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Rede von Johann Heinrich Hochdörfer auf dem Hambacher Fest (1832)

 Das Hambacher Fest 1832

 
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Armes Volk! Du stehest und staunest und kannst es nicht fassen ... Rede von »Johann Heinrich Hochdörfer (1799-1851) auf dem Hambacher Fest (1832) (Auszüge)

Sollen die Völker Europas frei und glücklich werden, so müssen, meines Erachtens, vor allen Dingen ihre Rechte in ihrem ganzen Umfange, ihr Schweiß und Blut, ihr Eigentum und die persönliche Freiheit in ihrer Mitte durch solche Verfassungen oder Konstitutionen sicher gestellt und beschirmt werden, die keine menschliche Hand auf Erden, die eines Königs oder Ministers so wenig als die eines sonstigen Sterblichen verletzend berühren darf, ohne sogleich von der strafenden Hand der Gerechtigkeit ergriffen zu werden.

Mehrere Völker Europas und darunter auch einige deutsche Stämme haben nun zwar Konstitutionen1, allein Konstitutionen, die nur für die Rechte, die Person der Macht, und was diese sich immer nur anzueignen im Stande sind, für unverletzlich und heilig erklären: Gut und Blut, Leben und Vermögen des Volkes aber ihnen gegenüber schutzlos, den beliebigen tausendfachen Zugriffen ihrer unan­tastbaren Gewalt als gute Beute hinstellen. Nur den Dieb, der es in seinem Gewerbe, ausgeübt an den Rechten, dem Leben und dem Eigentum des Bürgers - des Volks - bloß zur Stümperei und Pfuscherei bringt, überliefern diese Konstitutionen dem Strafgerichte, dem Galgen und Rade, dem Kerker und den Ketten - das Raubgeschäft im Grossen dagegen am Volke geübt, heiligen sie als Prärogative, das heißt als »Vorrecht« entweder von »hochgebornen Ahnen ererbt« oder gar »von Gottes Gnaden verliehen«

Oder steht es nicht in den »konstitutionsmäßigen« Rechten der Machthaber, groß und klein, jedes Jahr nach Gutdünken Tausenden von Eltern ihre Söhne zu entreißen, denselben die Soldatenmontur d. i. den königlichen Sklavenrock antun zu dürfen, um sie entweder als lebendige scheckige Puppen mit Säbel und Flinte zu ihrem Zeitver­treibe zu gebrauchen, oder sie für ihren Vorteil [...] verstümmeln oder morden zu lassen? [...]

Steht es nicht ferner in den verfassungsmäßigen Befugnissen der Machthaber, dem Volke, trotz seines Steuerbewilligungsrechtes in den konstitutionellen Staaten, seinen letzten Pfennig abzupressen, bis auf den letzten Blutstropfen es auszusaugen, es trotz seines rastlosen Fleißes und seiner auf jeden menschlichen Lebensgenuss verzichtenden Sparsamkeit durch und durch an den Bettelstab zu bringen, damit sie, die Machthaber, nur zur Befriedi­gung ihrer Lüste und verkehrten Neigungen Millionen und Millionen vergeuden können? [...]

Armes Volk! Du stehest und staunest und kannst es nicht fassen, wie man den Arbeitsschweiß eines ganzen Volkes durchbringen könne. Aber blicke nur in deine so gepriesene Verfassungsurkunde, und sie selbst wird dir das schauerliche Rätsel lösen. Sie löset es dir in dem Kapitel »von den Auszeichnungen und Vorrechten (resp. vom Verluste) des Adels.«

Dort erklärt sie feierlich und unumwunden:

»Suspendiert, d. h. aufgehoben wird der Gebrauch des Adels-Titels.

  1. durch die Übernahme niederer, bloß in Handarbeit bestehender Lohndienste,

  2. durch die Ausübung eines Gewerbes bei offenem Kram und Laden, oder

  3. eines eigentlichen Handwerks.

