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Herzogliche Lustjagden als Teil der höfischen Festkultur

Lustjagden zur Zeit Carl Eugens

 
GESCHICHTE
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation von Macht
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens

Die Leidenschaft, die Herzog ▪ Carl Eugen (1729-1793) für die Jagd hegt, ist in seiner Zeit nicht besonders verwunderlich. Überall in Europa ist das ▪ höfischen Jagen, das auf ein mittelalterliche Feudalrechte zurückgehendes ▪ Adels- und Fürstenprivileg war, wohl das wichtigste Vergnügen der Mächtigen. (vgl. Lahnstein 1968, S.57)

Zugleich wird die Jagd idealisiert. In Württemberg z. B. stiftet Herzog »Herzog Eberhard Ludwig (1676 - 1733) am 3. November 1702 den Herzoglich-Württembergischen Orden von der Jagd, der auch einfach ▪ "Hubertusorden" genannt wird.

Diese erste Ordensstiftung in Württemberg, die den Leitspruch "'Virtutis amicitiaeque foedus' (Ein Bündnis von Freundschaft und Tugend) trägt, wird bald über die Grenzen des Landes hinaus bekannt und nicht wenige Notabeln fühlen sich durch die  Aufnahme in den Kreis der Ritter des Hubertusordens hoch geehrt. (vgl. Sting 2005, S.37)

Die Jagd als Hoffest und "Privatvergnügen" des Herzogs

Unter der Herrschaft ▪ Carl Eugen (1729-1793) war die Jagd ein wesentlicher Teil der ▪ höfischen Festkultur. Meist wurde sie  als Hoffest inszeniert.

Es konnte aber auch sein, dass sie in einem eher "privat" gehalteneren Rahmen stattfand. Auf den im ganzen Land verbreiteten Lust- und Jagdschlössern, zu denen der Herzog nicht vom ganzen Hof begleitet wurde, ging es ja offenbar auch dem Herzog ein wenig darum, "dem Zwang der Hofetikette zu entfliehen" (vgl. Walter 1987, S.204)

So diente dem Herzog jedes noch so heruntergekommene oder baufällige herzogliche Burggemäuer als Jagdschloss, darunter »Hellenstein über Heidenheim, Schorndorf, Göppingen. Berühmte Jagdstützpunkte sind außerdem die Schlösser Hirsau im Schwarzwald, »Einsiedel im Schönbuch, »Grafeneck und St. Johann auf der Alb und in der Nähe von Ludwigsburg hatte der Herzog ein »Jagdschlösschen auf der Schlotwiese, Zuffenhauser Markung.

Nach der ▪ Verlegung der Residenz von Stuttgart nach Ludwigsburg im Jahre 1763 wurde sein »Schloss Solitude die eigentliche Jagdresidenz. (vgl. Lahnstein 1968, S. 57) Dennoch zog es größere und kleinere Jagdgesellschaften des Herzog immer wieder hinaus ins Land.

Regelmäßig zur herbstlichen Jagdzeit - Schonzeiten gab es freilich nicht - besuchte der Herzog mit kleinerem Gefolge das »Schloss Grafeneck auf der Schwäbischen Alb. 1790 berichtete ein Chronist, der Pfarrer F. A. Köhler, über die dort stattfindenden Jagdvergnügungen: "Um das Schloss her sieht man auf einigen Anhöhen Hirschfütterungs-Hütten und Schirme und Ständer von grün angestrichenem Holzwerk, hinter die sich der Landesfürst verbergen konnte, um zu seiner Belustigung Hirsche zu schießen, deren es um dieses Jagdschloss so viele gibt, dass ich einmal zweiundvierzig zählte ... die weil ihnen niemand nichts thun darf, so zahm wie Ziegen sind." (zit. n. ebd.)

