Der ▪ Essay besitzt auch als ▪ schulische Schreibform
eine große Vielfalt, die eine eng umgrenzte und genaue Festlegung von
Textsortenmerkmalen erschweren.
Zur "offenen Form erklärt, die jeden Stoff
und jedes Ausdrucksmittel assimilieren kann" (vgl.
Stadter 2003, S. 66), wird die Textsorte sogar als "Gattung ohne
Gattungsbestimmtheit" (Schumacher 1967, zit. n.
ebd.) bezeichnet.
So lässt sich auch keine wirklich verbindliche"Schulform" des Essays bestimmen
und man muss sich damit begnügen, einige
wichtige Merkmale der Schreibform zu benennen. Sie müssen auch nicht alle
in einem Essay vorhanden sein. So können auch
die folgenden ▪ Mind Maps
nur den Versuch darstellen, eine Reihe wichtiger Aspekte der essayistischen
Schreibpraxis in der Schule abzubilden.
Der Essay als Mix von sachlichen und kreativen Darstellungsformen
In
einem Essay kommen sachliche und kreative Darstellungsformen zum Zuge.
Das bedeutet, dass berichtende, erörternde, beschreibende sowie
schildernde und erzählende Elemente nebeneinander stehen,
ineinandergreifen dürfen und sich zu einem Ganzen fügen sollen.
Dabei ist ein Essay jedoch keine ▪
klassische Erörterung,
auch wenn er gewöhnlich zu den ▪
freieren Formen erörternden
Schreibens gezählt werden kann. Wie jene stützt sich der Essay
zwar häufig auf ▪ argumentative
Verfahren stützt, bleibt in seiner Gesamtanlage aber offener.
Seine Gesamtanlage ist offener, orientiert das erörternde Schreiben
stärker an den subjektiven Betrachtungen des Verfassers, zeigt sich aspektorientiert
und eher
gedanklich verzweigt als linear oder dialektisch ausgeprägt. Und auch
auf sprachlich-stilistischer Ebene hebt sich der Essay von anderen
Formen erörternden Schreibens ab, weil er zur Gestaltung auf bestimmte ▪
▪ rhetorische Mittel
setzt , die der sachlich-nüchternen Darstellung ▪
klassischer Erörterungen
zuwiderlaufen, wie z. B. wie etwa
Pointen,
Metaphern,
Klimax,
Wortspiele
und Ironie."
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Stilmerkmal von Essays: Die assoziative, nicht systematisch
abgeschlossene Denkweise
Im
Handbuch für Literaturwissenschaft (1978, Bd.1, S.124) tritt Helga
Bleckwenn zwar in einer heute wohl als überholt anzusehenden Weise dafür
ein, den Essay im deutschsprachigen Raum als eine Gattung der bürgerlichen
Literatur aufzufassen, ihre Bemerkungen zu den Stilmerkmalen des Essays
können aber auch für die schulische Gestaltung von Essays wertvolle
Hinweise geben.
Danach sind die wichtigsten Strukturen essayistischen Schreibens
-
seine offene
Struktur, die sich in einer assoziativen, nicht systematisch
abgeschlossenen Denkweise zeigt (vgl. den
Topos vom Essay als
eine Art Gedankenspaziergang)
-
seine dialogische
Struktur, die sich sowohl in der Einstellung auf einen vorgestellten
Kommunikationspartner und als auch in den monologisch angelegten
Argumentationsmustern niederschlagen, die die subjektive Perspektive
des Sprechers zum Ausdruck bringen
-
seine stilistische
Vorliebe für Konjunktive, relativierende Partikeln und
einschränkende Nebensätze sowie die Verwendung von
Metaphern,
Vergleichen und
Anekdoten
Der Essay als Denkversuch
Der Essay bleibt auf seine Art also immer ein
gewisser "Denkversuch", der sich schreibend auf
"experimentelle Art" seinem Gegenstand zu nähern versucht und ihn dabei aus verschiedenen
Perspektiven betrachten will. Und strukturbildend ist dabei, dass sich das
"Entwickeln der Gedanken vor den Augen des Lesers" abspielt. (vgl.
Hertweck/Langermann/Wuttke 2010,
S.25) In jedem Fall sollte
-
Das Thema des Essays muss
von Anfang an klar ersichtlich
sein und sich wie ein roter Faden durch den gesamten Text
hindurchziehen.
-
Gestaltungsmittel des Essays (assoziative Gedankenführung,
Wechsel der Perspektiven, subjektive Sicht, Durchspielen von
Möglichkeiten) müssen funktional dazu dienen, Reaktionen und Denkanstöße
bei dem jeweiligen Leser auszulösen (vgl.
ebd.)
Angesichts eines solchen
Minimalkonsenses darüber, was den Essay
als solchen und als schulische Schreibform kennzeichnet, darf man sich indessen
wundern, dass die Unsicherheiten
im Umgang mit dieser Schreibform auf Seiten von Schülern und Lehrkräften
nicht so ohne Weiteres abzubauen sind. Eine Orientierung über die
konkrete Schreibaufgabe gibt der Minimalkonsens indessen schon. Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023
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