teachSam- Arbeitsbereiche:
Arbeitstechniken - Deutsch - Geschichte - Politik - Pädagogik - PsychologieMedien - Methodik und Didaktik - Projekte - So navigiert man auf teachSam - So sucht man auf teachSam - teachSam braucht Werbung


deu.jpg (1524 Byte)

 

 

Isotype-Diagramme analysieren

Überblick

Formtypen von Bildstatistiken und Diagrammen untersuchen

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Schreibformen Schreibformen in der SchuleÜberblick Didaktische und methodische Aspekte Texte zusammenfassen SACHtexte analysieren (Textanalyse) ▪ Didaktische und methodische Aspekte Überblick Kontinuierliche Sachtexte analysieren Diskontinuierliche Sachtexte analysierenDidaktische und methodische AspekteÜberblickQuickie für Eilige Infografiken analysieren Didaktische und methodische Aspekte Überblick Kurzer Abriss der Geschichte der InfografikBestandteile von Infografiken Aspekte der Schreibaufgabe Typen der Infografik Überblick Verschiedene Funktionstypen analysieren Verschiedene Darstellungstypen analysieren Prinzipdarstellungen analysieren Kartografische Infografiken analysieren Bildstatistiken/DIAGRAMME analysieren Didaktische und methodische Aspekte Überblick Aspekte der Schreibaufgabe Überblick
Bestandteile eines Diagramms identifizieren Typen von Diagrammen Überblick Formtypen Überblick Säulendiagramme  Balkendiagramme Linien- oder Kurvendiagramme Flächendiagramme Kreisdiagramme Rechteckdiagramme  Punktdiagramme [ Isotype-Diagramme analysieren Überblick ] Komplexitätstypen (Zahl der Vergleichsebenen) Vergleichstypen (Vergleichsarten) Informationen aus Diagrammen entnehmen Leitfragen zur Diagrammanalyse Typische Schreibaufgaben Mit Textbausteinen Diagramme beschreibenMusterbeispiele für die schulische AnalyseWie Bildstatistiken täuschen können Diagrammauswahl Bausteine ▪ Portfolio Auswahl von Infografiken  Bausteine Werbeanzeigen analysieren ▪ BeispieleTextauswahlHäufig gestellte Fragen ▪ Texte erörtern (Texterörterung) Texte interpretieren (Textinterpretation) ▪ Materialgestütztes SchreibenOffizielle Briefe schreibenErzählenBerichtenBeschreibenSchildernErörtern: Erörterndes Erschließen und SchreibenEinen Essay schreibenKreativ schreibenSonstige schulische Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

 ▪ Wie Bildstatistiken täuschen können

Eine besondere Art der Bildstatistik stellt die so genannte Wiener Methode dar. Sie wurde von »Otto Neurath (1882-1945) um 1924 begründet und ab 1927 gemeinsam mit dem Grafiker »Gerd Arntz (1900-1988) unter dem Namen ▪ "Isotype" (= International System of Typographic Picture Education) weiter entwickelt.

Das auf Initiative von Neurath 1924 in Wien gegründete "Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum" (GWM), das der sozialdemokratischen Regierung "als zentrales Instrument politischer Volksbildung im 'Roten Wien' " ´dienen sollte (Jansen/Scharfe, Handbuch der Infografik 1999, S.36), hatte den eigenen Worten Neuraths zufolge den Anspruch, eine wichtige "Zentralstelle für gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Unterweisung durch vorwiegend optische Mittel, Graphica und Modelle" zu werden (Wikipedia, 16.12.11)

Eine möglichst leicht verständliche und standardisierte Bildsprache und -symbolik sollte nach Neuraths Auffassung auch  eher "bildungsfernen" Adressaten im Rahmen eines unterhaltsamen Museumsbesuchs Wissen vermitteln, das ihnen sonst kaum zugänglich war.

Dabei hat Neurath schon 1926 erkannt: "Die modernen Menschen empfangen einen großen Teil ihres Wissens und ihrer allgemeinen Bildung durch bildhafte Eindrücke, Illustrationen, Lichtbilder, Filme. Die Tageszeitungen bringen von Jahr zu Jahr mehr Bilder. Dazu kommt das gesamte Reklamewesen, das einerseits mit optischen Signalen, andererseits auch wieder mit Darstellungen arbeitet. Ausstellungen, Museen sind durchaus Kinder dieses Schaugetriebes." (Neurath, Statistische Hieroglyphen, 19926, zit. n. Hartmann o.J.)

Im "Jahrhundert des Auges", von dem Neurath spricht (vgl. Hartmann o.J.) soll eine nach und nach erworbene Bildgrammatik es möglichst allen ermöglichen, immer komplexere Sacherhalte zu verstehen. (vgl. Jansen/Scharfe 1999, S.36) Zur Erreichung dieses klar formulierten Zieles nützte das GVM " alle verfügbaren Medien und setzte Kopien seiner Schautafeln ein, wo immer dies möglich war" (Wikipedia, 16.12.11).

