Das Gespräch, als eine "Grundeinheit menschlicher Rede" (Henne/Rehbock
1995, S. 12), ist auch "in der alltäglichen Erfahrungswelt vieler
Menschen die grundlegende Form des Sprachgebrauchs" (Linke
u.a. 1995, S.261)
Wie wichtig das Gespräch in der zwischenmenschlichen
Kommunikation ist, wird klar, wenn man sich vor Augen hält, was geschieht,
wenn uns die Möglichkeit zum dialogischen Sprechen genommen ist. Wir
empfinden dies als unangenehm oder gar unerträglich und eigentlich kann
eine solche Situation nur unter den zwangsweise auferlegten Bedingungen
einer Einzelhaft oder aber unter dem Verdikt einer selbst auferlegten
Verpflichtung durch ein religiös motiviertes
Schweigegelübde eintreten.
Die alltagssprachliche Bedeutung des Begriffs Gespräch
In der Alltagssprache ist ein Gespräch von vier
Kriterien
gekennzeichnet (vgl.
Brinker/Sager 1989, S.9:
Auch wenn nicht jede Form partnerorientierter Sprachproduktion "gesprächshaft"
ist, gehen wir doch bei einer lautsprachlichen Äußerung zunächst davon
aus, dass sich diese Äußerung an einen Gesprächspartner oder eine
Gesprächspartnerin richtet.
Die Begriffe Gespräch, Dialog und Konversation werden in der
Alltagssprache folgendermaßen voneinander abgegrenzt:
-
Gespräch ist danach "ein mündlicher
Gedankenaustausch zweier od. mehrerer Personen in Rede u. Gegenrede über
ein bestimmtes Thema" (Duden)
-
Dialog bezeichnet ein "ernsthafteres
Gespräch über ein bedeutungsvolles Thema" (Brinker/Sager
1989, S.9)
-
Konversation steht - jedenfalls im
deutschen Sprachgebrauch - für eine
"konventionelle, oberflächliche und unverbindliche Unterhaltung" (ebd.)
Der linguistische Begriff des Gesprächs
Der linguistische Begriff des Gesprächs ist je nach Forschungsansatz
verschieden. Wenn man das so genannte
handlungsbegleitende Sprechen (z. B. kurze Anweisungen bzw. Aus- und
Zurufe bei manuellen Handlungen wie "Schneller!" oder "Ich kann nicht
mehr!") mit einbezieht, kann man das Gespräch mit
Klaus Brinker und Sven Sager (1989) wie folgt definieren:
"Gespräch" ist eine begrenzte Folge von sprachlichen
Äußerungen, die dialogisch ausgerichtet ist und eine thematische
Orientierung aufweist.
(Brinker/Sager 1989, S.11) |
Die einzelnen Bestimmungen, abgesehen von der Natürlichkeit der
Sprache, dieser (Real-)Definition
umfassen, die in dem obigen Schaubild
dargestellten Aspekte.
"Natürliche" Gespräche sind in diesem Sinne Gespräche, die in normalen
"natürlichen" Kommunikationssituationen geführt werden. Aus diesem Grunde
zählen Gespräche, die nur zum Zweck ihrer Aufnahme geführt und arrangiert
werden, abgesehen vom sog.
eliciting, nicht zum Untersuchungsgegenstand der linguistischen
Gesprächsanalyse.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für
literarische Dialoge wie z. B. die
dramatische Rede. Es handelt sich ja dabei um "künstliche" Gespräche, auch
wenn sich mitunter Annäherungen an die gesprochene Sprache einer
bestimmten Zeit aufzeigen lassen, wenn umgangssprachliche Gestaltung der
dramatischen Rede aus dramaturgisch-dramentheoretischen Gründen
angestrebt wird (z. B. naturalistisches Drama). (vgl. dazu: ▪
Formen des Gesprächs im Drama Grundsätzlich ist allerdings zu berücksichtigen, "dass auch Dialoge, die
natü)rlichen Gesprächen nachgebildet sind, insofern immer künstliche
Produkte darstellen, als sie vom Autor im Rahmen eines bestimmten
literarischen Programms entworfen werden." (Brinker/Sager 1989, S.13). Aus
diesem Grunde sind auch allen Bestrebungen, aus Dramendialogen so etwas
wie die gesprochene Sprache vergangener Zeiten zu rekonstruieren, nur
bedingt von Erfolg gekrönt.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.12.2023
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