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Kindheit und frühe Jugend Friedrich Schillers (1767-73)

Familienleben in Ludwigsburg

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller
Biographie Kurzbiographie Leben in Personen und Begegnungen ( Personenregister) Die Eltern: Johann Caspar und Dorothea Schiller Frühe Kindheit (1759-66) [ Kindheit und frühe Jugend (1767-73) Überblick Familienleben in Ludwigsburg Bildung mit schwarzer Pädagogik: Lateinschule in Ludwigsburg ] In der Karlsschule (1773-1780) ▪ Biographische Konzepte Bausteine Werke Bausteine Links ins Internet  ...   Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

Im Dezember 1766 wird Friedrich Schillers Vater Johann Caspar auf eigenen Wunsch in die Residenz- und Garnisonsstadt Ludwigsburg versetzt.

Für einige Wochen zieht die Familie als "Gäste" in eine Wohnung im Haus des herzoglichen Leibarztes Reichenbach in der Hinteren Schlossstraße, ein Haus, das im Übrigen nur adeligen Mietern offen steht (vgl. Lahnstein 1981, S. 30). Später wird das Haus von dem Freiherrn Friedrich von Maucler (1792) erworben und trägt seitdem den Namen "Maucler'sches Haus" (heute: Mömpelgardstr. 26) (vgl. Sting 2005, S. 530)

Unter Umständen hat die Familie, wie Sting (2005, S.546) behauptet, während des Jahres 1762, als Johann Caspar sich mit seinem Regiment zweimal über längere Zeit in Ludwigsburg und sonst in Stuttgart aufhält, dort Quartier bezogen (vgl. von Wilpert 1966, S.60).

 Nach seiner Versetzung nach Schwäbisch Gmünd, wo Johann Caspar als Werbeoffizier tätig werden soll, ist seine  Familie im Dezember 1763 dann  für kurze Zeit dorthin und von da nach Lorch weitergezogen.

Anfang 1767 jedenfalls ziehen die Schillers in Ludwigsburg in ein neu errichtetes Haus in der Stuttgarter Straße 26, das dem Hofbuchdrucker Christoph Friedrich Cotta d. Älteren gehört. In einer Wohnung dieses Haus - es steht übrigens heute noch -  lebt Friedrich Schiller die nächsten sechs Jahre, bis er am 16. Januar 1773 als Dreizehnjähriger auf Geheiß des Herzogs Carl Eugen in die Karlsschule eintreten muss.

Das Cotta-Haus steht in der Karlsstadt, die Herzog Carl Eugen südlich des bis dahin vorhandenen Stadtzentrums, der "Altstadt" bzw. der "Ludwigsstadt", errichten will. Allerdings kommt das Projekt nach dem Bau verschiedener Kasernen und Arsenalbauten nicht so recht voran. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die im Herzogtum Württemberg ansässigen Juden sich von der Pflicht freikaufen, in der Karlsstadt ein neues Haus zu bauen. Diese Verpflichtung war ihnen vom Herzog als Gegenleistung für den ihnen gewährten Schutz willkürlich auferlegt worden. So besteht die Karlsstadt, als Friedrich Schiller 1767 hinkommt, eigentlich nur aus der Häuserfront an der Stuttgarter Straße, Häusern am Karlsplatz und aus einigen Häusern in der Karlsstraße. Dahinter bleibt das Gelände bis zum Arsenalplatz unbebaut. Was nicht bebaut ist, wird von den Bewohnern der Karlsstadt als Gärten genutzt. (vgl. Sting 2005, S. 226)

Hier ist so viel Platz, dass Johann Caspar Schiller hinterm Haus eine Baumschule einrichten kann. Mit den von ihm gezüchteten und okulierten Apfel- und Birnensorten betreibt er einen kleinen Handel und nach seiner Ernennung zum Intendanten der Hofgärtnerei auf »Schloss Solidude 1775 kann er dorthin die stattliche Zahl von 4.000 okulierten Bäumen mitbringen. (vgl. ebd., S.546) Als die Familie Schiller in diesem Jahr auf der Solitude eine kleine Dienstwohnung in einem der Kavaliersbauten des Jagd- und Repräsentationsschloss bezieht, ist Friedrich Schiller schon einige Zeit aus Ludwigsburg weg und mit der Militärakademie nach Stuttgart verlegt worden.

