Damit Gespräche und der nötige
▪ Sprecherwechsel
"funktionieren" können, müssen u. a. zwei Bedingungen erfüllt
sein:
-
Die Beiträge der einzelnen Gesprächspartner (turns)
müssen sich, zumindest für eine kurze Zeit lang, thematisch aufeinander
beziehen. Diese "gemeinsame thematische Orientierung" (Linke u. a. 1995,
S. 279) oder in Analogie zum Begriff der
Textkohärenz vorhandene "Gesprächskohärenz" (Brinker/Sager 1989,
S.72) ordnet den jeweiligen Redebeitrag also thematisch in den Kontext
der vorausgegangenen Gesprächsbeiträge ein.
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Die Gesprächsbeiträge müssen in einer bestimmten Art und Weise
funktional-kommunikativ aufeinander bezogen sein und damit einen
spezifischen Handlungszusammenhang konstituieren. Dieser wird
hergestellt durch "alle Akte, mit welchen ein Sprecher entweder einen
oder mehrere Dialogpartner zu bestimmten verbalen Handlungen zu bewegen
sucht, oder damit zeigt, wie er auf einen solchen Steuerungsversuch
antwortet." (Schwitalla
1979, S. 71)
Der funktional-kommunikative Bezug der Redebeiträge in
einer Gesprächssequenz
Im Rahmen einer kurzen Gesprächsphase (Gesprächssequenz)
versuchen die Teilnehmer, sobald sie mit dem Sprechen an der Reihe sind
-
durch ihre Äußerungen (einen (Sprech-)Akt) Einfluss auf
die nachfolgende Reaktion des Gesprächspartners zu nehmen, oder
-
reagieren selbst auf den Akt eines anderen.
Diese (dialogthematischen oder materialen) Steuerungsakte
sind zum Beispiel (Schwitalla
1979, S. 71):
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jemanden zum Diskussionsleiter vorschlagen
-
diesen Vorschlag ablehnen oder ihm zustimmen
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eine Informationsfrage (Prüfungsfrage, Höflichkeitsfrage) stellen
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eine solche Frage beantworten
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einer solchen Frage ausweichen
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jemanden kritisieren
-
jemandem widersprechen
-
jemanden provozieren
Der funktional-kommunikative Bezug, der in diesen
Steuerungsakten hergestellt wird, kann in zwei Typen unterschieden werden:
initiierende und respondierende Akte.
Initiierende und respondierende Akte
(Züge)
Initiierende Akte fordern den Gesprächspartner zu
einer bestimmten Reaktion auf. Dabei lassen sich initiierende Akte unter
gesprächsanalytischer Perspektive nicht mit gängigen Aufforderungsakten (den
Partner festlegende Akten) wie Bitten, Befehlen, Fragen usw.
gleichsetzen.( vgl.
Schwitalla 1979, S. 1226ff.)
Im Gespräch entsteht dieser Aufforderungscharakter, wenn man
so will, aus einer Art "kolloquialen Nötigung" (Linke u. a. 1995,
S. 279), die den Gesprächspartner zu einer Reaktion verpflichtet. Denn
dieser muss "aus einer beschränkten Anzahl von Fortsetzungsmöglichkeiten
eine bestimmte Antwort [...] realisieren." (Brinker/Sager 1989,
S.69)
Das einfachste Beispiel für einen initiierenden Akt stellt eine
Frage dar. Eigentlich muss man eben darauf antworten, auch wenn sie unter
Umständen nicht beantworten kann und z. B. nur eine Nachfrage dazu
stellt.
Respondierende Akte stellen gewissermaßen die
funktional-kommunikative Antwort auf die von initiierenden Akten
ausgehenden Erwartungen dar. Wem eine Frage gestellt wird, der "muss"
antworten, ob er nun etwas sagt oder nicht.
Respondierende Akte "beenden"
allerdings in der Regel nicht ein Gespräch, sondern enthalten selbst schon
wieder eine Initiierung, die eine neue Erwartung an den nächsten Sprecher
beinhaltet.
So stellt die Äußerung eines Zweifels an den vorangegangenen
Ausführungen eines Gesprächspartners einen respondierenden Akt dar, zwingt
diesen aber auch im initiierenden Akt, seine Behauptungen zu präzisieren.
Allerdings muss man dabei auch beachten, dass respondierend-initiierende
Doppelfunktion eines Gesprächsbeitrags weder systematisch immer eindeutig
zu klären, noch von den Gesprächspartner immer in der gleichen Weise
verstanden wird. (vgl.
Linke u. a. 1995, S. 279f.,
Schwitalla 1979, S. 98) Vgl.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.12.2023
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