Stimmt, bei diesen beiden
kreativen Arbeitstechniken kann man sich schon fragen, wodurch sie sic
unterscheiden bzw. was ihre spezifischen Anwendungsbereiche und Leistungen
sind.
Für die "Erfinderin" des Clustering, Gabriele L. Rico, gibt es Ähnlichkeiten
zwischen ihrer Methode und dem von Tony Buzan nahezu zeitgleich im Jahr 1976
entwickelten Mapping bzw. Mind Mapping. Zugleich betont sie, dass beide
Verfahren "zu unterschiedlichen Übungen und Lernprozessen führen und auch
äußerlich in vieler Hinsicht voneinander abweichen." (Rico
1984, S.10)
Clustering
und Mind Mapping können und werden zur Ideenfindung eingesetzt. Als
assoziative Techniken weisen sie in der Tat große Gemeinsamkeiten auf:
-
Beide sollen dazu dienen,
spontane Einfälle zu einem bestimmten Thema anzuregen und aufzuzeichnen.
-
Beide orientieren sich bei
ihrer Konzeption an neueren Vorstellungen der Hirnforschung, insbesondere
der Hemisphärentheorie, die von unterschiedlichen
▪
Leistungen der beiden Gehirnhälften
ausgehen.
-
Beide wollen durch die
Aktivierung der für Bildhaftigkeit und Ganzheitlichkeit eher zuständigen
rechten Gehirnhälfte den Ideenfluss anregen und das Erinnern fördern.
In der Praxis erweist sich allerdings nach unseren didaktischen Erfahrungen,
dass die Anwendungsbereiche und die Leistung beider Methoden doch
unterschiedlich sind.
-
So eignet sich die
Clustering-Methode,
ganz im Sinne seiner Erfinderin, die damit vor allem ihre kreativen
Schreibkurse gestaltet hat, dazu, Ideen zu finden und
Assoziationen ohne die
ordnende Kraft des analytischen und begrifflichen Denkens "fließen" zu
lassen. Beim Clustering geht es, wie Rico sagt, um "die Kurzschrift des
bildlichen Denkens" (Rico
1984, S.30) Zugleich ist das "Knüpfen von Ideennetzen" nach
Auffassung von Rico "der erste entscheidende Schritt, der uns hilft, unser
logisches, auf Ordnung bedachtes begriffliches Denken zu umgehen und mit
der Welt der Tagträume, des ziellosen Denkens, der im Gedächtnis
aufbewahrten Ereignisse, Bilder und Gefühle in Berührung zu kommen."
(ebd., S. 27). Aus diesem Grunde sehen wir beim Clustering den Schwerpunkt stets auf der
Ideenfindung, und dabei insbesondere der assoziativen Verknüpfung von
Ideen und Vorstellungen in Bildmustern. Daher eignet sich diese Methode
besonders zur Stoffsammlung bei verschiedenen
▪
schulischen Schreibformen (
z. B.
▪
freie Problem- und Sacherörterung). Darüber
hinaus, und das ist der von Gabriele Rico verfolgte und in mit zahlreichen
anregenden Beispielen umgesetzte Ansatz, eignet sich das Clustering in
besonderer Weise für das kreative Schreiben.
-
Auch wenn ▪
Mind Mapping
ursprünglich auch als eine nicht-lineare Assoziationstechnik entwickelt
worden ist, liegen seine Vorzüge hauptsächlich auf dem Gebiet der
begrifflichen Ordnung von Einfällen, die aber durch die Baumstruktur so
offen angelegt ist, dass sie ständig mit weiteren Einfällen auf einer
bestimmten Ebene ergänzt werden kann. So befinden sich bei dieser Form des
Mind Maps die Begriffe, die unmittelbar vom Kern ausgehen (= Hauptäste)
auf einem anderen begrifflichen Niveau (= Ober- bzw. Schlüsselbegriffe)
als die von diesen abgehenden Zweige und Unterzweige. Diese hierarchische
Ordnung nach Ober und untergeordneten Begriffen bzw. Gesichtspunkten wird
beim Mind Mapping gewöhnlich noch durch besondere Gestaltungsmittel (▪
Typographie,
Zeichen, Hervorhebungen, Farbgebungen usw.) unterstrichen. Damit ist das
begriffliche Denken Ausgangspunkt der Gestaltung, die ihrerseits wieder
als "Map" mit Hilfe der rechten Gehirnhälfte leichter erinnert werden
kann. Im Zuge seiner Erstellung kann ein Mind Map seine assoziative Dynamik
entfalten, da sich deine Zweige und Unterzweige bei hinreichendem Platz
leicht erweitern und ergänzen lassen. Wegen seiner begrifflichen Hierarchisierung (= Über- und Unterordnung von
Begriffen bzw. Gesichtspunkten eignet das Mind Mapping für die ▪
Stoffordnung bei
verschiedenen
▪
schulischen Schreibformen
(z. B.
▪
Problemerörterung)
besonders gut. Dabei kann die Abfolge von zunächst Clustering zur
Ideenfindung, dann Mind Mapping zur Ordnung des Stoffes eine sehr
erfolgreiche Vorgehensweise darstellen (vgl.
▪
Arbeitschritte bei der
Problemerörterung). Ebenso lässt es sich für die Erfassung von
Texten einsetzen (▪
Beispiel).
Darüber hinaus eignen sich gut gemachte Mind Maps dieser Art auch gut für
die ▪ Präsentation.
Gert
Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.01.2024
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