Vom Cotta'schen Haus aus kann man jedenfalls auf den Karlsplatz sehen, wo nahezu täglich Einheiten der mehrere tausend Soldaten zählenden Truppen des Herzogs exerzieren. Und von dort schallen Kommandorufe, Trommeln und Pfeifen den ganzen Tag herüber zur Schillerschen Wohnung. Wahrscheinlich, dass Friedrich Schiller, dem die Begeisterung fürs Militärische gänzlich abgeht, auch hier jene Vorliebe für Marschmusik entwickelt, die sein Leben lang währt. (vgl. Lahnstein 1981, S.40)  Was sich sonst noch auf dem Exerzierplatz gegenüber abspielt, mag der junge Friedrich mit eigenen Augen nicht gesehen haben, gehört aber auch zum Alltag: Exekutionen und »Spießrutenlaufen (Gassenlaufen).  Wer z. B. als Wachsoldat seinen Posten verlässt, muss spießrutenlaufen, wer sich mehr als eine Viertelstunde von seiner Truppe entfernt, soll aufgehängt werden. (vgl. Sting 2005, S. 192) Auch Justinus Kerner erinnert sich später daran: "Hier marschierten oft die riesigen Grenadiere, man hieß sie Legioner des Herzogs, zur Parade oder bezogen die nahe stehende Hauptwache. Sie waren nach dem Schnitte der Leibgarde Friedrichs des Großen gebildet, in Größe und Gestalt von Pappelbäumen, in roten Fräcken mit schwarzen Aufschlägen, und hatten auf den gepuderten Häuptern über den steinharten Zöpfen hohe, spitze Grenadiermützen sitzen, die mit gelbem Bleche beschlagen waren. Oft hatte man hier auch derben Ohrenschmaus von einer Versammlung von Tambours, nach deren Trommelschlag ein gnädiger Pardon den diesem Soldatenjammer entlaufenen Landeskindern verkündigt wurde. Nicht selten fand auch auf diesem Platze die leidige Exekution eines Spießrutenlaufens statt, oder konnte man aufgerichtete Galgen bewundern, an denen die Namen Desertierter angeschlagen waren."

Außer den militärischen Dingen bekommt der junge Schiller aber von seiner Wohnung auch das Spektakel der venezianischen Messen mit, die, nicht weit von zu Hause weg, auf dem großen Marktplatz veranstaltet werden. Dazu wird der ganze Marktplatz, wie Kerner beschreibt, "zeltartig mit Tüchern bedeckt, Verkäufer und Käufer waren maskiert. Es war ein buntes Getümmel von Masken, welche die tollsten Aufzüge und Spiele ausführten, worunter nicht das stärkste ein riesenhafter »Heiducke des Herzogs war, der in die Maske eines Wickelkindes gekleidet, in einer Wiege herumgeführt und mit Brei von einer Amme, die ein Zwerg war, gespeist wurde."

Im Cotta-Haus wohnt außer den Schillers noch die Familie des Hauptmanns Christian Daniel von Hoven (1732 - 1823). Eltern und Kinder beider Familien freunden sich rasch an. Die beiden Söhne der von Hovens, Friedrich Wilhelm (1759 - 1838) und Christoph August (1761 - 1780), sind etwa im gleichen Alter wie Friedrich. Der ältere der beiden Brüder, Friedrich von Hoven, wird mit ihm Anfang des Jahres 1767 in die Lateinschule von Ludwigsburg aufgenommen. Die Brüder von Hoven gehen auch später mit Friedrich Schiller auf die Karlsschule, in die sie aber schon eineinhalb Jahre früher im Juni 1771, vermutlich wegen ihrer adeligen Herkunft, aufgenommen werden.

Mit den beiden Brüdern Hoven verbindet Friedrich eine lebenslange Freundschaft, die bei dem jüngeren der beiden aber schon 1780 tragisch endet, als Christoph August von Hoven im Alter von 19 Jahren stirbt. Friedrich von Hoven beschreibt die Kinderfreundschaft zwischen ihm und Friedrich Schiller in seinen Erinnerungen (1840) wie folgt: "Wir waren von gleichem Alter, beide Offizierssöhne, wollten beide Theologie studieren, ja wir wohnten zuletzt in den nämlichen Haus, in der damaligen Cottaschen Buchdruckerei in Ludwigsburg. Da unsern Vätern alles daran gelegen war, dass wir etwas Rechtes in der Welt werden sollten, so wurden wir streng zum Lernen angehalten, und um hierzu keine Zeit zu versäumen, wurde uns außer der Schule nur wenig Umgang mit unseren Kameraden gestattet. Umso fester schlossen wir uns daher aneinander selbst an, spielten miteinander in unsern müßigen Stunden und übten aller Mutwillen, wie z. B. an dem Setzer der Druckerei, welchem wir täglich einen neuen Streich spielten. So lebten wir in der innigsten Verbindung zusammen bis zu meiner Aufnahme in die militärische Pflanzschule auf der Solitude." (zit. n. Aufenanger 2006, S. 21) Auf der Militärakademie (Hohe Karlsschule) ist Friedrich von Hoven noch immer einer der wichtigsten Freunde Schillers.

