Natürlich gibt es Leute, die meinen zu allem und jedem "etwas ablabern"
zu können. Aber zu Überzeugungskünstlern werden sie damit sicher nicht.
Wer etwas zu sagen hat, sollte also auch darüber, worüber er spricht
Bescheid wissen.
Schnell haben wir, insbesondere wenn wir
mündlich mit anderen über etwas Strittiges kommunizieren, unseren
Standpunkt klargemacht:
-
"Das weiß doch
jeder, es ist doch einfach so ..."
-
"Das ist doch
sonnenklar: Das passt doch überhaupt nicht ..."
-
"Dieser Song ist
doch einfach der beste!"
-
...
Wenn
wir miteinander reden, vor allem wenn etwas Strittiges zur Sprache
kommt, können wir natürlich drauflosreden. Je nachdem, ob wir dabei
▪
partnerschaftlich argumentieren, bei dem es uns um das
Überzeugen des anderen geht, oder ▪
nichtpartnerschaftlich einfach nur recht haben wollen, werden
wir uns dabei um vernünftiges Argumentieren bemühen oder uns nicht
scheuen, in den ▪
rhetorischen
Giftschrank und zu ▪
Killerphrasen
zu greifen, um als Sieger oder Siegerin aus einer argumentativen
Auseinandersetzung hervorzugehen.
Aber das ▪
mündliche
Argumentieren ist eben etwas ganz anderes als das ▪
schriftliche.
-
Beim
mündlichen Argumentieren kann der Hörer nachfragen und den
Sprecher z. B. auffordern, seinen Standpunkt zu begründen, ein
oder mehrere Beispiele für etwas zu nennen, zudem sind mündliche
Äußerungen eher emotional als schriftliche und dazu gewöhnlich
"flüchtig", weil sie ja nicht aufgezeichnet werden.
-
Das alles ist
beim schriftlichen Argumentieren ganz anders. So
empfiehlt es sich z. B. mit seinen Emotionen beim Schreiben eher
zurückhaltend, in jedem Falle aber überlegt umzugehen, da alles,
was gesagt wird,
"Schwarz auf Weiß"
geschrieben steht, d.h schriftlich dokumentiert ist. Der Adressat der
schriftlichen Äußerungen kann gewöhnlich (von einer
Instant-Messenger-Kommunikation wie z. B. WhatsApp einmal
abgesehen) keine unmittelbaren Rückfrage an den Schreiber bzw.
die Schreiberin richten, die ganze Kommunikation ist, wie man
sagt,
zerdehnt, d. h. die Produktion und die
Rezeption des Testes erfolgen nicht zur gleichen Zeit.
Diese Unterschiede
zwischen "Schreibe" und Rede sollten also klarmachen, dass von
besonderen Fähigkeiten beim "Ablabern" überhaupt nicht die
Rede sein kann, wenn es um das schriftliche Argumentieren, z. B. im
Rahmen einer ▪
Stellungnahme
geht. Zudem widersprechen solche Annahmen auch der Tatsache,
dass ▪
jede/r das überzeugende Argumentieren lernen kann, auch
wenn man sonst nicht gerade der/die größte "Schwätzerin" ist.
Voraussetzung: Man will es.
Für
die allermeisten gelingt dies, wenn den Schreibprozess bei einer
Stellungnahme zunächst einmal ▪
zerlegen und nicht einfach
drauflosschreiben
bzw. quasi
aus dem
Bauch schreiben, sondern bei der Bewältigung der Schreibaufgabe
▪
geplant vorgehen oder ▪
Schritt für
Schritt schreiben. Allerdings bleibt die Frage, mit welcher
Schreibstrategie man bei der Erarbeitung einer Stellungnahme
tatsächlich vorgeht, jedem selbst überlassen. Es sollte allerdings
reflektiert geschehen, d. h. man sollte das eigene Schreiben und die
Art und Weise, wie man dabei im Allgemeinen und bei der
schriftlichen Stellungnahme vorgeht, einmal gründlich durchdacht
haben, um sein Schreiben und Vorgehen möglichst angemessen
einschätzen zu können (Metakognition).
Unser Tipp:
Fragebogen
zur Selbsterkundung: Wie gehe ich an das Schreiben heran? - pdf-Formular)
Also wie immer,
ohne bestimmte Arbeitsschritte
"abzuarbeiten", geht es halt nicht. Wer sie genau
durchführt, merkt schnell, dass man das Abfassen einer
Stellungnahme
wirklich lernen kann, auch wenn man nicht der begnadetste Schreiber
weit und breit ist.
Auch eine Stellungnahme will erst einmal erarbeitet sein, ehe sie aus der
Feder fließen kann. Stellung nehmen heißt eben nicht mal schnell "seinen
Senf dazugeben", sondern sich mit einem Problem gedanklich
auseinanderzusetzen und dann in einem flüssigen und zusammenhängenden Text
niederzuschreiben.
Klar, es kommt darauf an, was man erreichen will. Wem ein
"Ausreichend" reicht oder wer auch eine Note Fünf in einem Aufsatz
verkraften kann, der kann tun, wie ihm beliebt. Andernfalls aber führt kein
Weg vorbei an der sorgfältigen Durchführung bestimmter Arbeitsschritte.
Erfolg
(mehr oder weniger) garantiert!
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023