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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Die Leidenschaft, die Herzog ▪ Carl Eugen
(1729-1793) für die Jagd hegt, ist in seiner
Zeit nicht besonders verwunderlich. Überall in Europa ist das ▪
höfischen Jagen, das auf ein mittelalterliche Feudalrechte zurückgehendes ▪
Adels- und Fürstenprivileg
war, wohl das wichtigste Vergnügen der Mächtigen. (vgl.
Lahnstein 1968, S.57)
Zugleich wird die Jagd idealisiert. In Württemberg
z. B. stiftet Herzog
»Herzog Eberhard
Ludwig (1676 - 1733) am 3. November 1702 den
Herzoglich-Württembergischen Orden von der Jagd, der auch einfach ▪ "Hubertusorden"
genannt wird.
Diese erste Ordensstiftung in Württemberg, die den Leitspruch
"'Virtutis amicitiaeque foedus' (Ein Bündnis von Freundschaft und Tugend)
trägt,
wird bald über die Grenzen des Landes hinaus bekannt und nicht wenige
Notabeln fühlen sich durch die Aufnahme in den Kreis der Ritter des
Hubertusordens hoch geehrt. (vgl.
Sting 2005, S.37)
Die Jagd als Hoffest und "Privatvergnügen" des Herzogs
Unter der Herrschaft ▪ Carl Eugen
(1729-1793) war die Jagd ein wesentlicher Teil der ▪
höfischen Festkultur. Meist wurde
sie als Hoffest inszeniert.
Es konnte aber auch sein, dass sie in einem eher "privat" gehalteneren
Rahmen stattfand.
Auf den im ganzen Land verbreiteten Lust- und
Jagdschlössern, zu denen der Herzog nicht vom ganzen Hof begleitet wurde, ging es
ja offenbar auch dem Herzog ein wenig darum, "dem Zwang der Hofetikette
zu entfliehen" (vgl.
Walter 1987, S.204)
So diente dem Herzog jedes noch so heruntergekommene
oder baufällige herzogliche Burggemäuer als Jagdschloss, darunter »Hellenstein über Heidenheim, Schorndorf, Göppingen. Berühmte Jagdstützpunkte
sind außerdem die Schlösser Hirsau im Schwarzwald, »Einsiedel im Schönbuch,
»Grafeneck und
St. Johann auf der Alb und in der Nähe von Ludwigsburg hatte der
Herzog ein »Jagdschlösschen auf der Schlotwiese, Zuffenhauser Markung.
Nach
der ▪
Verlegung der Residenz von Stuttgart nach Ludwigsburg im Jahre 1763 wurde sein
»Schloss Solitude die eigentliche Jagdresidenz. (vgl.
Lahnstein 1968, S. 57) Dennoch zog es größere und kleinere
Jagdgesellschaften des Herzog immer wieder hinaus ins Land.
Regelmäßig zur
herbstlichen Jagdzeit - Schonzeiten gab es freilich nicht - besuchte der
Herzog mit kleinerem Gefolge das »Schloss Grafeneck
auf der Schwäbischen Alb.
1790 berichtete ein Chronist, der Pfarrer F. A. Köhler, über die dort
stattfindenden Jagdvergnügungen: "Um das Schloss her sieht man auf einigen
Anhöhen Hirschfütterungs-Hütten und Schirme und Ständer von grün
angestrichenem Holzwerk, hinter die sich der Landesfürst verbergen konnte,
um zu seiner Belustigung Hirsche zu schießen, deren es um dieses Jagdschloss
so viele gibt, dass ich einmal zweiundvierzig zählte ... die weil ihnen
niemand nichts thun darf, so zahm wie Ziegen sind." (zit. n.
ebd.)
Prunkjagden als Repräsentationsevents
Neben solchen Jagdvergnügungen waren Prunkjagden fester Bestandteil
der höfischen Festkultur Carl Eugens von Württemberg. Sie hatten dann vor
allem repräsentative Funktion. Dabei kam es vor allem auf eine große Wegstrecke
(waidmännisch für die Anzahl der erlegten Tiere) an, aber auch besonders große oder ausgefallene Trophäen
oder sonstige "Abnormitäten" (Wokalik,
Othmar (2006a), die bei der Jagd gesucht und inszeniert wurden, sollten
das Ansehen des Fürsten erhöhen.