Prunkjagden als Repräsentationsevents

Neben solchen Jagdvergnügungen waren Prunkjagden fester Bestandteil der höfischen Festkultur Carl Eugens von Württemberg. Sie hatten dann vor allem repräsentative Funktion. Dabei kam es vor allem auf eine große Wegstrecke (waidmännisch für die  Anzahl der erlegten Tiere) an, aber auch besonders große oder ausgefallene Trophäen oder sonstige "Abnormitäten" (Wokalik, Othmar (2006a), die bei der Jagd gesucht und inszeniert wurden, sollten das Ansehen des Fürsten erhöhen. Ihrer Art nach handelt es sich bei den Lustjagden im Allgemeinen um ▪ eingestellte Jagden.

Anlässlich der Hochzeit von Carl Eugen und »Elisabeth Friederike von Brandenburg-Ansbach (1732-1780) gab es nach den Hochzeitsfeierlichkeiten in Bayreuth vom 6. Oktober 1748 an eine weitere Festwoche in Ludwigsburg. Am 8. 10. 1748 findet dort ein "Brunft- und Hatzjagen" in der Wasserhalde bei Ludwigsburg statt, bei dem 400 von den 800 Stück Schwarz- und Rotwild, die in den See getrieben werden, von den adeligen Jägern erlegt werden. (vgl. Walter 1987, S. 106f.)

Wie schon vor ▪ Verlegung der Residenz (1763) nach Ludwigsburg üblich schlossen sich den Winterfesten um den ▪ Geburtstag des Herzogs Mitte Februar aufwändige Jagden, zumeist im Degerloch, an. Dort hatte Carl Eugen schon 1762 einen künstlichen See anlegen lassen, um ein groß angelegtes Lustjagen zu veranstalten. Für den 700 Fuß langen und 300 Fuß breiten See mussten die umliegenden Ämter 360 Karren stellen und als Arbeiter dienten neben fronenden Bauern in erster Linie die beurlaubten Soldaten. So entstand der See durch die Arbeit mehrerer Monate; auf der einen Seite war das Wasser von einer Galerie mit Logen und Pavillons umgeben, auf der andern stieß es an den Wald. Für das Fest am 20. Februar 1763 war der See mit allem Zubehör wieder instandgesetzt. (vgl. Pfister, Hof und Hoffeste 1907, S.104-108)

Ferner mussten Wildtiere wochenlang von fronenden Bauern in sogenannten Fangjagden eingefangen werden. Das Wild, das auf diese Weise zusammengetrieben war, musste in den so genannten "Wildkammern", eingezäunten oder "eingelappten" Waldgebieten, danach bis zum Tag der Jagd bewacht werden, oder wenn es über Land erst an die Austragungsstätte des "Lustjagens" transportiert werden musste, eingefangen und auf Wagen verfrachtet werden.

Und was von den fronenden Bauern als besonders drückend empfunden wurde, war, dass die meist mehrtätigige, oft mehrwöchige Jagdfron bei jeder Witterung und ungeachtet der Jahreszeit, also auch in bitterkalten Winternächten, geleistet werden musste.

Die Anzahl der gleichzeitig für die verhasste Jagd fronenden Bauern war ungeheuer groß. Für die Geburtstagsfeierlichkeiten des Jahres 1763 muss z. B. die Stadt Calw allein mehrere Monate lang hundert Mann zum Wildfang als unbezahlten Frondienst abstellen, die Stadt Herrenberg 320 so genannte Handfröner für eine Woche, Bulach 459 Mann für acht Tage. (vgl. ebd.1987, S.217f.)

Die Forstämter waren dafür verantwortlich, dass die für das höfische Jagdvergnügen nötige "Stückzahl" an Wild zusammengetrieben und zum Jagdtermin zur Verfügung stand. 1762 waren dies z. B. "im ganzen 5.218 Stück, darunter 121 starke und geringe Hirsche, 30 Damhirsche, 150 Spießer, 61 Hauptschweine, 180 zweijährige Schweine und Bachen, 36 Dachse, 207 Füchse, 3.000 Hasen, 197 Fasanen, 530 Feldhühner, 209 Enten usw." ( Pfister 1907, S.106).

Die Punkjagd als höfisches Fest

Der ganze Ablauf der Jagd war eine höfisches Inszenierung von der Abreise in Stuttgart nach Degerloch bis zum abschließenden Konzert.

