für meine Amalia, die
meines Schicksals wegen jede Minute würde einen Tod zu leiden haben. Endlich
erschien der erste Minister des Hofes, wünschte mir zur Entdeckung meiner
Unschuld Glück mit zuckersüßen Worten, liest mir den Brief der Freiheit vor,
gibt mir meinen Degen wieder. Jetzt im Triumphe nach meinem Schloss,
in die Arme
meiner Amalia zu fliegen, - sie war verschwunden.
In der Mitternacht sei sie
weggebracht worden, wüsste niemand, wohin; und seitdem mit keinem Aug mehr
gesehen. Hui! schoss mirs auf, wie der Blitz, ich flieg nach der Stadt, sondiere
am Hof - alle Augen wurzelten auf mir, niemand wollte Bescheid geben - endlich
entdeck ich sie durch ein verborgenes Gitter im Palast - sie warf mir ein
Billetchen zu.
SCHWEIZER. Hab ichs nicht gesagt?
KOSINSKY. Hölle, Tod und Teufel!
da stands!
man hatte ihr die Wahl gelassen, ob sie mich lieber sterben sehen,
oder die Mätresse des Fürsten werden wollte. Im Kampf zwischen Ehre und Liebe
entschied sie für das zweite, und (lachend) ich war gerettet.
SCHWEIZER. Was tatst du da?
KOSINSKY. Das stand ich, wie von
tausend Donnern getroffen! - Blut! war mein erster Gedanke, Blut! mein letzter.
Schaum auf dem Munde, renn ich nach Haus, wähle mir einen dreispitzigen Degen,
und damit in aller Jast
in des Ministers Haus, denn nur er - er nur war der
höllische Kuppler gewesen. Man muss mich von der Gasse bemerkt haben, denn wie
ich hinauftrete, waren alle Zimmer verschlossen. Ich suche, ich frage: Er sei
zum Fürsten gefahren, war die Antwort. Ich mache mich geradenwegs dahin, man
wollte nichts von mir wissen. Ich gehe zurück, sprenge die Türen ein, finde ihn,
wollte eben - aber da sprangen fünf bis sechs Bediente aus dem Hinterhalt und
entwanden mir den Degen.
SCHWEIZER (stampft auf den
Boden). Und er kriegte nichts, und du zogst leer ab?
KOSINSKY.
Ich ward ergriffen,
angeklagt, peinlich prozessiert, infam - merkts euch! - aus besonderer
Gnade infam aus den Grenzen gejagt;
meine Güter fielen als Präsent dem Minister
zu, meine Amalia bleibt in den Klauen des Tigers, verseufzt und vertrauert ihr
Leben, während dass meine Rache fasten und
sich unter das Joch des Despotismus
krümmen muss.
SCHWEIZER (aufstehend, seinen
Degen wetzend). Das ist Wasser auf unsere Mühle, Hauptmann!
Da gibts was
anzuzünden!
MOOR (der bisher in heftigen
Bewegungen hin und her gegangen, springt rasch auf, zu den Räubern).
Ich
muss sie sehen - Auf! rafft zusammen -
du bleibst, Kosinsky - packt eilig
zusammen!
DIE RÄUBER. Wohin, was?
MOOR. Wohin? wer fragt wohin? (Heftig
zu Schweizern.) Verräter, du willst mich zurückhalten? Aber bei der Hoffnung
des Himmels! -
SCHWEIZER.
Verräter ich? - Geh in
die Hölle, ich folge dir!
MOOR (fällt ihm um den Hals).
Bruderherz! du folgst mir - Sie weint, sie vertrauert ihr Leben. Auf! Hurtig!
Alle! nach Franken!
In acht Tagen müssen wir dort sein. (Sie gehen ab.)
1. Akt -
2. Akt -
3. Akt -
4. Akt -
5. Akt
•
Szenenschema
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/Recherche/Leseversion)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
14.11.2023