Ihrer Art nach handelt es sich bei den Lustjagden im Allgemeinen um
▪
eingestellte
Jagden.
Anlässlich der Hochzeit von Carl Eugen und »Elisabeth Friederike von
Brandenburg-Ansbach (1732-1780)
gab es nach den Hochzeitsfeierlichkeiten in Bayreuth vom 6.
Oktober 1748 an eine weitere Festwoche in Ludwigsburg. Am 8. 10. 1748 findet
dort ein "Brunft- und Hatzjagen" in der Wasserhalde bei Ludwigsburg statt,
bei dem 400 von den 800 Stück Schwarz- und Rotwild, die in den See getrieben
werden, von den adeligen Jägern erlegt werden. (vgl.
Walter 1987, S. 106f.)
Wie
schon vor ▪ Verlegung der Residenz (1763)
nach Ludwigsburg üblich schlossen sich den Winterfesten
um den ▪ Geburtstag des Herzogs Mitte Februar
aufwändige Jagden, zumeist im Degerloch, an. Dort hatte Carl Eugen schon
1762 einen künstlichen See anlegen lassen, um ein groß angelegtes
Lustjagen zu veranstalten. Für den 700 Fuß langen und 300 Fuß breiten
See mussten die umliegenden Ämter 360 Karren stellen und
als Arbeiter dienten neben fronenden Bauern in erster Linie die
beurlaubten
Soldaten. So entstand der See
durch die Arbeit mehrerer Monate; auf der einen Seite war das Wasser von
einer Galerie mit Logen und Pavillons umgeben, auf der andern stieß es an
den Wald. Für das Fest am 20. Februar 1763 war der See mit allem Zubehör
wieder instandgesetzt. (vgl. Pfister, Hof und Hoffeste 1907, S.104-108)
Ferner mussten Wildtiere wochenlang von
fronenden Bauern in sogenannten Fangjagden eingefangen werden. Das Wild, das
auf diese Weise zusammengetrieben war, musste in den so genannten
"Wildkammern", eingezäunten oder "eingelappten" Waldgebieten, danach bis zum
Tag der Jagd bewacht werden, oder wenn es über Land erst an die
Austragungsstätte des "Lustjagens" transportiert werden musste, eingefangen
und auf Wagen verfrachtet werden.
Und was von den fronenden
Bauern als besonders drückend empfunden wurde, war, dass die meist mehrtätigige, oft mehrwöchige Jagdfron bei jeder Witterung und ungeachtet der
Jahreszeit, also auch in bitterkalten Winternächten, geleistet werden musste.
Die Anzahl der gleichzeitig für die verhasste Jagd fronenden
Bauern war ungeheuer groß. Für die Geburtstagsfeierlichkeiten des Jahres 1763 muss z. B.
die Stadt Calw allein mehrere Monate lang hundert Mann zum Wildfang als
unbezahlten Frondienst abstellen, die Stadt Herrenberg 320 so genannte Handfröner für eine Woche, Bulach 459 Mann für acht Tage. (vgl.
ebd.1987, S.217f.)
Die Forstämter waren dafür verantwortlich, dass die für das höfische
Jagdvergnügen nötige "Stückzahl" an Wild zusammengetrieben und zum
Jagdtermin zur Verfügung stand. 1762 waren dies z. B. "im ganzen 5.218
Stück, darunter 121 starke und geringe Hirsche, 30 Damhirsche, 150 Spießer,
61 Hauptschweine, 180 zweijährige Schweine und Bachen, 36 Dachse, 207
Füchse, 3.000 Hasen, 197 Fasanen, 530 Feldhühner, 209 Enten usw." (
Pfister 1907, S.106).
Die Punkjagd als höfisches Fest
Der ganze Ablauf der Jagd war eine höfisches Inszenierung von der Abreise in
Stuttgart nach Degerloch bis zum abschließenden Konzert.