"Gegen zehn Uhr vormittags fuhr der Hof von Stuttgart ab und erblickte bei seiner Ankunft ein Schauspiel, welches ein Nachbild jener berufenen römischen Amphitheater genennet werden kann. Pauken und Trompeten schalleten unaufhörlich durch die Luft. - In den Pavillons wurde indessen das Frühstück aufgetragen. "Weine von allerhand und den besten Gattungen waren im Überfluss zugegen und die Ergötzlichkeit der Mahlzeit befeuerte die Hofleute noch mehr zu der Jagdlust." - Jetzt gab der Herzog das Zeichen; auf sieben schön gezierten Gondeln fuhren die Jagdoffiziere und Jäger über den See. Sie landeten, verschwanden im Wald, öffneten die Behälter und trieben aus ihnen das Wild dem See zu. Hier staute sich die Masse; ein Teil suchte zu entfliehen, andere stürzten in den See. Die Jagdgäste aber standen bequem in ihren Pavillons, ließen sich immer neue Büchsen reichen und richteten ein entsetzliches Blutbad an. Den Jagdtag schloss ein Konzert." (ebd.)

Der Fantasie waren bei der professionellen Gestaltung solcher Jagdevents kaum Grenzen gesetzt: "Für Carl Eugens Jagdgesellschaften schuf man eigens romantische Waldanlagen mit Grotten und durch Fackeln erleuchteten Schonungen, aus denen als Satyrn verkleidete Tänzer hervorsprangen. Nicht selten bediente man sich gemalter Naturkulissen, die, inmitten einer echten Landschaft, optisch überschaubare Verhältnisse herstellen sollten.“ (Alt Bd. I, 2004,, S. 34).

Ein Jagdspektakel in einer Art barockem Amphitheater

Die prunkvollen Lustjagden finden also nicht in Wald und Flur statt, sondern in einer Art Jagdstadion bzw. Freiluftjagdtheater, einer Art modernem Amphitheater, wo bekanntlich schon in der Antike bei einer Veranstaltung auch schon mal zigtausende von Tieren zur Volksbelustigung abgeschlachtet werden. Damals, wie auch zu Zeiten Carl Eugens, darf auch die Bevölkerung zusehen, zumindest bei den groß inszenierten Jagdspektakeln, bei denen sich die "naiv-grausame Lust und Freude am Töten" (Walter 1987, S.200) so richtig austoben kann. 1763 sollen es angeblich 15.000 Zuschauer gewesen sein, die streng nach Herkunft voneinander geschieden, auf zahlreichen eigens dafür aufgebauten Schaugerüsten dem Geschehen beiwohnen. (vgl. ebd. 1987, S.199, vgl. Berger 1997, S. 60)


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Für das Jagdspektakel während des Festins von 1763, einer mehrwöchigen Geburtstagsfeier des Herzogs im Februar, sind monatelange Vorbereitungen nötig.

Der See, der für die Jagd in Degerloch von fronenden Bauern und beurlaubten Soldaten künstlich angelegt wird, ist 230 Meter lang, ca. 100 Meter breit und um die fünf bis sechs Meter tief. Im See schwimmen sieben venezianische Gondeln mit entsprechend gekleideten Gondolieri und andere prächtig gestaltete Boote. Vor dem See steht ein aus Holz gefertigtes, über 200 Meter langes Gebäude, das von 308 dorischen Säulen in einer Höhe von 5 Metern gestützt, eine Galerie darstellt. Diese wiederum ist von 17 Pavillons mit jeweils runden Helmdächern durchbrochen. Der Hauptpavillon in der Mitte des Ensembles ist 12 Meter hoch, ca. 17 Meter lang und 11 Meter breit und innen mit Jagdszenen und mythologischen Figuren prachtvoll ausgemalt. In den sämtlich tapezierten Pavillons sind große Fenster eingelassen, zugleich sorgen darin große Öfen dafür, dass den Adeligen, die dazu wohl noch häufig dem Alkohol kräftig zusprechen, bei ihrem "Jagdvergnügen" nicht kalt wird. (vgl. Walter 1987, S.199)

Die Anzahl der Wildttiere, die bei solchen Prunkjagden im herzoglichen "Amphitheater" getötet werden, ist riesengroß.

