In der ▪
Kurzgeschichte
▪ »Saisonbeginn«
von
▪
Elisabeth Langgässer,
erschienenen 1947 in Hamburg, geht es um die rassistische Ausgrenzung
von Andersdenkenden. Erzählt wird wie kurz vor Beginn der Sommersaison
Arbeiter ein Schild mit der Aufschrift "In diesem Kurort sind Juden
unerwünscht" am Ortsrand des Orts in den Bergen aufstellen und dabei von
verschiedenen Passanten beobachtet werden, die daran keinen Anstoß
nehmen.
Der hochgelegene Kurort in den Bergen hat sich im Frühling für die
unmittelbar bevorstehende Ankunft etlicher, gutbetuchter Gäste
herausgeputzt. Überall sind entsprechende Schilder und Wegweiser zu
allen möglichen Zielen im Ort aufgestellt, die den mit Beginn der
Kursaison heranrollenden Autoverkehr in die gewünschten Richtungen
lenken soll.
Drei Männer wollen ein weiteres Schild in der Nähe eines vor dem Eingang
zum Ort stehenden hölzernen Wegkreuzes mit dem gekreuzigten Jesus
Christus aufstellen. Sie überlegen kurz, ob ein anderer Platz in Frage
kommt, entscheiden sich aber dann dafür, das Schild, das sie mitführen,
doch in der Nähe des Kreuzes aufzustellen, weil es ihrer Ansicht nach
dort von den anreisenden Gästen am besten gesehen werden kann. Nach
einigem Hin und Her, die uralte Buche an der Stelle könnte mit ihrem
Schattenwurf die Lesbarkeit des Schildes vermindern, entscheiden sie
sich endgültig dafür, ihr Schild rechts des Kreuzes aufzustellen.
Während sie damit beschäftigt sind, ein Loch auszuheben, den
mitgeführten Pfosten darin zu verankern und das Schild anzubringen,
werden sie von verschiedenen Personengruppen beobachtet, die jetzt
offenkundig am späten Nachmittag auf dem Weg von der Schule, von der
Arbeit im Wald und auf den Äckern zurückkommen oder aus anderen Gründen
an der Stelle unterwegs sind. Schulkinder interessieren sich für das,
was die Männer tun und wie sie es tun, einige Frauen lesen genau, was
auf dem Schild steht, zwei Nonnen zeigen sich etwas irritiert und bei
den Männern, die vorbeikommen, trifft, das Ganze, das zeigen ihre
Reaktionen, auf ein geteiltes Echo. Was die einen lustig finden, löst
bei den anderen ein Kopfschütteln aus.
Als das Schild errichtet ist, sind die Männer zufrieden mit ihrer Arbeit
und dem Ort, an dem das Schild jetzt steht. Bevor sie weggehen, schauen
sie noch einmal befriedigt hin und lesen die Aufschrift:
"In diesem Kurort sind Juden
unerwünscht."
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.10.2020