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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
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Lieder
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Liederbücher
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Venus-gärtlein (1656)
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Textauswahl
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Bausteine
Das Lied im
▪ Venus-Gärtlein (1456), das mit der
Verszeile ▪
IHr Brueder singt vnd stimmet mit mir
an beginnt, ist im Venusgärtlein mit dem Untertitel "Sauff-Lied"
versehen und signalisiert damit ganz deutlich Inhalt und Verwendungszweck
dieses Liedes.
Es ist dabei in der Wiedergabe der Fassung des
Lieds von Waldberg (1890,
S.19-21) im Fließtext dargestellt. Die Auflösung der typographisch hervorgehobenen
Strophenform wird dabei wohl darauf zurückzuführen sein, dass der Raumbedarf
der Fließtextdarstellung sehr viel geringer als die Vers- und
Strophendarstellung ist und das Liederbuch – Papier war ohnehin kein
billiges Gut – weder übermäßig aufgebläht und damit auch unhandlich werden
konnte. Schließlich wären damit auch die Druckkosten erheblich gestiegen.
Gleichzeitig zeigt es aber auch, dass das Venus-Gärtlein in Format und
Aufmachung nicht vergleichbar ist mit den aufwändig gestalteten ▪
Liederbüchern in den Niederlanden
Anfang des 17. Jahrhunderts, wie z. B. die immer wieder nachgedruckte
und neu aufgelegte niederländische Liedsammlung ▪
Den
Bloem-Hof Van de Nederlantsche Ieught« (1608) oder der ▪"Friesche
Lusthof" von »Jan Jansz. Starter
(1593-1626).
Auf der anderen Seite war
die Reim- und Strophenform für jeden der die Melodie mit ihrem Refrain
kannte, leicht zu rekonstruieren, zumal die Runda-Melodie für zahlreiche
Lieder verwendet worden ist, die bei Zechgelagen, vor allem von (männlichen)
Studenten gesungen worden sind.
Das Lied stammt aller
Wahrscheinlichkeit von »Gottfried
Finckelthaus (1614-1648), der es als erster gesungen haben soll und in
dessen Liederbuch ("Deutshe
(!) Gesänge" 1640 o. ä.) es mit einer kleinen Abweichung bei der
Schlussstrophe aufgenommen ist. Im ▪
Venusgärtlein werden aber keine Angaben zu den Verfassern der
präsentierten Lieder gemacht.
Das "Sauff=Lied"
zählt wohl am ehesten zu den ▪
Studentenliedern, die häufig bei
geselligen Zusammenkünften, aber auch bei den
▪ exzessiven Zechgelagen der (männlichen) Studenten
gesungen wurden und oft mit derben und zweideutigen Zoten aufwarteten. Die
Anzahl solcher Trinklieder ist außerordentlich groß und sie gehören in
besonderer Weise zum ▪
Studentenleben in der frühen Neuzeit. Dass es im Venusgärtlein
als solches bezeichnet wird, hat dabei durchaus seinen Grund.
So unterschied man,
wenngleich natürlich nicht sonderlich trennscharf, Trinklieder von
Saufliedern. Während erste "ein erheiterndes, auf den Genuß des Trinkens
Bezug habendes Lied, welches man beim Trinken von geistigen Flüssigkeiten,
beim Weine, Biere und Punsche singt" (Krünitz
ab 1773, »Oeconomische
Encyklopädie). Wird dagegen "das Maaß der weisen Fröhlichkeit dabei
überschritten (...), (singt) man lärmend (...) , so heißt es ein Sauflied."
(ebd.)
Natürlich ist diese Gattungsdefinition einigermaßen willkürlich und ob das
positiv besetzte Trinklied zum Sauflied wird, hängt von davon wie und in
welcher Situation von ihm Gebrauch gemacht wird. So konnte natürlich auch in
einer der Männern vorbehaltenen Trinkgesellschaft (Trinkvereiin,
Trinkgelage), die beim Trinken einen fröhlichen Abend miteinander verbringen
wollten, das gemeinsame Trinken und Singen und auch der Vortrag von
scherzhaften Geschichten den sozialen Zusammenhalt der jeweiligen Gruppe
stärken.
Auch namhafte Dichter wie
Goethe, Schiller, Claudius, Hagedorn, Lessing oder Uhland scheuten sich
jedenfalls nicht, Trinklieder zu verfassen, da geselliges Trinken und das
Singen von Trinkliedern oft ein Muss für ein gelungenes Fest waren.
Trinkgelage waren ebenso wie die weit verbreitete ▪
Trunksucht ein gesellschaftliches Problem dieser Zeit.
Die Runda, wie solche
Lieder auch kurz genannt wurden, wurde gesungen "während ein Trinkgefäß,
gewöhnlich von mächtigem Unfange, die Runde machte, wobei darauf geachtet
wurde, dass kein Tropfen verschüttet
wurde.“ (Bauer 1926,
S.161)
Dass es als "Sauff=Lied"
in das Liederbuch aufgenommen wurde, zeigt auch, dass die Auswahl der
Lieder, die darin vorgenommen wird, sich im Wesentlichen danach gerichtet
hat, ▪
welche Lieder eben populär
waren und zugleich auch von ihren Melodien her
bekannt waren.
Sozial- und
mentalitätsgeschichtlich interessant kann es sein, das Lied in die ▪
Studentenkultur der Zeit
einzuordnen. In jedem Fall nahmen solche Lieder, die bei zahlreichen
Gelegenheiten von den Studenten gesungen wurden, "größtentheils Bezug auf
das frohe, fidele Jugendleben, und auf sie selbst, auf ihren Stand" (Krünitz
ab 1773, »Oeconomische
Encyklopädie) und sollten "nur den frohen Genuß des Jugendlebens in
verständiger, dabei anziehender Weise darstellen" und "die geweckte
Fröhlichkeit im geselligen Kreise, bei einem Glase Wein, Punsch oder sonst
einer gebotenen Flüssigkeit, erhöhen, den Freundschaftskreis erheitern, und
so eine Rückwirkung auf das ernstere Geschäftsleben geben, wodurch auch
dieses an Lebendigkeit oder Thätigkeit gewinnt, weil dadurch der Ernst
gemildert und in der heiteren Stimmung des Gemüths alle Beschwerden und
Anstrengungen der Arbeit leichter getragen werden." (ebd.)
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