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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Die
»barocke Schlossanlage in Ludwigsburg ist eine der größten ihrer Art.
Von den Zeitgenossen und auch späteren Besuchern wird die zeitweilige
Residenz des
»Herzogtums
Württemberg immer wieder mit dem Prunkschloss
des
französischen Sonnenkönigs
»Ludwig XIV. (1638-1715) in »Versailles
oder mit dem Schloss »Sanssouci »Friedrich
II.(1712-1786), des Großen, in Potsdam verglichen.
"Versailles in
Schwaben" oder "schwäbisches Potsdam" sind die Bezeichnungen, die etwas
kundtun von der Größe und europaweiten Ausstrahlung dieses Schlosses und
seines herzoglichen Hofes. Ergänzt wird das Ludwigsburger Schloss durch eine
Reihe anderer, schon, mehr oder weniger, dem ▪
Rokoko verpflichteten
kleineren Lustschlösser wie
»Schloss Solitude bei
Stuttgart oder »Schloss
Monrepos bei Ludwigsburg.
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Einen hohen Anteil für die "internationale" Geltung des Herzogs von
Württemberg hat die
barocke
Festkultur, die
Herzog Carl Eugen in und um Schloss Ludwigsburg herum
entfaltet. Oper, Ballett, Musik, Schauspiel, sowie deren Ausstattung mit
Kostümen und Dekorationen werden am Hof Carl Eugens gefördert wie an kaum
einem anderen Hof Europas und verschmelzen hier "im höfischen Fest zu einem
schillernden Gesamtkunstwerk." (Berger 1997,
S.7)
Auch
»Giacomo Casanova (1725-1798), bis heute Inbegriff des "Frauenhelden"
hat in seiner
▪
Autobiografie,
ist von der Prunksucht und der verschwenderischen Hofhaltung Carl
Eugens im Ludwigsburger Schloss so beeindruckt, dass er als jemand,
der an vielen Höfen Europas unterwegs war, den Hof Carl Eugens 1760
als den "glänzendsten in Europa" gerühmt hat.
In einem exzentrischen Wettstreit konkurriert der württembergische
Herzog mit den anderen absolutistischen Königen und Fürsten seiner Zeit,
will er ihnen mit Prunk und Pomp imponieren und seinen eigenen Namen
unsterblich machen.
Das höfische Fest ist damit stets ein politisches
Ereignis. Die von Gegner kritisierte Verschwendungssucht ist auch politisch
gewollt und,
zumindest in den Augen der Herrschenden selbst, legitimiert. Es umfasst
stets Aspekte von Macht-, Staats-, Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik.
(vgl.
ebd., S.17) Bei allem
Aufwand, der bei den Festen Carl Eugens getrieben wird, gibt es doch nur
ganz wenig Bildmaterial darüber. Die Festbeschreibungen »Joseph Uriots
(1713-1788)
enthalten keine Kupferstiche, lediglich in der Hochzeitsbeschreibung finden
sich ein paar wenige Bilder. (vgl. ebd., S.13)
Die sich an den Höfen überall in Europa manifestierende
▪"Genusskultur
des Rokoko" besitzt
darüber hinaus einen gemeinsamen Nenner, der noch zu den typischen Vorstellungen
der
▪
Barockzeit während und nach dem
▪
Dreißigjährigen Krieg zählt: "Das
Verlangen nach gleichnishaftem künstlerischem Bezwingen der Weltfülle, die
man sehen, hören, erleben und tanzen wollte, war unbändig. Verschwendung
bedeutete nicht nur Genusssucht und Verantwortungslosigkeit, sondern im
tiefsten eine ruhelose und gehetzte Jagd nach der Unerschöpflichkeit des
Daseins, einen Protest gegen Tod und Vergänglichkeit." (Wagner 1968, zit. n.
ebd., S.9f.) (→Albert Pfister, Der Hofstaat Carl Eugens (1907))
Die
Elemente, die die Komposition der Feste
Carl Eugens zu einem Gesamtkunstwerk
werden lassen, sind nach
Berger 1997):
Dazu kommen Veranstaltungen wie
die ▪ Geburtstagsfeste des Herzogs,
▪
Gondelfahrten auf
dem Bärensee
und die
▪ venezianischen Messen.
