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Modelle des Schreibens

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Es gibt viele Modelle des Schreibens

Was Schreiben genau ist, wie es funktioniert, wie man es lernt oder verlernt, was es vorantreibt oder hemmt, wie es sich entwickelt und vieles andere mehr hat die Forschung in vielen Disziplinen von der Philosophie, über die Psychologie, die Linguistik u. a. bis hin zur Schreibforschung und Schreibdidaktik.

Herausgekommen sind dabei, bedingt durch die unterschiedlichen Fragestellungen und Ansätze unterschiedliche Vorstellungen die das Schreiben konzeptualisieren und modellieren.

Für die Schreibdidaktik sind vor allem Schreibentwicklungsmodelle, Kompetenzmodelle des Schreibens, Prozessmodelle des Schreibens und Komponentenmodelle des Schreibens wichtig.

  • Schreibentwicklungsmodelle befassen sich mit den Faktoren, welche die Entwicklung der Schreibfähigkeiten bestimmen und beschreiben sie verschiedenen Teilprozessen als einen komplexen Vorgang.

  • Prozessmodelle des Schreibens analysieren den Schreibprozess, zerlegen ihn in verschiedene Teilprozesse und berücksichtigen dabei auch Voraussetzungen des Schreibens wie z. B. das Aufgabenumfeld.

  • Kompetenzmodelle des Schreibens stellen den Kompetenzbegriff in den Mittelpunkt ihrer Überlegung und versuchen die Bestimmungsfaktoren und Teilkompetenzen der Schreibkompetenz zu bestimmen und in entsprechende Handlungen zu operationalisieren.

  • Komponentenmodelle des Schreibens legen den Fokus nicht so sehr wie die Prozessmodelle auf den Schreibprozess, sondern analysieren die Bedingtheiten und das Zusammenwirken unterschiedlicher Komponenten auf verschiedenen Ebenen beim Schreiben.

Die Denkfigur des schreibenden Experten

Lange Zeit ist die Denkfigur des schreibenden Experten in der Schreibdidaktik vorherrschend gewesen. Und dementsprechend hat diese Auffassung auch die Schreibpraxis bzw. die Arbeit am Text in Schule und Unterricht nachhaltig beeinflusst.

Im Zusammenhang mit der Forderung nach Bildungsstandards ist diese Denkfigur wieder verstärkt ins Spiel gebracht worden.

Die Denkfigur des schreibenden Experten mündete ursprünglich in einem allgemeinen pädagogischen Imperativ, der inzwischen auch kompetenztheoretisch fundiert wird. Dieser soll helfen "die Distanz der Lernenden zu den Experten zu verringern und ihnen den Zugang zu 'reifen' Formen des Schreibens zu eröffnen" (Portmann 1966, S.158).

Als Konsequenz daraus wird unter pädagogischer wie kompetenztheoretischer Sicht gefordert, "dass sich die schulische Arbeit am Verhalten von Experten orientiert: an ihrer Fähigkeit zum Planen und zum Überarbeiten, an ihrem Engagement für den Text. Die Wege, die zum Text führen, sollen nach diesem Vorbild gestaltet werden." (ebd., S.159)

"Fernziel ist," so pointiert Portmann (1966, S.159) seine diesbezüglichen Aussagen, "dass die Schülerinnen und Schüler so schreiben können wie die Experten."

Im Integrationsmodell zur Schreibentwicklung, wie es Carl Bereiter (1980)  vorgelegt hat, wäre dies dann erreicht, wenn ein Lernender das Stadium des epistemischen bzw. epistemisch-heuristischen Schreíbens erreicht hat.

Was die Denkfigur des Experten ausmacht, hat Portmann (1966, S.158f.) so treffend dargestellt, dass wir es hier in einem etwas längeren Auszug zitieren:

