Sekundäre Abwehrmechanismen
Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick über die
wichtigsten
sekundären Abwehrmechanismen.
Sie setzen ein starkes
Ich voraus, das zur Abwehr "in das psychische
Repräsentationssystem ( Affekt - Objektbeziehungsvorstellung -
Objektbeziehungssprache)" eingreift.
Sekundäre Abwehrmechanismen "nehmen dadurch in erster Linie
'innere' Veränderungen vor".
Empirisch nachweisen lassen sich diese Abwehrmechanismen
allerdings kaum. (vgl.
Myers 2005, S.610)
Intellektualisierung |
Eine Person, die diesen
Abwehrmechanismus
in Gang setzt,
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versucht, sich von
allen Gefühlen zu distanzieren
-
kann nur abstrakt
über sich selbst und andere sprechen
-
verfügt über eine
ausgesprochen gute Sprachfähigkeit
-
kann nur unter
Schwierigkeiten schweigen, da während des Schweigens Gefühle
unkontrolliert aufkommen können
-
kann durchaus
eloquent über Gefühle reden, um diese nicht zeigen zu müssen
-
ist häufig so
verliebt in das eigene Reden, dass er Schwierigkeiten hat, wirklich
zu wissen, was er fühlt.
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Rationalisierung |
Wer rationalisiert,
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versucht, "Gefühlen,
Gedanken und Handlungen, deren wirkliche psychische Bedingungen
nicht erkannt sind, einen logisch stimmigen
und/oder moralisch legitimierten Zusammenhang zu geben" (Haubl
u. a. 1986, S.194)
-
erkennt Argumente nur
an, wenn sie Widersprüche ausschließen
-
will nicht wie beim
Intellektualisieren alle Gefühle vermeiden, sondern erkennt ihre
Bedeutung für das Erleben und Handeln in gewissem Maße an, will sie
aber zugleich rational oder ideell rechtfertigen
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Reaktionsbildung |
Bei der Reaktionsbildung
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kehrt sich die
Ausdrucksform eines Wunsches, der Angst auslöst, in sein Gegenteil
um (z. B.: aus Wut wird freundliche Hilfsbereitschaft)
-
hält man auf jeden
Fall an dieser verkehrten Ausdrucksform fest
-
besitzt man keine
Wahrnehmung dafür, dass die gezeigten Gefühle nicht zu der Situation
passen
-
tendiert man zu einer
Alles-oder-Nichts-Logik, z. B. Freundlichkeit für alles und Wut auf
nichts
-
besteht die Gefahr
einer unheilvollen Dynamik, "wenn die von ihr betroffene Person
unter dem Zwang steht, sich nach jeder zufälligen Abweichung von
ihren 'verkehrten' Ausdrucksformen noch
unerbittlicher auf korrekten Ausdruck hin zu kontrollieren." (Haubl
u. a. 1986, S.194)
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Isolierung |
Bei der Isolierung
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werden die
assoziativen Verknüpfung von Gedanken oder Handlungen aus ihren
Wenn-dann-Beziehungen gelöst
-
wird die Organisation
von Erfahrungen in Wenn-dann-Beziehungen verhindert
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werden Wünsche trotz
wiederholter Versagung nicht modifiziert
-
lenkt man, um Angst
zu vermeiden, "selbst von einer Wunscherfüllung ab", indem man "beim
ersten Anzeichen sofort mit Gedanken und/oder Handlungen reagiert,
die in keiner bewussten assoziativen Verbindung mit dem Wunsch
stehen" (Haubl
u. a. 1986, S.194)
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erfüllen solche
Zwischengedanken und -handlungen eine Stopp-Funktion
(Gedankenstopp).
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werden diese schnell
unwirksam werdenden Gedankenstopps allmählich formalisiert, was "in
einem Ritual aus zwanghaft befolgten Gedanken und/oder
Handlungssequenzen endet" (Haubl
u. a. 1986, S.194)
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Affektverschiebung |
Bei der Affektverschiebung
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wird die Beziehung
zwischen dem Affekt und dem Objekt des Affektes
(Objektbeziehungsvorstellung) gelöst
-
verbindet sich der
freigesetzte Affekt mit einer anderen Objektbeziehungsvorstellung,
nur noch wenig oder indirekt auf die ursprüngliche Koppelung
verweist: "Das Objekt, dem ein bestimmter Wunsch gilt, büßt seine
Wirkung ein - es affiziert nichts mehr"
-
zeigt die betroffene
Person aufgrund dieser Verschiebung plötzlich einen starken Affekt
gegenüber einem bis dahin neutralen Objekt, den sie sich selbst
nicht erklären kann
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Affektualisierung |
Bei der Affektualisierung
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wird die Befriedigung
eines nicht akzeptierten Wunschs dadurch verhindert, dass der
Affekt, der sich darauf richtet, durch die Erzeugung eines anderen
in seiner Wirkung gedämpft wird
-
dramatisiert man
Ereignisse, die vom ursprünglichen Wunsch ablenken, und löst die
Affekte dieser "eigentlich" nebensächlichen Ereignisse aus
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erscheint dem
Beobachter das Ganze als "künstliche Erregung"
-
besitzt man meist
keine Selbstwahrnehmung davon
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(vgl.
Haubl u. a. 1986, S.190-196) Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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