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Schlink, Der Vorleser : Adoleszenz

Überblick

 
 
  Die Liebesbeziehung von Hanna Schmitz und Michael Berg zwischen Februar und Sommer 1959, die den 1. Teil des Romans »Der Vorleser«  von  Bernhard Schlink ausmacht, steht ganz im Zeichen der besonderen Probleme Heranwachsender  in der Lebensphase der Pubertät (=sexuelles Reifen) und Adoleszenz (vgl. Projekt) (=Jugendalter), die auch bei dem Ich-Erzähler die typische Psychodynamik entfaltet.

Volker Hage hat in seiner Rezension des Romans  im Spiegel hervorgehoben, dass die Beziehung zwischen Hanna und Michael ein "sanftes Hinübergleiten aus dem Zustand nicht mehr ganz reiner Unschuld in die reine Lust" sei,  das "beim Jungen schon bald zur sexuellen Abhängigkeit wird" (Der Spiegel, 20.11.95). Damit hat er auch darauf  hingewiesen, dass die sexuellen Erfahrungen des jugendlichen Michael Berg im Kontext seiner ganzen Identitätsbildung betrachtet werden müssen. Zu welchen Beeinträchtigungen es kommen kann, wenn es nicht hinreichend gelingt, die vielfältigen Veränderungen dieser bio-sycho-sozialen Umstellung zu bewältigen, hat Marion Löhndorf in ihrer Rezension in der Neuen Zürcher Zeitung betont. Im Rückblick lassen sich nämlich ihrer Ansicht nach "Grundzüge eines sado-masochistischen Verhältnisses" erkennen, dem der fünfzehnjährige Michael "verständnis- und hilflos ausgeliefert war." (Neue Zürcher Zeitung, 28.10.95)

Die adoleszenztypische Psychodynamik führt beim Ich-Erzähler zu einem "gestörten und bis weit ins Erwachsenenalter andauernden Prozess der Identitätsentwicklung." (Köster  2000, S.45, Hervorh. d. Verf.). Daher ist davon auszugehen, "Michael Berg in der Beziehung zu Hanna Schmitz zwar einen erheblichen Schub in seiner psychosozialen Entwicklung erfährt, dass er aber durch das konsequente Schweigen seiner Geliebten und der ihn umgebenden Gesellschaft über die Vergangenheit in seiner Identitätsentwicklung empfindlich gestört wird." (ebenda, S. 45f., Hervorh. d. Verf.)
 

 
     
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