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Entstehung des frühmodernen Territorialstaats im Absolutismus

Ausgangspunkt: Vielfalt sozialer Gruppen mit zahlreichen Sonderrechten und Lebensformen

 
GESCHICHTE
Grundbegriffe der Geschichte Europäische Geschichte Frühe Neuzeit (1350-1789) Zeitalter der Renaissance (ca.1350-1450) Zeitalter der Entdeckungen (1415-1531) Reformation und Glaubenskriege (1517-1648) Absolutismus und Aufklärung (ca. 1650-1789) [ Entstehung des frühmodernen Territorialstaats im Absolutismus Didaktische und methodische Aspekte Überblick Ausgangspunkt:  Vielfalt sozialer Gruppen mit zahlreichen Sonderrechten und Lebensformen Schlüsselmonopole staatlicher Herrschaft Sozialdisziplinierung als Mittel der Staatsentwicklung Die Rolle der territorialen Konfessionskirchen ] Beginn des bürgerlichen Zeitalters ▪ Deutsche Geschichte
 

Die Entwicklung hin zu einem modernen Staat kannte in Europa ▪ unterschiedliche Wege und bis der "ungemütliche Verordnungs- und Verwaltungsstaat, der zum Wohle seiner Untertanen das kirchliche, politische, gesellschaftliche, ökonomische und private Leben bis ins kleinste zu regeln und zu beaufsichtigen trachtete" (Schilling 1994a, S.137) und eine wirklich absolut-souveräne fürstliche Landeshoheit entstanden war, vergingen Jahre. Dass es dabei in Europa keinen "Normalweg" (Schorn-Schütte 2009, S.98) zur Entstehung einer modernen Staatlichkeit gab, "an dem alle anderen Wege zu messen wären" (ebd.), ist angesichts der unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Akteure inzwischen unbestritten.


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(Von ziegelbrenner (Diskussion · Beiträge) - Eigenes Werk, source of Information:
Putzger – Historischer Weltatlas, 89. Auflage, 1965, CC BY 2.5,
 https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3537675 )

Der Ausgangspunkt: Eine bunte Vielfalt sozialer Gruppen mit zahlreichen Sonderrechten und Lebensformen

Für die innere und äußere Konsolidierung der vergleichsweise jungen Territorialstaaten nach dem Ende des ▪ Dreißigjährigen Krieges (1618-48) war es unerlässlich, "Individuen und Gruppen mit Sonderrechten in den als homogen begriffenen Untertanenverband einzufügen." (Schilling 1987, S.155)

Und dieses Ansinnen war in einer Gesellschaft, die sich durch ihre "bunte Vielfalt von sozialen Gruppen eigenen Rechts und besonderer Lebensführung" (ebd., S.148) auszeichnete, nicht gerade einfach: 

  • Adelige und andere Privilegierte pochten auf ihre traditionellen Sonderrechte.

  • Kaufleute und Handwerker, die in den zahlreichen unabhängigen Städten lebten, wollten sich auf der Grundlage ihrer errungenen wirtschaftlichen Bedeutung, nicht von einem Landesherrn hereinreden lassen.

  • Viele Bauern, die in räumlich abgelegenen Gegenden lebten, regelten ihr Miteinander nach ihren eigenen Regeln.

  • Die große Zahl der Hirten, Schäfer und einfachen herumziehenden Personen, fühlten sie wohl ohnehin niemandem untertan. (vgl. ebd.)

Auf dem Weg zur Untertanengesellschaft musste aus der "vielgestaltigen und nur locker organisierten Gesellschaft des Mittelalters [...] mit ihrer abgestufte(n) Teilhabe an ursprünglichen Herrschaftsrechten" ein einheitlicher Untertanenverband werden, in dem alle "ohne Ausnahme der höchsten Staatsgewalt – dem Fürsten also – untertan sein und keine eigenen, sondern nur delegierte Hoheitsrechte ausüben sollten, die ihnen die Staatsgewalt übertrug. Das bedeutete politisch und administrativ, dass der Fürstenstaat jeden einzelnen Bewohner des Territoriums direkt zu erfassen suchte mit Vorschriften und Verordnungen, mit öffentlichen Lasten und Steuerforderungen. Es spielte keine Rolle, ob der Untertan einer adeligen oder kirchlichen Herrschaft oder einem städtischen Bürgerverband angehörte. Privilegien  und Partikularinteressen von Klerus, Adel und Stadtbürgertum galt es abzuschleifen zugunsten eines vom Fürsten und seiner Bürokratie festgesetzten einheitlichen Staatsinteresses." (Schilling 1994, S.365f.)