Ihre Gestaltung und Verwendung folgte dabei stets dem didaktischen Konzept "Gesellschaft und Ökonomie verständlich" (Jansen/Scharfe 1999, ebd.), d.h. in möglichst einfacher Form und auf einen einzigen Sachverhalt fokussiert, zu veranschaulichen. Der "ideale" Adressat seiner Bildstatistik war stets ein "Durchschnittsbetrachter" und seine Kommunikationsstrategie war nicht auf Intellektuelle zugeschnitten (vgl. Wikipedia, 16.12.11). Es sollte nicht deren Fachinteresse durch das Präsentieren möglichst exakter Daten bedienen, sondern größere Zusammenhänge aufzeigen. (vgl. Jansen/Scharfe 1999, S.36)

Prinzipien der Isotypie

Was die Gestaltungsprinzipien der Isotypie bestimmte, war eine bestimmte Vorstellung Neuraths über den Prozess der Bildrezeption, der im Wesentlichen in drei Schritten bestand.

Die Vorstellung eines dreistufigen Rezeptionsprozesses hat Neurath selbst betont: "Ein Bild das nach den Regeln der Wiener Methode hergestellt ist, zeigt auf den ersten Blick das Wichtigste am Gegenstand; offensichtliche Unterschiede müssen sofort ins Auge fallen. Auf den zweiten Blick sollte es möglich sein, die wichtigeren Einzelheiten zu sehen und auf den dritten Blick, was es an Einzelheiten sonst noch geben mag." (zit. n. Hartmann o.J.)

Konnte ein Bild diesen Kriterien nicht entsprechen, benötigte es zu seinem Verständnis weitere Schritte, dann war es, so Neurath, "vom Standpunkt der Wiener Schule, als pädagogisch ungeeignet zu verwerfen."

Um Bildstatistiken zu entwerfen, die in diesem dreistufigen Prozess rezipiert werden konnten, mussten die ihnen zugrunde liegenden Daten in einer bestimmten Art und Weise aufgearbeitet werden:

"Die Methode, einfach ausgedrückt, war die, nicht einfach Zahlen und Daten zu illustrieren, sondern einen gänzlich neuen Typus von Zeichen zu kreieren, der so direkt wie möglich zum Bezeichneten steht (der also, semiotisch ausgedrückt, das Objekt mit höchstmöglicher Ikonizität repräsentiert). Dieser neue Typus von Zeichen sollte dann mit höchstmöglicher Konsequenz verwendet werden: unmittelbare, selbsterklärende Zeichen mussten gesetzt werden, dieselben Zeichen für dieselben Dinge, mehr Zeichen (nicht etwa größere) für eine höhere Quantität, und die Zeichen sollten nicht stellvertretend sein, sondern ikonisch. Die Regeln für ISOTYPE (International System of Typographic Picture Education, 1934), die neue Bildsprache, waren einfach und streng." (Hartmann o.J., Hervorh. d. Verf.)

Gestaltungsprinzipien der Isotypie

Die wesentlichen Gestaltungsprinzipien der Isotypie lassen sich daher auf 5 Aspekte reduzieren:

  • einfache, statt komplexe Darstellung mit der Anschauung unmittelbar zugänglichen, selbsterklärenden Zeichen

  • Konzentrierung auf ein Thema bzw. einen Sachverhalt

  • Gegenständlich-ikonische statt symbolische Zeichen

  • Standardisierung bestimmter Zeichen für bestimmte Dinge und Sachverhalte

  • Darstellung größerer Mengen mit einer größeren Anzahl von Symbolen (vgl. den Ansatz von Brinton)

Die Vorzüge der Isotypie gegenüber einem herkömmlichen Balkendiagramm

Bei einem herkömmlichen ▪ Balkendiagramm werden die Mengenverhältnisse durch die unterschiedliche Länge der Balken visualisiert.

Bei der Isotypie-Grafik werden die Balken, die ansonsten lediglich durch Farbe und/oder Schraffur voneinander abgehoben werden, mit figürlichen Darstellungen (Signaturen) aufgefüllt. Dabei kann die Farbe und das Symbol verwendet werden, um eine erhöhte Anschaulichkeit zu erreichen.
Für Otto Neurath hat dies mit dem optischen Gedächtnis des Betrachters zu tun:

»Wenn ein Mensch, der ein optisch gerichtetes Gedächtnis hat, sich die Streifen wirklich in ihrer Länge und Anordnung merkt, so muss er sich unoptisch ›dazu‹ merken, was sie bedeuten! Denn nach einiger Zeit weiss er gar nicht mehr, dass rot die Männer, rosa die Frauen, dass blau die Textilindustrie und grün die Kinder sind! Wohl aber merkt er sich die Bedeutung der Balken, wenn sie nicht nur farbig sind, sondern auch noch figural sind! Eine rote Männerreihe symbolisiert eben viele Männer!« (Otto Neurath, Statistische Hieroglyphen, (1926), in: ders. Gesammelte bildpädagogische Schriften, Hrsg. von Rudolf Haller und Robin Kinross, Wien: Hölder-Pichler-Tempsky 1991, S.40)

Flächen- und Volumenvergleiche sind problematisch

Im Gegensatz zu dieser Isotypie-Grafik von »Otto Neurath (1882-1945) wird Problematik der nachfolgenden Darstellung deutlich, die auf derselben Datenbasis beruht.

»Rebecca Stutz betont bei der Herausarbeitung der Unterschiede zwischen den beiden von Neurath stammenden Darstellungen, dass die Menge bei der Isotypie-Grafik (Balkendiagramm) durch eine bestimmte Anzahl gleicher Signaturen dargestellt werde, die leichter im Gedächtnis gespeichert werden könnten.

Bei der unteren Darstellung mit ihrem Flächen- bzw. Volumenvergleich seien dagegen Symbole in unterschiedlicher Größe verwendet, um die Mengenverhältnisse zu visualisieren. Allerdings habe dies den Nachteil, dass sich der Rezipient keine Vorstellung von Zahlenverhältnissen machen könne, weil das Auge Volumina nicht miteinander vergleichen könne.

Damit die Mengenverhältnisse überhaupt nachvollziehbar sind, muss, wie im obigen Beispiel, also der Wert über den Signaturen angebracht werden. Erst über diesen Umweg lässt sich der Mengenvergleich durchführen. Zudem geht es beim ▪ Mengen-/Häufigkeitsvergleich in der Regel um wachsende oder abnehmende Werte und nicht um größer werdende Gegenstände. Die manipulative Tendenz wachsender oder abnehmender Größen ist unübersehbar.

Problem Flächen- und Volumenvergleiche

Im Vergleich zu der nebenstehenden Bildstatistik im Stil »Michael George Mulhalls (1836-1900), die denselben Sachverhalt visualisiert, kommt »Wiilard C. Brinton (1880-1957) (1919, S. 39) zum Schluss, dass solche Bildstatistiken die ihnen zugrunde liegenden Daten und Mengenverhältnisse nicht korrekt visualisieren. (Problem Volumen- und Flächenvergleiche)

Das allein reiche aus, einer derartigen Visualisierungsmethode zu misstrauen. So erscheine der größere Mann von 1911 wegen nicht korrekter Proportionen mehr als nur 2 1/4-fach bedeutsamer als der von 1899, wie dies eigentlich die angegebenen Daten signalisieren. Ließe man die Daten gänzlich weg, hätte ein Betrachter nicht einmal die Möglichkeit, diesen (suggestiven) visuellen Eindruck zu überprüfen.

Zudem sei eine solche Darstellung der Mengenverhältnisse auch unlogisch, da die Eisenbahnen zwischen 1899 und 1911 ja nicht einen größeren Passagier, sondern eine größere Anzahl von Passagieren beförderten. (▪ Online-Bibliothek)  

Die Rechnung geht bei Flächen- und Volumenvergleichen nicht auf

Die Problematik solcher Volumen- und Flächenvergleiche fällt einem klar ins Auge, wenn man die beiden Herangehensweisen einander gegenüberstellt und eine mathematische Rechnung anstellt.

  • Im vorliegenden Beispiel haben z. B. 1920  annähernd doppelt so viele Leute geheiratet als 1910.

  • Die Grafik allein gibt  dagegen nur her, dass im Jahr 1920 deutlich mehr Leute geheiratet haben als 1915. In welchem prozentualen Verhältnis diese beiden Mengen zueinander stehen, kann der Rezipient der figürlichen Flächendarstellung nicht entnehmen.

Aus diesem Grund verzichtet die Isotypie gewöhnlich auf unterschiedlich große Figuren/Piktogramme und verwendet stattdessen eine Mehrzahl kleinerer Figuren.

(vgl. Rebekka Stutz, Otto Neurath (1882–1945), http://www.enzyklopaedie.ch/dokumente/neurath.html, 3.5.2018)

 ▪ Wie Bildstatistiken täuschen können

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.01.2024

 
 

 
ARBEITSTECHNIKEN und mehr
Arbeits- und ZeitmanagementKreative ArbeitstechnikenTeamarbeit ▪ Portfolio ● Arbeit mit Bildern  Arbeit mit Texten Arbeit mit Film und VideoMündliche KommunikationVisualisierenPräsentationArbeitstechniken für das Internet Sonstige digitale Arbeitstechniken 
  

 
  Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA)
Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von
externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de
-
CC-Lizenz