"Gegen zehn Uhr vormittags fuhr der Hof von Stuttgart ab und erblickte bei
seiner Ankunft ein Schauspiel, welches ein Nachbild jener berufenen
römischen Amphitheater genennet werden kann. Pauken und Trompeten schalleten
unaufhörlich durch die Luft. - In den Pavillons wurde indessen das Frühstück
aufgetragen. "Weine von allerhand und den besten
Gattungen waren im Überfluss zugegen und die Ergötzlichkeit der Mahlzeit
befeuerte die Hofleute noch mehr zu der Jagdlust." - Jetzt gab der Herzog
das Zeichen; auf sieben schön gezierten Gondeln fuhren die Jagdoffiziere und
Jäger über den See. Sie landeten, verschwanden im Wald, öffneten die
Behälter und trieben aus ihnen das Wild dem See zu. Hier staute sich die
Masse; ein Teil suchte zu entfliehen, andere stürzten in den See. Die
Jagdgäste aber standen bequem in ihren Pavillons, ließen sich immer neue
Büchsen reichen und richteten ein entsetzliches Blutbad an. Den Jagdtag
schloss ein Konzert." (ebd.)
Der
Fantasie waren
bei der professionellen Gestaltung solcher Jagdevents kaum Grenzen gesetzt:
"Für Carl Eugens Jagdgesellschaften schuf man eigens romantische Waldanlagen
mit Grotten und durch Fackeln erleuchteten Schonungen, aus denen als Satyrn
verkleidete Tänzer hervorsprangen. Nicht selten bediente man sich gemalter
Naturkulissen, die, inmitten einer echten Landschaft, optisch überschaubare
Verhältnisse herstellen sollten.“ (Alt Bd. I, 2004,, S. 34).
Ein Jagdspektakel in einer Art barockem Amphitheater
Die prunkvollen Lustjagden finden
also nicht in Wald und Flur statt, sondern in einer Art Jagdstadion bzw.
Freiluftjagdtheater, einer Art modernem Amphitheater,
wo bekanntlich schon in der Antike bei einer Veranstaltung auch schon mal
zigtausende von Tieren zur Volksbelustigung abgeschlachtet werden. Damals,
wie auch zu Zeiten Carl Eugens, darf auch die Bevölkerung zusehen,
zumindest bei den groß inszenierten Jagdspektakeln, bei denen sich die
"naiv-grausame Lust und Freude am Töten" (Walter
1987, S.200) so richtig austoben kann. 1763
sollen es angeblich 15.000 Zuschauer gewesen sein, die streng nach Herkunft
voneinander geschieden, auf zahlreichen eigens dafür aufgebauten
Schaugerüsten dem Geschehen beiwohnen. (vgl.
ebd. 1987, S.199, vgl.
Berger 1997, S. 60)
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Für das Jagdspektakel während des Festins von 1763, einer mehrwöchigen
Geburtstagsfeier des Herzogs im Februar, sind
monatelange Vorbereitungen nötig.
Der See, der für die Jagd in Degerloch von fronenden Bauern und beurlaubten
Soldaten künstlich angelegt wird, ist 230 Meter lang, ca. 100 Meter breit
und um die fünf bis sechs Meter tief. Im See schwimmen sieben venezianische
Gondeln mit entsprechend gekleideten Gondolieri und andere prächtig
gestaltete Boote. Vor dem See steht ein aus Holz gefertigtes, über 200 Meter
langes Gebäude, das von 308 dorischen Säulen in einer Höhe von 5 Metern
gestützt, eine Galerie darstellt. Diese wiederum ist von 17 Pavillons mit
jeweils runden Helmdächern durchbrochen. Der Hauptpavillon in der Mitte des
Ensembles ist 12 Meter hoch, ca. 17 Meter lang und 11 Meter breit und innen
mit Jagdszenen und mythologischen Figuren prachtvoll ausgemalt. In den
sämtlich tapezierten Pavillons sind große Fenster eingelassen, zugleich
sorgen darin große Öfen dafür, dass den Adeligen, die dazu wohl noch häufig
dem Alkohol kräftig zusprechen, bei ihrem "Jagdvergnügen" nicht kalt wird.
(vgl.
Walter 1987, S.199)
Die Anzahl der Wildttiere, die bei solchen Prunkjagden im herzoglichen
"Amphitheater" getötet werden, ist riesengroß.