 Außer den Brüdern von Hoven entwickelt sich auch zu dem Sohn eines Bad Canstatter Arztes, Immanuel Gottlieb Elwert (1759 - 1811), der mit Schiller bis 1792 die Lateinschule besucht, eine enge Freundschaft. Wie Schiller und von Hoven wechselt er 1775 auf Anweisung des Herzogs vom Jura- zum Medizinstudium. (vgl. Alt Bd I 2004, S.98) 

Die freundschaftlichen Bande zu Friedrich von Hoven, der später Hofmedicus wird, werden bei Schillers Aufenthalt in Ludwigsburg und Stuttgart 1793/94 wieder vertieft. Friedrich von Hoven und seine Frau Christiana Heinerica (1769 - 1827) sind es auch, die Schillers Frau Charlotte (geb. von Lengefeld; 1766-1826) bei der Geburt ihres ersten Kindes, dem Sohn Karl Friedrich Ludwig (1793-1857) in Ludwigsburg (14.9.93) medizinischen Beistand leisten.

Zunächst geht es aber mit den Freunden auf die Lateinschule in Ludwigsburg, die sich zu dieser Zeit noch in der Beckengasse (heutige Eberhardstraße) befindet. Später wird sie in ein Kanzleigebäude in der Oberen Marktstraße 1 verlegt. Wie von Hoven in seinen oben zitierten Erinnerungen erwähnt, wollen Schiller und er in dieser Zeit später einmal Theologie studieren. Friedrich Schiller, dessen religiöse Neigungen von seinem Vater wie auch seiner Mutter stets begrüßt und nach Kräften gefördert werden, will damit den Weg einschlagen, den ihm sein Vater, Johann Caspar Schiller, längst vorgezeichnet hat. Zugleich zeigt dieser Wunsch des siebenjährigen Jungen, welche tiefen Eindrücke die Predigten von Pastor Philipp Ulrich Moser in der Lorcher Zeit seiner Kindheit (1764 - 1766) bei ihm hinterlassen haben.

Der Besuch der Lateinschule ist in dieser Zeit Voraussetzung dafür, in ein Predigerseminar mit anschließendem Theologiestudium aufgenommen zu werden.

Das Familienleben in Ludwigsburg folgt zunächst bewährten Mustern. Zur Familie gehören außer den Eltern und dem Sohn Friedrich die Töchter Christophine, die 1766 in Lorch zur Welt gekommene Luise Dorothea Katharina, die 1768 geborene Maria Charlotte (stirbt sechsjährig 1774) und die 1773 geborene und im selben Jahr schon im Säuglingsalter verstorbene Tochter Beata Friederike - die Tochter Caroline Christiane (Nanette) ist erst 1777 geboren.

Zu einem festen Tagesritual der Familie gehören auch noch in Ludwigsburg die üblichen Morgen- und Abendandachten, mit denen Vater und Mutter die gemeinsame Bibellektüre weiter kultivieren. Ebenso werden im Familienkreis gerne christliche Oden des Rokokolyrikers »Johann Peter Uz rezitiert, dessen Buchausgaben offenbar zum Leidwesen von Vater und Mutter Schiller auch frivole anakreontische Lieder enthalten, die man den lesebegierigen Kindern so auf die Dauer nicht vorenthalten kann (vgl. Alt Bd. I, 2004, S. 78)

Sonst gibt es in der bescheidenen Bibliothek der Schillers nichts Deutschsprachiges zu lesen, so dass sich der besonders begabte Lateinschüler Friedrich mit großer Begeisterung an die lateinischen Klassiker macht. Romane sind im Hause Schiller noch verpönt, da ihnen negative Auswirkungen auf die Moral ihrer Leser bzw. besser: Leserinnen nachgesagt werden. Immerhin bleiben auch Johann Caspar die besonderen Talente seines Sohnes nicht verborgen, als dieser mit selbst verfassten lateinischen Gedichten zu Hause und in der Lateinschule brillieren kann.

Hin und wieder nimmt er seinen Sohn, ohne allerdings im Geringsten zu beabsichtigen, diesen auf eine Militärlaufbahn hin zu orientieren, zu militärischen Schauveranstaltungen mit. So kommt der Siebenjährige im Sommer 1767 einmal mit in das große Musterungslager. Aber auch zu anderen Anlässen darf der Junge seine Eltern hin und wieder begleiten. So besucht er als Neunjähriger mit ihnen erstmals die 1765 in Ludwigsburg eröffnete pompöse Oper  - eine der größten in ganz Europa -, zu der die Offiziere der württembergischen Regimenter, wie auch alle anderen, in der Regel adeligen Zuschauer freien Zutritt haben. (vgl. Alt Bd. I, 2004, S. 46, 49).

1 Abbildung: Vorlesen in der Familie, Quelle: http://www.itzehoe.de/Itzehoe/Kultur/Johann_Gottwerth_Mueller/8_Lesegesellschaftsleiter/

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.02.2022

   
 

 
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