Carl Eugen lässt der heiteren adeligen Jagdgesellschaft, wie 1782 angeblich geschehen, schon mal 5.000 Stück Wild so vor die Flinten treiben. Die Zahl der getöteten Tier ist dabei so groß, dass die abgeschossenen Tiere nicht einmal von der höfischen Küche verarbeitet werden können und stattdessen verbrannt werden. Und das alles, um dem russischen Großfürsten Paul Petrowitsch und seiner Frau Maria Fedorowna, einer Nichte des Herzogs, zu imponieren. (vgl. Pfister 1907, S.116)

Was der adeligen Jagdgesellschaft vor die Flinten getrieben wird, sind: 121 Rothirsche, 30 Damhirsche, 150 Rehböcke, 241 Wildschweine nebst 89 Frischlingen, 2 Gemsen, 2 Wölfe, 2 Luchse, 36 Dachse, 207 Füchse, 3.002 Hasen, 197 Fasanen, 530 Feldhühner, 209 Wildenten und 400 wilde Tauben. (vgl. Walter 1987, S. 200f.)

Stimmen, die sich gegen ein solches Abschlachten der Wildtiere richten, gab es nicht. Tierschutz in unserem modernen Sinne ist dem Jahrhundert und seinen Menschen noch fremd. So wundert es auch nicht, dass sich die Landschaft und die Bauern im Anschluss an solche Jagdveranstaltungen vor allem dann beklagen, wenn das nicht "erlegte" Wild einfach wieder freigelassen wird und damit die Wildschäden auf den bäuerlichen Feldern weiter erhöhen kann. (vgl. Lahnstein 1983, S.280f.)

Die Errichtung von Tiergärten

Immer wieder wurded daher auch von der Landschaft die Errichtung von Tiergärten gefordert, zumal sich die Klagen über Wildschäden häuften (vgl. Adam 1907, S.199f.)

Der Herzog kam aber solchen Forderungen nur zögerlich nach, da dies kostspielige Projekte waren. Wenn er es tat, geschah dies wohl eher aus Gründen der Bequemlichkeit und der Repräsentation als aus Sorge wegen der Flur- und Wildschäden.

So sieht der Kammerplan des Kammerpräsidenten von Kniestedt aus dem Jahre 1775, einer der wenigen Versuche einen haushaltsmäßigen Überblick über die Finanzen des Herzogtums zu erhalten, 1000 Gulden für die Einrichtung und Unterhaltung von Tiergärten vor (vgl. Wintterlin 1907, S.178), was gemessen an den anderen Ausgabeposten für die Jagd und die Hofgärtnerei aber auch in den gemäßigteren Jahren der Regierungszeit Carl Eugens allerdings eine verhältnismäßige geringe Summe darstellt.

Die Wildparks werden 1775 auf Betreiben der Landschaft, die die Kosten der herzoglichen Verwaltung senken will, aufgelöst. (vgl. Adam 1907, S.287)

In diesen Tiergärten finden auch große Jagdereignisse des Hofes, darunter auch ▪ Parforcejagden, statt, die beim adelige "Lustjagen" offenbar in der Beliebtheitsskala ganz oben stehen.Der Preis, den die Bauern für den verminderten Flurschaden zu bezahlen haben, ist indessen hoch.

Häufig müssen sie mehr Frondienste leisten. So wird in einigen Tiergärten, wie auch dem "Wildpark" bei Stuttgart in der Nähe der Solitude, ein Netz von Alleen angelegt, die das Jagen für große Jagdgesellschaften auf Pferden oder Jagdgespannen äußerst bequem gestalten. (vgl. ebd., S.282)

Die Jagd auf das im Wildpark gehaltene Wild ist äußerst einfach, denn die darin gehaltenen weißen Hirsche und das Damwild sind zahm, werden mit einem Flintenschuss gewöhnlich zur Fütterung versammelt und laufen so den adeligen "Jägern" bei der Jagd, trotz des allgemeinen Geknalles wohl immer direkt oder von Treibern gehetzt vor die Flintenläufe. (vgl. B. Peiffer 1907, S.653).