Natürlich spiegelt sich in dieser Festkultur auch die ständische
Gesellschaft der Zeit wider. Was am Hof geschieht, hat mit dem Leben der
Untertanen draußen vor der Schlossanlage wenig zu tun, zumal sich die
Gesellschaft dort, stark vom Pietismus geprägt, und fast völlig
protestantisch, mit solchen Ausschweifungen gewiss nicht identifizieren
kann.
Der alltägliche Zeitvertreib der Menschen
folgt in der vormodernen Ständegesellschaft
"informellen Regeln, die von der sozialen Lage, den Arbeitsanforderungen,
der Konfession, aber auch von Geschlecht und Alter in unterschiedlicher
Weise abhängig sein konnten." (Münch
1992, S. 436)
Die "vormoderne Freizeit", der
Begriff Freizeit existiert erst seit 1823,
ist dabei stets von den sehr unterschiedlichen Verhältnissen in der
Ständegesellschaft abhängig und auch die Bezeichnungen, die man für
die freie Zeit verwendet, spiegeln die unterschiedlichen Inhalte und
Funktionen wieder, die ihr von den jeweiligen sozialen Gruppen
zugewiesen sind.
"Freizeit" bedeutet
daher auch sie jeweils etwas ganz anderes:
-
Adelige nannten
es "»Muße«, wenn sie ihre von banausenhafter, »unedler«
Handarbeit freien Tätigkeitsformen beschrieben."
-
Die
bürgerlichen Gelehrten, "die sich dem Geistesadel zurechneten,
gebrauchten diesen Begriff und meinten damit ihr exklusives
Vermögen kreativer philosophischer Reflexion."
-
Die
übrigen Schichten der Bevölkerung (Handwerker, Gewerbetreibende,
Tagelöhner, Bauern etc.) "bezeichneten die nicht von Arbeit besetzten
Stunden, Tage und Wochen mit unterschiedlichen Begriffen: Sie sprachen von
Fest-, Freuden- und Feiertagen, von »guten Tagen«, vom »blauen
Montag«, von Zeitvertreib, Zerstreuung, Ergötzlichkeit, von
Lustbarkeiten, Abwechslungen, Erquickungen und später auch von
Vergnügungen." (ebd.,
S.416)
Dabei gehört es zur ▪
Sozialdisziplinierung der Untertanengesellschaft bei der Entwicklung
zum frühmodernen Staat, dass die immer stärker ins Detail
gehenden staatlichen Polizeiordnungen im Verbund mit "konfessionelle Moralisten und »merkantilistische
Ideologen(...) jene Arten (denunzierten), die freie Zeit zu verbringen, schon früh
als Müßiggang, weil sie aus ganz unterschiedlichen und sich wandelnden
Motiven Arbeit und stete Tätigkeit als Garanten politischer und
gesellschaftlicher Ordnung betrachteten." (ebd.,
S.416)
Am herzoglichen Hof in Ludwigsburg und Stuttgart widmet man sich jedenfalls
solchen Beschäftigungen, die man für standesgemäß und repräsentativ hält und
die nach der herrschen Zeitkultur des
▪
Rokoko "modern", um nicht zu
sagen "in", sind.
Aber nicht alles, was man am Hofe tut, um sich zu
vergnügen bzw. der gefürchteten Langeweile zu entgehen, hebt sich ganz und
gar von den "Vergnügungen" der anderen Schichten ab. Ebenso wie die
Untertanen draußen vor den Schlosstoren spielt man gerne Karten, erfreut
sich am Würfelspiel und tritt in verschiedenen Brettspielen gegeneinander
an. Und auch das Kegeln, sowie der "reichliche Konsum alkoholischer
Getränke, die sprichwörtliche »deutsche National-Neigung zum Trunke« sind
bei Hof ebenso beliebt wie in den bürgerlichen Städten und auf dem weiten
Land. (vgl.
ebd., S.437)
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023