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Schulische Erzähltextanalyse
Erzählsituationen in der Übersicht
Man kann nach
dem älteren Konzept der ▪ Erzählsituationen
von »Franz
K. Stanzel (geb. 1924) drei
bzw. vier
verschiedene ▪ Erzählsituationen
(Erzählperspektiven,
Erzählhaltungen) voneinander unterscheiden. (vgl.
Stanzel 1955, 1964,
1979).
Diese Konzeption hat vor allem auf die ▪
schulische Erzähltextanalyse bis heute maßgeblichen Einfluss. Die
spätere Typenkreis-Konzeption Stanzels ist hingegen im schulischen
Literaturunterricht aus verschiedenen Gründen kaum rezipiert worden.
Hier wird,
obwohl Stanzel diese Konzept im Verlauf von Jahrzehnten immer wieder
überarbeitet hat (z. B.
Die typischen Erzählsituationen im
Roman 1955,
Typische Formen des Romans 1964/1979,
Theorie des
Erzählens 1979) auf das in dem kleinen Buch
"Typische
Formen des Romans" aus dem Jahr 1964 entwickelte Konzept Bezug
genommen, in dem er
nur von drei Erzählsituationen (auktorial, personal,
Ich-Erzählsituation) ausgeht und damit die vormals (1955) vertretene
neutrale Erzählsituation als Variante der personalen Erzählsituation
"ohne weitere Begründung eliminiert" (Vogt
2014, S.52, Anmerk.7) bzw. sang- und klanglos "völlig fallengeĺassen"
(Genette
2. Aufl. 1998, S.270, Anm. 3) hat.
Weil dies
vielleicht etwas "voreilig" war, wie Jochen
Vogt
(2014, S.90, auch S.51ff.) meint und dabei auf das ▪
Fokalisierungkonzept von Gerard
Genette
(2. Aufl. 1998, S.134ff.) verweist, wird hier die neutrale
Erzählsituation wieder aufgenommen. Zur begrifflichen Verwirrung über die neutrale Erzählsituation hat Stanzel
also selbst erheblich beigetragen.
Auf das
später entwickelte ▪
Konzept des Typenkreises der Erzählsituationen wird hier aus
verschiedenen Gründen verzichtet.
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Persönlich
anwesender, "allwissender"
Erzähler, der den Erzählvorgang mit initiiert und lenkt,
über alle Schauplätze Bescheid weiß, das gesamte Geschehen
überblickt und in alle Figuren hineinsehen kann (Introspektion),
wenn er will (▪ Modus:
▪ Erzähler)
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Erzähler ist nicht
identisch mit dem Autor!
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Erzähler
steht außerhalb der fiktionalen Welt der Figuren (▪
Perspektive: ▪
Außenperspektive;
▪ Person: Nichtidentität
der Seinsbereiche von Erzähler und Figuren)
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Ausgeprägter Gestus des
Erzählens spürbar im Prozess der Vermittlung der
erzählten Wirklichkeit (= "Distanz zum Erzählten",
Graevenitz
1982, S.93)
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Kommentare, Vorausdeutungen,
Rückwendungen, Zusammenfassungen, Leseranreden, fiktiver
Diskurs mit den Figuren, (= "überlegene Distanz zum
Erzählten, um die Distanz zum Leser abzubauen",
Graevenitz
1982, S.93)
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Dargestellte Wirklichkeit
wird nicht von einem persönlich konturierten Erzähler
vermittelt, sondern spiegelt sich im Bewusstsein einer
Figur.(▪ Modus: ▪
Reflektor); ▪
Person
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Suggestive Wirkung auf den
Leser, dem die erzählte Wirklichkeit abhängig von der
Wahrnehmung einer beteiligten Figur, bedingt von ihren
Gefühlen und Gedanken vermittelt wird.
(vgl.
Bleissem
u.a. 1996, S.73)
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Erzähler zieht sich
(scheinbar) ganz
aus der Figurenwelt zurück.
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Erzähler greift weder als
erkennbare auktoriale Erzählerpersönlichkeit ins
Geschehen ein, noch wählt er die individuelle Optik einer
der beteiligten Figuren (hoher Anteil
szenischer
Darstellung).
(vgl.
Bleissem
u.a. 1996, S.74)
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allerdings
grundsätzlich kaum möglich, weil selbst die Auswahl dessen,
was vom Erzähler dargestellt wird, prinzipiell die
Handschrift der Erzählinstanz trägt; daher auch von Stanzel
später selbst aufgegeben.
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Anwesenheit eines
Erzähler-Mediums in Ich-Form (Modus:
Erzähler)
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Unterscheidung zwischen
erlebendem
und
erzählendem
Ich (▪ Person:
Identität der Seinsbereiche von Erzähler und Figuren;
Perspektive:
Innenperspektive)
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Ich-Form prinzipiell mit
jeder der drei Erzählperspektiven (auktorial, personal
und neutral) verknüpfbar
-
Besonderheit: stets
vorhandene emotionale Eingebundenheit des Ichs in das
Geschehen
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Schulische Erzähltextanalyse
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023
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