Carl Eugen lässt der heiteren adeligen Jagdgesellschaft, wie 1782 angeblich geschehen, schon mal 5.000 Stück Wild so
vor die Flinten treiben. Die Zahl der getöteten Tier ist dabei so groß, dass die abgeschossenen Tiere nicht einmal von der
höfischen Küche verarbeitet werden können und stattdessen verbrannt werden.
Und das alles, um dem russischen Großfürsten Paul Petrowitsch und seiner
Frau Maria Fedorowna, einer Nichte des Herzogs, zu imponieren. (vgl.
Pfister 1907, S.116)
Was der adeligen Jagdgesellschaft vor die Flinten getrieben wird,
sind:
121 Rothirsche, 30 Damhirsche, 150 Rehböcke, 241 Wildschweine nebst 89
Frischlingen, 2 Gemsen, 2 Wölfe, 2 Luchse, 36 Dachse, 207 Füchse, 3.002
Hasen, 197 Fasanen, 530 Feldhühner, 209 Wildenten und 400 wilde Tauben.
(vgl.
Walter 1987, S. 200f.)
Stimmen, die sich gegen ein solches Abschlachten
der Wildtiere richten, gab es nicht. Tierschutz in unserem
modernen Sinne ist dem Jahrhundert und seinen Menschen noch fremd. So
wundert es auch nicht, dass sich die Landschaft und die Bauern im Anschluss
an solche Jagdveranstaltungen vor allem dann beklagen, wenn das nicht
"erlegte" Wild
einfach wieder freigelassen wird und damit die Wildschäden auf den
bäuerlichen Feldern weiter erhöhen kann. (vgl.
Lahnstein 1983, S.280f.)
Die Errichtung von Tiergärten
Immer wieder wurded daher auch von der Landschaft die Errichtung von Tiergärten gefordert, zumal sich die
Klagen über Wildschäden häuften (vgl.
Adam 1907, S.199f.)
Der Herzog kam aber solchen Forderungen nur zögerlich nach,
da dies kostspielige Projekte waren. Wenn er es tat, geschah dies wohl eher
aus Gründen der Bequemlichkeit und der Repräsentation als aus Sorge wegen
der Flur- und Wildschäden.
So sieht der Kammerplan des Kammerpräsidenten von Kniestedt aus dem Jahre 1775, einer der wenigen Versuche einen
haushaltsmäßigen Überblick über die Finanzen des Herzogtums zu erhalten,
1000 Gulden für die Einrichtung und Unterhaltung von Tiergärten vor (vgl.
Wintterlin 1907, S.178), was gemessen an den anderen Ausgabeposten für
die Jagd und die Hofgärtnerei aber auch in den gemäßigteren Jahren der
Regierungszeit Carl Eugens allerdings eine verhältnismäßige geringe Summe
darstellt.
Die Wildparks werden 1775 auf Betreiben der Landschaft, die die
Kosten der herzoglichen Verwaltung senken will, aufgelöst. (vgl.
Adam 1907, S.287)
In diesen Tiergärten finden auch
große Jagdereignisse des Hofes, darunter auch
▪
Parforcejagden, statt, die
beim adelige "Lustjagen" offenbar in der Beliebtheitsskala
ganz oben stehen.Der Preis, den die Bauern für den
verminderten Flurschaden zu bezahlen haben, ist indessen hoch.
Häufig müssen
sie mehr Frondienste leisten. So wird in einigen Tiergärten, wie auch dem
"Wildpark" bei Stuttgart in der Nähe der Solitude, ein Netz von Alleen
angelegt, die das Jagen für große Jagdgesellschaften auf Pferden oder
Jagdgespannen äußerst bequem gestalten. (vgl.
ebd.,
S.282)
Die Jagd auf das im Wildpark gehaltene Wild ist äußerst
einfach, denn die darin gehaltenen weißen Hirsche und das Damwild sind zahm,
werden mit einem Flintenschuss gewöhnlich zur Fütterung versammelt und
laufen so den adeligen "Jägern" bei der Jagd, trotz des allgemeinen
Geknalles wohl immer direkt oder von Treibern gehetzt vor die Flintenläufe.
(vgl. B.
Peiffer 1907, S.653).
