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Safer Sex - Fehlanzeige?
In einem 67 Seiten langen Dokument hat sich der Vatikan im Jahr 1995
eindeutig gegen die Verwendung von Kondomen ausgesprochen, auch wenn
Kondome für den Schutz vor Ansteckung mit AIDS eine außerordentlich
wichtige Rolle zukommt. In einer Denkschrift des Päpstlichen Rates
erhalten die katholischen Familien eine Reihe weiterer Ratschläge zum
Umgang mit Sexualität: Homosexualität ist danach auf jeden Fall
verboten, die Onanie verwerflich und gegen die Lust hilft nur Keuschheit
als erstrebenswerte Tugend, so der Vatikan. Und wenn gar in der Schule
im Sexualkundeunterricht anderes als die kirchliche Lehre in diesem
Bereich verkündet werde, sollten die Eltern ihre Kinder vom staatlichen
Sexualkundeunterricht abmelden.
Das als Anleitung für
katholische Eltern zur Sexualerziehung konzipierte Papier versucht sich
auch als Ratgeber und hält eine Reihe
praktischer Orientierungshilfen parat. Ganz schlecht kommt dabei weg, wenn
der Sexualverkehr detailgetreu grafisch, (nicht pornografisch
wohlgemerkt) abgebildet sei und das dann noch mit dem Argument der
AIDS-Prävention begründet werde. "Auch sollten die Eltern
die Propagierung des "Safer Sex" in Form der Benutzung von Kondomen
zurückweisen, weil dies "eine gefährliche und unmoralische Politik" sei,"
so die Süddeutsche Zeitung vom 23./24./25./26.12.1995. Der Artikel fährt
fort: "Enthaltsamkeit und eheliche Treue seien das einzige richtige Mittel zur
Verhütung einer Ansteckung mit Aids. Die Päpstliche Kommission, die von
dem spanischen Kardinal Alfonso Lopez Trujillo geleitet wird, schreibt den
Eltern das Recht und die Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder zu und
empfiehlt ihnen, mit großer Aufmerksamkeit jede andere Form der
Sexualaufklärung außer Haus zu verfolgen. Sie sollten ihre Kinder von
solchem Unterricht zurückziehen, wenn dieser nicht ihren eigenen
Grundsätzen entspreche, heißt es weiter, ohne dass konkret Bezug etwa auf
Sexualkundeunterricht in der Schule genommen wird."
Erotisches Material, sprich eindeutige Darstellungen kommen für den
Vatikan bei der Sexualerziehung nicht in Frage. Stattdessen müssten den
pubertierenden Jugendlichen die menschliche Fortpflanzung "im Kontext
der Erziehung zur Liebe, zur ehelichen Treue und zur Achtung vor dem
menschlichen Leben nach Gottes Schöpfungsplan“ nahegebracht werden, so
die Kirche. Die Leitlinie, so die die Süddeutsche Zeitung weiter bei der
Wiedergabe des Dokumentes: "Sexualität sei ein heiliges Geheimnis, das
nach der moralischen Lehre der Kirche dargestellt werden müsse, wobei
immer die Folgen der Erbsünde zu bedenken seien".
Homosexualität ist dabei für die päpstliche Kommission ein besonders
"heißes Eisen" und ihre Thematisierung muss ihrer Ansicht nach mit
besonderer Behutsamkeit erfolgen. Grundsätzlich sollte erst mit älteren
Jugendlichen darüber gesprochen werden. Und wenn dann mit klaren
Vorgaben: Es gebe nämlich eine homosexuelle Tendenz, die irgendwie
angeboren sein könne, "zutiefst verwerflich", so die Kirche, seien aber
in jedem Fall homosexuelle Handlungen, die gegen das Naturgesetz
verstießen. Und der Rat für die Betroffenen: Keuschheit, was sonst.
Immerhin: Das Dokument spricht sich für einen respekt- und würdevollen
Umgang mit Feingefühl mit den Homosexuellen aus, um Diskriminierung
entgegenzuwirken.
Kein Verständnis hat die Kirchenführung in dem Dokument für die Onanie.
Als "schwere Ausschweifung" sei sie strikt verboten und könne auch nicht
mit dem Alter und der jugendlichen Unreife moralisch gerechtfertigt
werden. Was nach Ansicht der Kirche dahinter steckt, sind innere
Konflikte und ein egoistisches Verständnis von Sexualität.
Gegen eine geburtenfeindliche und verweltlichte, staatliche Sexualerziehung
macht das Dokument eindeutig Front, in dem es von den
katholische Eltern verlangt, diese abzulehnen. Dabei wird auf Dabei wird
auf irgendwelche, nicht näher bezeichnete "große Organisationen und
internationale Verbände", verwiesen, "die sich für Abtreibung, Sterilisation und
Empfängnisverhütung einsetzten. Sie könnten bei Kindern und Jugendlichen
Angst vor der 'Drohung der Überbevölkerung' hervorrufen. Hingegen sollten
die Kinder aufgeklärt werden über die 'moralischen, geistigen und
gesundheitlichen Werte einer Regelung der Fortpflanzung auf natürliche
Weise", so die Süddeutsche Zeitung am Ende im Wortlaut.
Die Ratschläge der katholischen Kirche zur Sexualerziehung wurden seit
1995 modifiziert, an ihren prinzipiellen Aussagen hat sich indessen seit
dieser Zeit wenig geändert.
(nach: Süddeutsche Zeitung,
23./24./25./26.12.1995, ergänzt und verändert)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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