Jagdfrondienste und andere Belastungen für die Bauern

Das fürstliche Jagdvergnügen brachte vor allem für die Bauern große Belastungen mit sich. Schon 1580 kursierte in Württemberg der folgende Spruch aus einer Reihe anderer Sprüche, die als Trias, "Wirtemberg betreffend"  bekannt sind, weil sie jeweils 'drei Ding' über Land und Leute aussagen. (vgl. Lahnstein 1983, S. 280)

Drei Ding sein beschwerlich in Wirtemberg:
vil wiltprett,
vil fronen,
vil rechnungen.

Den Bauern wurde eine Vielzahl von Jagdfrondiensten auferlegt, auf ihren Feldern hinterließen die Bewegungsjagden der höfischen Jagdgesellschaften, die rücksichtslos auch durch stehendes Korn geführt wurden, einen gewaltigen Flurschaden und das "geschützte" und damit völlig übersetzte Wild fraß sich durch die Felder, ohne dass den Bauern eine wirksame Wildschadensabwehr möglich war.

Seinen literarischen Niederschlag fand die Klage über solche Verhältnisse in Württemberg in verschiedenen Gedichten von ▪ Gottfried August Bürger (1747-1794) (z. B. ▪ Der Bauer an seinen durchlauchtigsten Tyrannen. Juli 1775) und in Schriften von »Daniel Schubart (1739-1791), der auf Anweisung des Herzogs für seine Kritik an Hofhaltung und Prasserei ▪ Carl Eugens (1728-1793) zehn lange Jahre unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einem Verließ der »Bergfestung Asperg eingekerkert war.

"Tag und Nacht muss ein Teil der Gemeinde die Felder vor dem Wilde hüten; gestattet sind dabei nur kleine, durch Bengel am Laufen, durch Maulbänder am Beißen verhinderte Hunde, die noch dazu von den Forstbeamten ungestraft weggeschossen werden. Morgenweise brechen die Wildschweine die Äcker um; herdenweise kommt das Wild in die Dörfer." (Adam 1907, S.199)

Als Folge blieben viele Felder unbebaut. Und auch aufwändige und kostspielige Anstrengungen der Dörfer mit Zaunstecken oder Bretterzäunen das Wild von den Feldern abzuhalten, waren vergeblich. Der Wald konnte das Wild in der vorhandenen Zahl einfach nicht ernähren. Die Wildschweine schlugen den besten Zaun durch und das Rotwild setzte einfach darüber. (vgl. ebd.)

Angesichts ihres aussichtlosen Kampfes gegen das Wild auf ihren Feldern ist "der Hass des Bauernvolks gegen die herrschaftlichen Förster oder Jäger tief eingewurzelt, immer neu genährt und auch erbittert erwidert." (Lahnstein 1983, S. 280). Kein Wunder, dass der Wilddieb, obwohl Rechtsbrecher, beim Volk große Sympathie findet.

Die Jagdfronden werden angesichts solcher Verhältnisse und Einstellungen von den Untertanen als besonders drückend empfunden, zumal Herzog ▪ Carl Eugen (1728-1793) sie immer weiter ausdehnt und zugleich die Waldnutzungsrechte der Gemeinden (wie die freie Pirsch als Jagdform, Holznutzung und Weidgang, sowie die Eichelmast) zusehends einschränkt. (vgl. Adam 1907, S. 199)

Schon für die Zeit Carl Eugens wird wohl gegolten haben, was württembergische Geschichtsschreiber des Biedermeier »Christian Reinhold Köstlin (1813-1853) für die Regierungszeit des württembergischen Königs »Wilhelm I. (1781-1864) beschreibt:

"Als Forstfronden waren in den Lagerbüchern in der Regel nur aufgeführt: Jagen, Hägen, Seilwägen führen, Hunde aufstocken. Die Forstmeister aber forderten von den Gemeinden nicht nur alles, was den Jagddienst als solchen angeht, sondern auch alles, was zum Dienst des Forstamts gehört oder in einiger Beziehung dazu steht, sollte es auch lediglich den persönlichen Nutzen der Beamten betreffen. So mussten z . B. die Gemeinden im Winter in den Waldungen Bahn schleifen, im Sommer das Waldgras mähen, dörren, und in die Magazine führen, den Haber für das Wild im Winter beiführen, Sulzen anlegen und Jagdschirme machen, für Waldwege und Brücken sorgen, das Wildpret füttern, Holz für dasselbe fällen, Eicheln sammeln, wildes Obst klauben , Einsprünge machen usw." (Köstlin 1839, S.141)

