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Modelle der Wahrnehmung

Überblick


PSYCHOLOGIE
Glossar Entwicklungspsychologie Persönlichkeitspsychologie Kognitionspsychologie Emotionspsychologie Motivationspsychologie Kommunikationspsychologie [ Wahrnehmungspsychologie Überblick
Neurobiologische Grundlagen der Wahrnehmung Modelle der Wahrnehmung Überblick Drei-Stufen-Modell (Zimbardo/Gerrig 2004) Visuelle Wahrnehmung ] Empfindung und Wahrnehmung Aufmerksamkeit Identifikations- und Wiedererkennungsprozesse
 

Dass unsere Wahrnehmung funktioniert, wie sie funktioniert, ist so leidlich das einzige, was wir über unser eigenes, das menschliche Wahrnehmungssystem sagen können. Denn, wenn wir in uns hineinsehen wollen, um die Elemente und Prozesse dieses Systems selbst wahrzunehmen, stellen wir schnell fest, dass wir unsere Wahrnehmung nicht wirklich auf die Funktionsweise des Wahrnehmungssystems ausrichten können. Da können wir uns anstrengen, wie wir wollen: "Wir können im Prozess des Wahrnehmens nicht zugleich die Funktionsweise der Wahrnehmung beobachten." (Mausfeld 2005, online, 12.07.06, S.2)

Dabei bedeutet dies natürlich nicht, dass wir, alltagspsychologisch gesprochen, unser Wahrnehmen von Objekten nicht in irgendeiner Weise beeinflussen können. Natürlich "hören wir hin", wenn wir Geräusche o. ä. wahrnehmen wollen, natürlich richten wir dann unsere Wahrnehmung auf ein Objekt (Fokussierung), aber die Art und Weise, wie unsere Wahrnehmung funktioniert, beeinflussen wir damit nicht.

Es verhält sich also bei der Wahrnehmung nicht anders wie bei anderen Gehirnfunktionen auch. Beide dringen nicht in unser Bewusstsein und zu beiden haben wir keinen direkten und unmittelbaren Zugang.

Und genau das ist Teil des biologischen Designs unserer Spezies, dass unser Wahrnehmungssystem von anderen internen Prozessen wie z. B. Affektzuständen abgeschottet ist und der introspektiven Betrachtung verschlossen bleibt.

Zugleich ist dies natürlich auch die Ursache dafür, dass wir dessen ungeachtet annehmen, die Wahrnehmung liefere uns die physikalische Außenwelt, so wie diese ist, als deren Abbild ins Innere unseres eigenen Systems. Wir folgen damit einer Vorstellung, die zwar alltagspsychologisch ausreichen, wissenschaftlicher Betrachtung jedoch nicht standhalten kann.

Wie die Wahrnehmung beim Menschen funktioniert, interessiert viele Wissenschaften wie z. B. die Neurobiologie und Sinnesphysiologie, die Motivations- und die Lernpsychologie und die Kognitionswissenschaften.

Aber auch Teildisziplinen der so genannten angewandten Psychologie wie die interdisziplinär angelegten Verhaltenswissenschaften und die interdisziplinär angelegte Konsumentenforschung.

Und jede dieser wissenschaftlichen Disziplinen ist bemüht, ihr eigenes Modell von Wahrnehmung bzw. der Wahrnehmungsorganisation zu entwickeln oder bestehende Modelle für die eigene Sicht der Dinge zu adaptieren.

Dabei soll hier nur das Verhältnis der Neurobiologie bzw. der Sinnesphysiologie und der Wahrnehmungspsychologie betrachtet werden. Lange Zeit wurden Sinnesphysiologie und ▪ Wahrnehmungspsychologie in einen Topf geworfen. Doch der moderne Ansatz der Wahrnehmungspsychologie geht weit über das hinaus, was die Sinnesphysiologie beschreiben und erklären will.

Beide sind auf dem gleichen wissenschaftlichen Terrain unterwegs, denn sie beschäftigen sich mit demselben biologischen System. Sie tun dies allerdings mit sehr unterschiedlichen Anätzen, auf anderen Analyseebenen und anderen Konzepten. (vgl. Mausfeld 2005, online, 12.07.06, S.7ff.)

Die Modelle und Theorien der Wahrnehmung drehen sich u. a. um die Frage, was und wie viel in unserem Wahrnehmungssystem biologisch festgelegt, phylogenetisch determiniert ist und in den menschlichen Genen weitergegeben wird und was und wie viel erst durch Erfahrung der Umwelt entsteht.

Dabei lassen sich nach Zimbardo/Gerrig (2004, S. 166) vereinfacht zwei Theorieansätze unterscheiden, die das Verhältnis von Anlage und Umwelt auf ihre Weise klären: Nativisten und Empiristen (s. Abb.)

Heutzutage scheint sich auf der Basis übereinstimmender Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie, der Ethologie (=vergleichende Wahrnehmungsforschung) sowie der Säuglingsforschung folgende wissenschaftliche Vorstellung der Wahrnehmung weitgehend durchgesetzt zu haben.

Danach "verfügt das Wahrnehmungssystem als Teil der biologischen Ausstattung über ein reiches und hochstrukturiertes Reservoir an Grundkonzepten. Diese Grundkonzepte stellen gleichsam die Sprache des Wahrnehmungssystems dar; es legt die Kategorien fest, in denen die von den Sinnen gelieferten Informationen zergliedert werden. Es definiert also die Kategorien unserer Welt. Was wir als Kategorien der Außenwelt erleben, sind die uns biologisch vorgegebenen Kategorien des Wahrnehmungssystems. Die Leistung unseres Gehirns ist, dass wie diese Kategorien der biologisch gegebenen konzeptuellen Grundausstattung nicht bemerken, sondern sie gleichsam von Innen nach Außen verlegen und so die Illusion ihrer Objektivität erhalten. Das Wahrnehmungssystem kann nicht anders als in terminis dieser Grundkonzepte seine Welt zu konstruieren. Unsere wahrgenommene Welt ist eine Konstruktion und zwar auf der Basis der uns biologisch vorgegebenen konzeptuellen Grundausstattung unseres Wahrnehmungssystems. [...] Was wir als Realität ansehen, ist also ein Produkt unseres Wahrnehmungssystems." ( Mausfeld 2005, online, 12.07.06, S.4f., S.6)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 17.12.2023

 
 

 
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