Jagdfrondienste und andere Belastungen für die Bauern
Das fürstliche Jagdvergnügen brachte vor allem für die Bauern große
Belastungen mit sich. Schon 1580 kursierte in Württemberg der folgende Spruch aus
einer Reihe anderer Sprüche, die als Trias, "Wirtemberg betreffend" bekannt
sind, weil sie jeweils 'drei Ding' über Land und Leute aussagen. (vgl. Lahnstein
1983, S. 280)
Drei Ding sein beschwerlich in Wirtemberg:
vil wiltprett,
vil fronen,
vil rechnungen.
Den Bauern wurde eine Vielzahl von Jagdfrondiensten
auferlegt, auf ihren Feldern hinterließen die Bewegungsjagden der höfischen
Jagdgesellschaften, die rücksichtslos auch durch stehendes Korn geführt
wurden, einen gewaltigen Flurschaden und das "geschützte" und damit völlig
übersetzte Wild fraß sich durch die Felder, ohne dass den Bauern eine
wirksame Wildschadensabwehr möglich war.
Seinen literarischen Niederschlag
fand die Klage über solche Verhältnisse in Württemberg in verschiedenen Gedichten von ▪
Gottfried August Bürger
(1747-1794) (z. B.
▪
Der Bauer an seinen durchlauchtigsten Tyrannen. Juli 1775)
und in Schriften von »Daniel Schubart
(1739-1791), der auf Anweisung des Herzogs für seine Kritik an
Hofhaltung und Prasserei ▪ Carl
Eugens (1728-1793) zehn lange Jahre unter menschenunwürdigen
Haftbedingungen in einem Verließ der »Bergfestung
Asperg eingekerkert war.
"Tag und Nacht muss ein Teil der Gemeinde die Felder vor dem Wilde hüten;
gestattet sind dabei nur kleine, durch Bengel am Laufen, durch Maulbänder am
Beißen verhinderte Hunde, die noch dazu von den Forstbeamten ungestraft
weggeschossen werden. Morgenweise brechen die Wildschweine die Äcker um;
herdenweise kommt das Wild in die Dörfer." (Adam
1907, S.199)
Als Folge blieben viele Felder unbebaut. Und auch
aufwändige und kostspielige Anstrengungen der Dörfer mit Zaunstecken oder
Bretterzäunen das Wild von den Feldern abzuhalten, waren vergeblich. Der Wald
konnte das Wild in der vorhandenen Zahl einfach nicht ernähren. Die
Wildschweine schlugen den besten Zaun durch und das Rotwild setzte einfach
darüber. (vgl.
ebd.)
Angesichts ihres aussichtlosen Kampfes gegen das Wild auf ihren Feldern ist
"der Hass des Bauernvolks gegen die herrschaftlichen Förster oder Jäger tief
eingewurzelt, immer neu genährt und auch erbittert erwidert." (Lahnstein
1983, S. 280). Kein Wunder, dass der Wilddieb, obwohl
Rechtsbrecher, beim Volk große Sympathie findet.
Die Jagdfronden werden
angesichts solcher Verhältnisse und Einstellungen von den Untertanen als
besonders drückend empfunden, zumal Herzog ▪
Carl Eugen (1728-1793) sie immer weiter
ausdehnt und zugleich die Waldnutzungsrechte der Gemeinden (wie die freie
Pirsch als Jagdform, Holznutzung und Weidgang, sowie die Eichelmast)
zusehends einschränkt. (vgl.