Alles, was für uns heute der Staat so selbstverständlich im Bereich von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft "reguliert", musste also zunächst einmal der landesherrlichen "Policey" unterworfen werden und das, wenn möglich, nicht nur auf der oberen Ebene des landesherrlichen Regiments sondern auch auf der lokalen Ebene. Und natürlich war auch der Weg zu einer absoluten Herrschaft eines fürstlichen Souveräns nach innen und außen gewöhnlich eine langwierige Angelegenheit und ging zunächst einmal "über die Verwaltung und das Verwaltungsrecht, das Policeyrecht, wie es in der Sprache der Zeit hieß." (Schilling 1994a, S.137)

So wurde also zunächst die »Policeygesetzgebung« der Motor und Gradmesser für den Aufbau einer effektiven und rationalen Gesichtspunkten verpflichteten Verwaltung und Kontrolle des Territoriums und seiner Bewohner*innen.

Auf dem Weg dahin mussten über eine lange Zeit eine Vielzahl von Verordnungen erlassen und für ihre Durchsetzung gesorgt werden, die tief in das Leben der Menschen eingegriffen und das neue Verhältnis von Untertan und Staat stabilisierten. Von heute auf morgen jedenfalls war das nicht zu schaffen und dazu noch stets von den tatsächlich vorhandenen Macht- und Herrschaftsressourcen abhängig, mit denen die Fürsten oder andere Herrschaftsträger den ihnen jeweils gegebenen Gestaltungsrahmen nutzen und ausfüllen konnten.

Ein Beispiel für solche Verordnungen ist die »Polizeiordnung der Gräfin »Anna von Ostfriesland (1562-1621) aus dem Jahr 1545. Sie kann verdeutlichen, welche Bereiche des Lebens zu regulieren, sich die die neuen staatlichen Gewalten vorgenommen haben und bei Verstößen gegen die Regeln mit entsprechenden Sanktionen zu ahnden hatten:

"Nachdem alle Obrigkeit zum Beschirmen der Frommen und zum Strafen der Übeltäter von Gott verordnet ist, damit ihre Gemeinde und Untertanen in der Furcht des Herrn gelehrt, in guter Zucht erhalten, mit Gerechtigkeit, guter Ordnung und Polizei stets gut regiert werden, haben wir darauf zu achten, dass die schweren Laster der Gotteslästerung, des Fluchens, Spielens, des Zu- und Volltrinkens, Tag und Nacht in Wirtshäusern Liegens sowie der Prunksucht in der Kleidung, was Weib und Kind sowie den Mann selbst an den Bettelstab bringt, dazu Streit und blutige Schlägereien, Ehebruch, Kuppelei und Hurerei, Wucher und alle anderen Bosheiten, von denen die Welt nun leider voll ist, nicht ungestraft bleiben, um des gemeinen Friedens und der Ordnung willen, sonderlich aber weil es Gott dem Allmächtigen zuwider und sein heiliges Wort dadurch geschmähet wird." (zit. n. Schilling 1987, S.147, bzw. 1994, S.314)

Die in den zahlreichen Policey- und Zuchtordnungen, den staatlich-kirchlichen Regelungen der allgemeinen Sitten und christlicher Moral, niedergelegten Regelungen und ihre Sanktionierung durch die staatliche Gewalt kann man als ▪ soziale Disziplinierung der frühneuzeitlichen Gesellschaft beschreiben. Dabei wird bei unterschiedlicher Akzentuierung der Konzepte die zunehmende "Selbstdisziplinierung des Einzelnen und die von den staatl. Eliten angeleitete Disziplinierung von Adel, Ständen, Hof (Zeremoniell), Bürokratie (Leistungsprinzip), Militär (Drill) und Untertanen" als eine Entwicklung verstanden, bei der beide Komponenten  "in einem zielgerichteten, säkularen Prozess der Umformung zusammen(wirkten)". (Holenstein 2013)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 30.01.2024

   
 

 
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