Angesichts solcher Verhältnisse ist es daher nicht verwunderlich, dass die zahlreichen Auswanderer aus dem Herzogtum neben ihrer Klage, "es seien zuviel Menschen da, man könne nicht mehr beisammen leben und müsse einander Platz schaffen"  und der steigenden Unzufriedenheit über das Militär, vor allem das Forst- und Jagdwesen als Grund ihrer Emigration angeben, wie die württembergischen Landschaftsvertreter im Juli 1782 erklären. (vgl. Schott 1907, S.307)

Die herzoglichen Jagden in der Auseinandersetzung mit dem Landständen

Das immer wieder beklagte 'vil wiltprett' ist ständiger Zankapfel zwischen dem Herzog und den Landständen, bei denen sich die Bauern bitter beklagen.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts verfasst der ▪ Landschaftskonsulent »Johann Jakob Moser (1701-1785), den ▪ Carl Eugen (1728-1793) Juli 1759 wegen seines Widerstandes gegen dessen absolutistische Machtansprüche gegenüber den Landständen bzw. der ▪ Ehrbarkeit, verhafteten und ohne gerichtliches Verfahren sechs Jahre lang in der ▪ Festung Hohentwiel in Einzelhaft eingekerkert hat, ein Gutachten für den »Landschaftlichen Größeren Ausschuss« .

Darin wird u. a. der 'Wildprett-Schade' als eines der größten Ärgernisse aufgeführt. "»Es sey beynahe unglaublich«, heißt es in erstaunlicher Schärfe, dass man von anderer Seite Serenissimo »beygebracht« habe, »als ob der eingeklagte Wildprett-Schaden bey weitem nicht so beträchtlich seye, als er vorgegeben werde; und noch betrübter und unvermutheter seye, daß eine Unmöglichkeit seye, allen Schaden gänzlich zu verhüten, ohne daß Sie Sich Ihres Jagd-Plaisiers gänzlich begeb'. Weiter heißt es: »was aber die Verhütung des Schadens betreffe, so seye dermalen noch keine Frage von Verhütung alles Schadens, oder etwa desjenigen, der nur bey Gelegenheit des Wechsels des Wildes u. d. entstehe, sondern von dem horrenden und excessiven Schaden, welcher durch das mit ganzen Heerden auf denen Feldern Jahr aus und ein sich mästende Wild und besonders auch durch die offt vile Jahre außer dem Zaun in wohlbekannten Orten befindliche, auch denen Forst-Aemtern öffters, aber allezeit vergeblich angezeigte Lager-Schweine verursacht werde, der bey Menschen-Gedenken, auch an denen Orten, wo an Machung der Wild-Zäune kein Mangel erscheine, nie so groß gewesen seye, als dermahlen, und sich, allen in denen Gewälten geäußerten Besorgen nach, künfftig noch mehr äußern würde, wann sogar bey denen angestellten Jagden selbst das Gewild übermäßig geschonet, und, wann man selbiges mit der Unterthanen größten Beschwerde zusammengetriben, hernach der größte Theil wieder losgelaßen ...«" (Lahnstein 1983, S.280f.)

Angesichts solcher Verhältnisse ist es daher nicht verwunderlich, dass die zahlreichen Auswanderer aus dem Herzogtum neben ihrer Klage, "es seien zuviel Menschen da, man könne nicht mehr beisammen leben und müsse einander Platz schaffen"  und der steigenden Unzufriedenheit über das Militär, vor allem das Forst- und Jagdwesen als Grund ihrer Emigration angeben, wie die württembergischen Landschaftsvertreter im Juli 1782 erklären. (vgl. Schott 1907, S.307)

Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation von Macht
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.09.2023

   
 

 
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