Primäre Abwehrmechanismen
Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick über die wichtigsten primären Abwehrmechanismen.
Sie
werden wirksam, wenn ein geschwächtes Ich die Abwehr "von 'innen'
nach 'außen' verlagert", und greifen damit in die Objektbeziehung ein (Haubl
u. a. 1986, S.196). Zugleich gewinnt damit auch die
Realitätsverzerrung eine neue Dimension.
Empirische Beweise
für diese Abwehrmechanismen, abgesehen von der
Projektion (Konsensüberschätzung), gibt es kaum. (vgl.
Myers 2005, S.610)
Introjektion |
Bei der Introjektion
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"schluckt" die betroffene Person symbolisch das Objekt bzw.
meistens nur die wunscherfüllenden Qualitäten des Objekts, auf das
sich seine Wünsche richten
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hat man die Vorstellung, dass das Objekt sich niemals
wunschversagend verhalten könnte
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wird der Eigenwille des Objekts ständig uminterpretiert oder
ignoriert
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wird das Objekt in blinder Wut angegriffen, wenn es sich nicht
wunscherfüllend verhält
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ist die Vorstellung von einer wunscherfüllenden Objektbeziehung so
stark, dass man auch unmittelbar nach einer blindwütigen Attacke auf
das Objekt beim geringsten "Anzeichen einer erneuten Zuwendung"
automatisch umschaltet und alles andere augenblicklich vergisst
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Projektion |
Bei der Projektion
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werden unlustvolle, innere Reize so behandelt, als könnten sie von
außen abgewehrt werden
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folgt man der Vorstellung, "dass man vor unlustvollen äußeren
Reizen fliehen kann, während man dagegen inneren ausgeliefert ist" (Haubl u. a. 1986, S.197)
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nimmt man an anderen Personen oder Dingen etwas wahr, was man an
sich selbst nicht wahrhaben will und sich daher versagt
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neigt man dazu, jedes geringste Verdachtsmoment beim anderen zu
entdecken "und diese zu unbezweifelbaren Beweisen zu komprimieren" (Haubl u. a. 1986, S.197)
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kann es in Einzelfällen zu einer verhängnisvollen Dynamik kommen,
die darauf beruht, dass man sich von dem Objekt der Projektion
verfolgt und angegriffen fühlt, da es angeblich die geheimen Wünsche
und Neigungen der projizierenden Person selbst kennt; eigene
Gewalttätigkeit wird dann nur noch als Verteidigung gesehen
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Das Freud'sche Konzept der Projektion wurde in der
neueren Forschung zur so genannten
▪
Konsensüberschätzung modifiziert. Mit diesem Konzept soll
die Tendenz beschrieben werden, dass wir Menschen dazu neigen, die
Anzahl der Personen zu überschätzen, die unsere eigenen
Überzeugungen und Verhaltensweisen teilen. Das führt gar in der
Konsequenz dazu, dass wir Fehler, die wir bei uns sehen und uns
nicht zugestehen wollen, um so deutlicher und häufiger bei anderen
wahrnehmen. (vgl.
Myers 2005, S.611)
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Verleugnung |
Bei der Verleugnung
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handelt man so, als ob es das Realitätsprinzip nicht gäbe
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verweigert man die Wahrnehmung von Tatbeständen der Außenwelt
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verändert sich das Ich selbst
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kann man psychisches Innenleben und Außenwelt kaum noch
voneinander abgrenzen
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verliert man "die Fähigkeit, sich von [...] Bezugspersonen (und in
schweren Fällen von Sachen) anhand realer Merkmale zu unterscheiden" (Haubl u. a. 1986, S.197)
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kann man in seinen zwischenmenschlichen Beziehungen Nähe und
Distanz nicht mehr regulieren und schwankt ständig zwischen Extremen:
"Entweder kommt die Person ihren Bezugspersonen zu nahe, dann erlebt
sie jeden Kontakt als Überfall und steht selbst unter dem Zwang, sie
angreifen zu müssen, oder sie distanziert sich massiv, indem sie in
eine Fantasiewelt flüchtet, die sie für andere unerreichbar macht." (Haubl u. a. 1986, S.198)
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handelt es sich um eine psychotische Störung
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Konversion |
Bei der Konversion
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werden die Affekt-
und Objektbeziehungsvorstellungen entkoppelt
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wird der freigesetzte
Affekt dadurch gedämpft, "dass er einen großen Teil seines Betrages
körperlich bindet" (Haubl
u. a. 1986, S.195)
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kommt es zu einer
Veränderung der Körpersprache oder es kann zu (psycho-) somatischen
Erkrankungen kommen, die keinen organischen Befund haben
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gibt es auch
Veränderungen der Sensibilität: "Zu Abwehrzwecken wird der Körper
(meist) mittels Empfindungsschwächen und
Funktionseinbußen der Wahrnehmungsfähigkeit konkreten
Objektbeziehungen partiell entzogen." (Haubl
u. a. 1986, S.195)
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(vgl.
Haubl u. a. 1986, S.196-198) Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.11.2023
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