"Einen Text schreiben können heisst fähig sein, selbständig Gedanken aufzurufen, zu strukturieren und ihnen einen angemessen sprachlichen Ausdruck zu geben. Schreiben erfolgt unter spezifischen Bedingungen; zu ihnen gehören die Abwesenheit des Adressaten, die relative Langsamkeit des Produktionsprozesses, die Sichtbarkeit der Ergebnisse, die Kontrollierbarkeit inhaltlicher und sprachlicher Aspekte am Produkt, die Möglichkeit der Veränderung des Geschriebenen. Ein Experte (Hervorh. d. Verf.) auf dem Gebiet des Schreibens ist eine Person, die es versteht, diese Bedingungen optimal zu nutzen. Sie kennt ihre Absichten, weiss Bescheid über eine Sache, beherrscht Text- und Sprachnormen. Aufgrund dessen kann sie den Prozess der Textproduktion effizient anlegen: Planungs-, Formulierungs- und Überarbeitungsprozesse werden zielgerichtet eingesetzt, verschiedene Aspekte des Textes werden notfalls nacheinander abgearbeitet (etwa Inhaltsplanung, Formulierung, stilistische Feinarbeit), Details des Textes werden vor dem Hintergrund des präsumptiven Ganzen behandelt, für auftretende sachliche, textuelle oder sprachliche Probleme stehen Lösungsstrategien bereit. Experten sind des weiteren in der Lage, ihre eigenen Produkte mit einer gewissen Distanz wahrzunehmen und das, was sie auszudrücken versuchen, zu vergleichen mit dem, was sie als Leser ihren Texten entnehmen. Dies setzt eine gewisse metakognitive Reife voraus, das heisst die Fähigkeit, die eigenen geistigen Tätigkeiten und Einstellungen zu erkennen, zu objektivieren und bewusst damit umzugehen."

In der Schule ist die Zielvorstellung nicht unumstritten

Gegen dieses Expertentum als Zielvorstellung schulischen Schreiblernens gibt es allerdings auch gewichtige Einwände. Sie hinterfragen den Stellenwert des Experten-Modells für die Vermittlung von Schreibkompetenz und problematisieren ihn.

Auch das kreative Schreiben und andere Schreibstrategien entwickeln und fördern Schreibkompeten

Es ist keineswegs ausgemacht, dass sich Schreibkompetenz nur über das "Oberflächenverhalten" von Schreibexperten vermitteln lässt, die, wie in der Darstellung zur besagten Denkfigur verdeutlicht, ihren Schreibprozess kontrollieren und organisieren können.
Eine weitaus größere Rolle könnten auch "tieferliegende Kompetenzen" haben, die sich auf kein festgelegtes Verhaltensmuster zurückführen lassen, sondern in hohem Maße vom Kontext abhängig sind, in dem das Schreiben stattfindet.
Und wenn dies der Fall ist, dann könnten u. U. auch andere Arten der Arbeit mit Texten ebenso oder zumindest in bestimmten Teilbereichen ebenso zur Entwicklung und Förderung von Schreibkompetenz beitragen. (vgl. Portmann (1966, S.162)
Das kompetenzfördernde Potential von verschiedenen Formen des kreativen Schreibens, unterschiedlichen Formen produktiver Textarbeit (z. B. Texttransformationen etc.) oder auch von Schreibhandlungen mit anderen Schreibstrategien wie z. B. bei dem nicht-zerlegenden Schreiben in einem Zug (pensée parlée, écriture automatique, automatisches Schreiben) rückt in dieser Betrachtung auf jeden Fall wieder in den Blick.

Nötige Beurteilungskompetenzen können in weitaus vielfältigerer Weise erworben werden

Beurteilungskompetenzen, die, wie Portmann (ebd.) weiter meint, "zu den unabdingbaren Momenten der Prozesssteuerung" gehören, können aus anders erworben werden. So können z. B. "Entscheidungen darüber, was gesagt wird, wie es gesagt wird und ob es schliesslich gut genug gesagt ist", auch in einem für andere Formen des Schreibens und andere Auseinandersetzungen mit Schreibprodukten "offeneren, vielfältigeren Schreibunterricht" angestrebt werden.

Das emotional-expressive Schreiben kommt in der Schule zu kurz

Zuguterletzt kann es nach Portmann auch nicht alleiniges Ziel schulischen Schreibunterrichts sein, eine am Experten-Modell ausgerichtete Schreibkompetenz zu vermitteln, denn "die Bewusstmachung und der Ausdruck von Erfahrungen" die ebenso zu seinen Zielen gehörten, ließen sich eben kaum mit der Denkfigur des Schreibexperten in einen förderlichen Zusammenhang bringen. (vgl. ebd.)

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 11.01.2024

     
 

 
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