Adam 1907, S. 199)
Schon für die Zeit Carl Eugens wird wohl gegolten haben, was
württembergische Geschichtsschreiber des Biedermeier »Christian Reinhold Köstlin
(1813-1853) für die Regierungszeit des württembergischen Königs »Wilhelm
I. (1781-1864) beschreibt:
"Als Forstfronden waren in den Lagerbüchern in der Regel nur aufgeführt:
Jagen, Hägen, Seilwägen führen, Hunde aufstocken. Die Forstmeister aber
forderten von den Gemeinden nicht nur alles, was den Jagddienst als solchen
angeht, sondern auch alles, was zum Dienst des Forstamts gehört oder in
einiger Beziehung dazu steht, sollte es auch lediglich den persönlichen
Nutzen der Beamten betreffen. So mussten z . B. die Gemeinden im Winter in
den Waldungen Bahn schleifen, im Sommer das Waldgras mähen, dörren, und in
die Magazine führen, den Haber für das Wild im Winter beiführen, Sulzen
anlegen und Jagdschirme machen, für Waldwege und Brücken sorgen, das
Wildpret füttern, Holz für dasselbe fällen, Eicheln sammeln, wildes Obst
klauben , Einsprünge machen usw." (Köstlin
1839, S.141)
Angesichts solcher Verhältnisse ist es daher
nicht verwunderlich, dass die zahlreichen Auswanderer aus dem Herzogtum
neben ihrer Klage, "es seien zuviel Menschen da, man könne nicht mehr
beisammen leben und müsse einander Platz schaffen" und der steigenden
Unzufriedenheit über das Militär, vor allem das Forst- und Jagdwesen als
Grund ihrer Emigration angeben, wie die württembergischen
Landschaftsvertreter im Juli 1782 erklären. (vgl.
Schott 1907, S.307)
Die herzoglichen Jagden in der Auseinandersetzung mit dem
Landständen
Das immer wieder beklagte 'vil wiltprett' ist ständiger Zankapfel zwischen
dem Herzog und den Landständen, bei denen sich die Bauern bitter beklagen.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts verfasst der ▪
Landschaftskonsulent »Johann
Jakob Moser (1701-1785), den ▪ Carl
Eugen (1728-1793) Juli 1759 wegen seines
Widerstandes gegen dessen absolutistische Machtansprüche gegenüber den
Landständen bzw. der ▪ Ehrbarkeit, verhafteten und ohne gerichtliches
Verfahren sechs Jahre lang in der ▪
Festung Hohentwiel in Einzelhaft
eingekerkert hat, ein Gutachten für den »Landschaftlichen Größeren Ausschuss«
.
Darin wird u. a. der 'Wildprett-Schade' als eines der größten Ärgernisse
aufgeführt. "»Es sey beynahe unglaublich«, heißt es in erstaunlicher
Schärfe, dass man von anderer Seite Serenissimo »beygebracht« habe, »als ob
der eingeklagte Wildprett-Schaden bey weitem nicht so beträchtlich seye, als
er vorgegeben werde; und noch betrübter und unvermutheter seye, daß eine
Unmöglichkeit seye, allen Schaden gänzlich zu verhüten, ohne daß Sie Sich
Ihres Jagd-Plaisiers gänzlich begeb'. Weiter heißt es: »was aber die
Verhütung des Schadens betreffe, so seye dermalen noch keine Frage von
Verhütung alles Schadens, oder etwa desjenigen, der nur bey
Gelegenheit des Wechsels des Wildes u. d. entstehe, sondern von dem
horrenden und excessiven Schaden, welcher durch das mit ganzen Heerden auf
denen Feldern Jahr aus und ein sich mästende Wild und besonders auch durch
die offt vile Jahre außer dem Zaun in wohlbekannten Orten befindliche, auch
denen Forst-Aemtern öffters, aber allezeit vergeblich angezeigte
Lager-Schweine verursacht werde, der bey Menschen-Gedenken, auch an denen
Orten, wo an Machung der Wild-Zäune kein Mangel erscheine, nie so groß
gewesen seye, als dermahlen, und sich, allen in denen Gewälten geäußerten
Besorgen nach, künfftig noch mehr äußern würde, wann sogar bey denen
angestellten Jagden selbst das Gewild übermäßig geschonet, und, wann man
selbiges mit der Unterthanen größten Beschwerde zusammengetriben,
hernach der größte
Theil wieder losgelaßen ...«" (Lahnstein
1983, S.280f.)
Angesichts solcher Verhältnisse ist es daher nicht verwunderlich, dass die
zahlreichen Auswanderer aus dem Herzogtum neben ihrer Klage, "es seien
zuviel Menschen da, man könne nicht mehr beisammen leben und müsse einander
Platz schaffen" und der steigenden Unzufriedenheit über das Militär,
vor allem das Forst- und Jagdwesen als Grund ihrer Emigration angeben, wie
die württembergischen Landschaftsvertreter im Juli 1782 erklären. (vgl.
Schott 1907, S.307)
▪
Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
▪
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht ▪
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
▪
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023
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