Hier, verhöhntes Volk, ist es dir gesagt: - Schaffen, von seiner Hände Arbeit ehrlich sich ernähren - das, das ist [...] bürgerlich, aber nicht adelig, das schändet, das raubt vielmehr den Adel. Adelig ist nur, sagt deine Konstitution, bequem, reich, vornehm, üppig leben - von fremdem Schweiße. [...]
Was aber kann die Völker Europas, was besonders das deutsche Volk aus diesem Schicksale retten? Ich kenne nur ein Mittel. Es ist: Einigung, herzinnige Einigung aller deutschen Stämme, aller Völker. Darum zuerst dem heiligen Völkerbunde, und dann der Völkerfreiheit, insbesondere der Freiheit des deutschen Vaterlandes ein dreifach zum Himmel emporschallendes Hoch!"

(aus: Der Bürger-Freund. Ein Volksblatt für deutsche Nationalität und Völker-Freiheit, Kaiserslautern Nr. 9, 2. Juni 1832. in: Joachim Kermann (Hg.) 1990, S. 46 ff.)
 

Biographische Autornotiz

»Johann Heinrich Hochdörfer (1799-1851)) geb. 28. Oktober 1799 in Winzingen, protestantischer Pfarrer in Sembach in der Nordpfalz zwischen 1827 und 1834; Herausgeber liberaler und sozialrevolutionär orientierter Zeitungen heraus;  einer der Hauptredner auf dem Hambacher Fest; deshalb unter Anklage gestellt und zwei Jahre in Kaiserslautern inhaftiert; nach seiner Entlassung Schweizer Exil; in Genf bestimmender Einfluss auf den Kreis des ''Jungen Deutschland'; 1848 Rückkehr in die Pfalz; unter der Losung ''Kein Heil außer dem Sozialismus'', erschienen im ''Pfälzer Volksmann" (einer Neustadter Zeitung), Beteiligung an den politischen Auseinandersetzungen; Entlassung aus dem Kirchendienst, gestorben 28. Januar 1851 in Winzingen.

*Die Rede Hochdörfers ist in der Festbeschreibung von Johann Georg August Wirth nicht enthalten

1 Gemeint sind hier sowohl Staaten in Europa insbesondere aber wohl auch diejenigen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes, in denen nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon von den Fürsten gemäß Artikel XIII der Schlussakte des Wiener Kongresses so genannte landständische Verfassungen erlassen wurden. Dies war z. B. in Sachsen-Weimar, Bayern, Württemberg, Baden (1818) und Hessen-Darmstadt der Fall. Preußen dagegen, wo Friedrich Wilhelm III. am 22. Mai 1815 ein Verfassungsversprechen abgegeben hatte, verweigerte sich aber letztlich ebenso wie Österreich dieser Verfassungsentwicklung. In diesen landständischen Verfassungen. In diesen landständischen Verfassungen wurde bestimmten Untertanen des Landesherrn (Adelige, Klerus usw. auf der einen und (meist wohlhabenden) Bürgern ein gewisses Mitspracherecht bei bestimmten politischen Entscheidungen eingeräumt. Von Staat zu Staat, von Verfassung zu Verfassung unterschiedlich wurden den Bürgern (Untertanen) des Landesherrn mal mehr, mal weniger politische Freiheiten gewährt (z. B. Pressefreiheit, Religionsfreiheit usw.).

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 12.10.2023

    
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie heraus, welche politischen Ziele Hochdörfer verfolgt.

  2. Vergleichen Sie diese Ziele mit denen der Redner Siebenpfeiffer und Wirth.

  3. Welche Gründe haben Wirth wohl bewogen, diese Rede nicht in seine Festbeschreibung aufzunehmen?

  4. Analysieren Sie die Rede und ihre rhetorisch-kommunikative Gestaltung mit Hilfe des Fragenkatalogs zur systematischen Analyse politischer Reden. (vgl. fächerübergreifend: Textanalyse politischer Reden)

 
   
 

 
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