Der deutsche Philosoph und Soziologe
»Jürgen Habermas (geb. 1929), der eine auf dem kommunikativen Handeln
beruhende Gesellschaftstheorie (»Theorie
kommunikativen Handelns) entwickelt hat, räumt dem Begriff der
Verständigung, die über kommunikatives Handeln erreicht wird, eine zentrale
Bedeutung ein.
Soll Verständigung gelingen, dann geht es nach Habermas nicht
in erster Linie darum, dass die Kommunizierenden sich mit analogen Symbolen
über einen Sachverhalt verständigen können, also ihre Mitteilungen i. w. S.
verstehen können, sondern vor allem darum, dass als Ergebnis ihres
kommunikativen Handelns am Ende "die freiwillige, gewaltlose und vernünftige
Konsensbildung" stehe, "die auf Überzeugungen und einleuchtenden Argumenten
beruhe. (Heinemann/Heinemann
2002, S. 44)
Sein ▪ Idealmodell
kritischer Argumentation setzt einen
herrschaftsfreien Diskurs voraus, in dem sich "Kommunikation als ein
wechselseitiges Kooperieren von (idealen!) Akteuren in einer (idealen!)
Sprechsituation der alltäglichen Lebenswelt mit dem Ergebnis einer
vernünftigen Einigung" (ebd.)
vollzieht. Indem sämtliche sprachliche Kommunikation der Konsensherstellung
verpflichtet sei, schaffe sie auch die Grundlage für die Vergesellschaftung
der Kommunizierenden miteinander.
Das
▪ Idealmodell
kritischer Argumentation des Philosophen und Soziologen
lässt sich mit Kienpointner
(1996, S.18f.) auf drei Ebenen in insgesamt 10 Anforderungen für
vernünftiges (vernunftorientiertes) Argumentieren zusammenfassen:
I. Sachebene
-
Argumente sollen objektiv wahr oder wenigstens wahrscheinlich sein.
-
Alle für die Diskussion wichtigen Inhalte sollen explizit ausgedrückt
werden.
-
Argumente sollen auf anerkannt logischen Schlussverfahren beruhen.
-
Argumente werden neutral und sachlich formuliert.
II. Beziehungsebene
-
Es muss ehrlich, ohne die Absicht zu täuschen, argumentiert werden.
-
Emotionale Hindernisse, Anti- und Sympathien dürfen keine Rolle
spielen und müssen kontrolliert werden.
-
Wer argumentiert, "muss geistig auf der Höhe sein und ein vollkommen
klares und ungetrübtes Bild der eigenen Persönlichkeit haben." (Kienpointner
1996, S. 18)
III. Institutionelle Ebene
-
Das Verhältnis der Argumentierenden zueinander muss gleichberechtigt
(symmetrisch) sein. (Sprecherwechsel, Gesprächsanteile)
-
Es gibt im Prinzip keine Redezeitbegrenzung und keine absolut
festgesetzte zeitliche Obergrenze der Diskussion (offene Diskussion).
-
Zu Ende ist eine Diskussion
erst dann, wenn alle, die daran beteiligt sind, ihr Ergebnis akzeptieren
können.
Die zehn Anforderungen des
Idealmodells der kritischen Argumentation sind nach
Kienpointner
1996, S. 20) jedoch als "ebenso ideal wie unrealistisch", "weil sie "in
jeder Hinsicht utopische Anforderungen an Sachwissen, Logikkenntnisse,
Selbstkontrolle, Selbsterkenntnis und Durchhaltevermögen der
Diskussionsteilnehmer stellen und außerdem herrschaftsfreie
gesellschaftliche Institutionen voraussetzen." (Kienpointner
1996, S. 20)
Dem so kritisierten ▪ Idealmodell
kritischer Argumentation Habermas'scher Prägung stellt
Kienpointner
(1996) sein eigenes Modell der kritischen Argumentation in
Alltagsargumentationen gegenüber, das für sich in Anspruch nimmt, in
kritischen privaten und öffentlichen Diskussionen praktikabel zu sein, ohne
dass damit "gewisse Ansprüche an die Plausibilität und ethische
Vertretbarkeit von Argumenten" (ebd.,
S.21) preisgegeben werden, zugleich aber auch das Eigeninteresse der
Argumentierenden eingeht.
So
plädiert er für einen Mittelweg, der von
▪ realistischen Anforderungen an Alltagsargumentationen in privaten und
öffentlichen Diskussionen ausgeht. Diese fasst er in sieben Punkten
zusammen.
Dem kritisierten ▪ Idealmodell
kritischer Argumentation Habermas'scher Prägung stellt
Kienpointner
(1996) sein eigenes Modell der kritischen Argumentation in
Alltagsargumentationen gegenüber, das für sich in Anspruch nimmt, in
kritischen privaten und öffentlichen Diskussionen praktikabel zu sein, ohne
dass damit "gewisse Ansprüche an die Plausibilität und ethische
Vertretbarkeit von Argumenten" (ebd.,
S.21) preisgegeben werden, zugleich aber auch das Eigeninteresse der
Argumentierenden eingeht.
So
plädiert er für einen Mittelweg, der von
▪ realistischen Anforderungen an Alltagsargumentationen in privaten und
öffentlichen Diskussionen ausgeht. Diese fasst er in sieben Punkten
zusammen.
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Zuhören
▪ Nichtpartnerschaftliches Argumentieren: Sieg-Niederlage-Modell
▪ Realistische Anforderungen an
Alltagsargumentationen
▪
10
Regeln vernunftorientierter Argumentation
▪ Was man beim partnerschaftlichen
Argumentieren unterlassen sollte
(Standards
der Argumentationsintegrität)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023